Taktisch interessanter SKN St. Pölten fordert Meister Red Bull Salzburg bis zuletzt (2)
Red Bull Salzburg bleibt mit dem Sieg gegen den SKN St. Pölten an Sturm Graz dran. Hinter dem klaren Ergebnis steckte jedoch ein Riesenstück Arbeit gegen taktisch clevere und mutige Niederösterreicher.
Wir haben in der Analyse erkannt, dass Oliver Lederer oft im 4-3-3 oder mit einer Fünferkette spielen lässt, damit haben wir gerechnet. Im 4-3-3 bauen sie mit sehr flachen Außenverteidigern auf. Da wären die Wege für unsere Achter in der Raute extrem weit gewesen. Normalerweise fangen wir das mit sehr breiten Stürmern auf. Doch heute wollten wir dem Gegner eine Aufgabe stellen.
Obwohl die Salzburger diese Saison bislang fast zur Gänze darauf verzichteten, kippte gegen die Niederösterreicher Samassekou vereinzelt ab. Wahrscheinlich tat er dies, um die unter Dauerdruck stehenden Innenverteidiger zu entlasten. Dabei stellte er aber auch Doumbouya vor ein Dilemma. Der Stürmer der Gastgeber musste ihm folgen und war damit für das Pressing der Niederösterreicher nicht mehr verfügbar. Somit konnten die Mozartstädter am Flügel eine Überzahl herstellen und das Pressing des Tabellenletzten locker ausspielen. Auf Bild 3b erkennt man schön, wie drei Salzburger mit zwei pressenden St. Pöltenern leichtes Spiel hatten.
Ein anderes – wenngleich kleineres - Problem für Doumbouya war der Umstand, dass Red Bull Salzburg nach 14 Runden mit einer Raute im Mittelfeld gegen die Mannschaft von Oliver Lederer erstmals die Formation umstellte. Statt dem gewohnten 4-1-2-1-2, pressten die Salzburger in einem interessanten 4-2-3-1. Dementsprechend hatten die Gäste mit Xaver Schlager einen zweiten Spieler, der den Sechserraum besetzte und das konnten die Bullen mit Fortdauer der Partie immer besser zu ihren Gunsten nutzen.
Als Grund für diese Umstellung nannte Marco Rose nach dem Spiel auf Nachfrage von 90minuten.at:
Tatsächlich nutzen die Salzburger im Pressing vor allem ihre beiden Achter in der Raute, um den Gegner auf den Außen anzulaufen. Je tiefer die Außenverteidiger stehen, desto weiter müssen die Achter anlaufen, um den Gegner unter Druck zu setzen. Hierfür hatten die Salzburger in der Vergangenheit eine andere Umstellung parat: die Stürmer fächerten weit auf und besetzten die Breite, während der Zehner in der Raute weiter vorrückte. Dadurch mussten nicht mehr die Achter die weiten Wege gehen, sondern diese Aufgabe wurde von den breiten Stürmern übernommen.
Wie auf Bild 5 schon zu erkennen, standen die Außenverteidiger der St. Pöltener gar nicht mal so flach wie von Rose erwartet, sondern rückten oft sehr früh in die gegnerische Hälfte. Dieses Hochschieben der Außenverteidiger war jedoch eine direkte Konsequenz davon, dass sich Martin Rasner fast durchgehend zwischen die beiden Innenverteidiger positionierte. Dadurch konnten die Niederösterreicher zwar eine Dreierreihe im Spielaufbau bilden, für den weiteren Ballvortrag entwickelten sich jedoch Verbindungsprobleme. Die Wege für das Aufbautrio Muhammedbegovic – Rasner – Huber nach vorne waren oft extrem weit und nur mit hohen Bällen zu bewältigen (wie auf Bild 5 zu erkennen).
Um die Distanz zu den Mitspielern zu überbrücken waren die Innenverteidiger des Tabellenletzten oft gezwungen, ein großes Stück anzudribbeln.
Die Mannschaft von Trainer Lederer war stets bemüht spielerische Lösungen für knifflige Situationen zu suchen, seine Spieler konnten in der kurzen Zeit unter seiner Regie bereits eine gewisse Pressingresistenz entwickeln, lassen sich nicht mehr so leicht unter Druck setzen und finden auch immer öfter die spielerische Lösung aus (Gegen)Pressing-Situationen des Gegners. Insofern konnte Lederer der Mannschaft bereits seinen Stempel aufdrücken.
Problematisch sind hierbei jedoch nach wie vor die Abstände untereinander, die noch nicht dem Positionsspiel im klassischen Sinne entsprechen. Dabei suchen die Schützlinge von Oliver Lederer vor allem in der ersten Phase des Spielaufbaus viel zu früh die Tiefe und ziehen die Mannschaft dadurch weit auseinander. Dadurch, dass die Abstände für die St. Pöltener Aufbauspieler so groß sind, müssen diese oft auf kontrollierte hohe Bälle zurückgreifen. Wahrscheinlich als Reaktion darauf, hat Lederer in den letzten Spielen den physisch starken Doumbouya von Beginn an gebracht, wohl in der Hoffnung, dass die hohen Bälle vorne besser gesichert werden.
In der Regel sind die St. Pöltener aber bemüht, spielerische Lösungen zu forcieren - und das erkennt man inzwischen immer mehr.
Doch nicht nur bei Abstößen und während des geordneten Spielaufbaus kriegen die Niederösterreicher immer besser ihre spielerische Linie durch, auch bei tiefen Ballgewinnen trauen sich die Wölfe zu, das Gegenpressing des Gegners zu „zerspielen“.
Es ist jedoch noch lange nicht alles Gold, was in St. Pölten glänzt. So gut der Tabellenletzte ins Spiel startete, desto stärker ließ man mit Fortdauer der Partie auch nach. Vor allem im Spielaufbau ging immer mehr das Selbstvertrauen verloren.
>>> Weiterlesen - Seite 2 –Tormann Riegler ist überfordert