Rapid braucht mehr Positionsspiel. Und das so schnell wie möglich
Was Rapid nach dem Abgang von Barisic letzte Saison gebraucht hätte, wäre der nächste Schritt in Sachen Ballbesitzfußball gewesen. Eine Taktik-Analyse von Momo Akhondi
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Ziel bei Ballbesitz: Freispielen zwischen den Linien
Das größte Ziel bei eigenem Ballbesitz bleibt jedoch das Freispielen der jeweils stärksten Spieler zwischen den Linien des Gegners, sodass diese sich mit dem Ball Richtung gegnerisches Tor aufdrehen können. Im Falle Rapids kämen hierfür Louis Schaub oder auch Steffen Hofmann für diese Rolle in Frage.
Die Unform von Schaub & Co
Was uns zum nächsten Punkt bringt: die Unform einiger Rapid-Akteure in den vergangenen Wochen.
Louis Schaub scheint ebenso wie Stefan Schwab durch das neue System Canadi besonders betroffen zu sein. Beide Spieler werden in Rollen gepresst, die ihnen wenig entgegenkommen. Dadurch leidet die Leistung dieser Spieler. Vor allem Louis Schaub steht gleichermaßen bei Fans und Trainern in der Kritik. Dabei hat dieser in der laufenden Saison bereits bewiesen, welch wichtiger Spieler er für Rapid sein kann. Zu Saisonbeginn unter Büskens stach der 22-Jährige mit Toren und Vorlagen hervor und die Fans setzten berechtigte Hoffnungen darin, dass man mit Louis Schaub als Schlüsselspieler oben mitspielen kann. Um zu erkennen was seitdem schiefgelaufen ist, hilft ein simpler Vergleich der Rollen welche Schaub zu Beginn der Saison unter Büskens und inzwischen unter Canadi ausfüllen muss.
Im Vergleich dazu die sehr starke Performance von Schaub gegen Ried zu Saisonbeginn:
Vielleicht wird der Dribbler Schaub auch auf den Flügel gezwungen, weil sich Canadi schlicht vor Ballverlusten fürchtet. Dies würde nicht nur die "Causa Schaub" ein Stück weit erklären, sondern auch Canadis Aussage auf der gestrigen Pressekonferenz vor dem Cup-Spiel in St. Pölten: "Dribblings wollen wir ja auch! Aber im letzten Drittel.“
Schwab hingegen bekommt im initialen Spielvortrag kaum Bälle zugespielt (siehe Passmap in Teil 2 der großen Rapid-Analyse), unter anderem weil kaum der Versuch unternommen wird, den Co-Kapitän freizuspielen, wenn dieser vom Gegner bewacht wird. Der Gegner beschränkt sich darauf, die zentralen Räume um Schwab halbwegs abzudecken ohne dabei, wie anhand des Beispiels SV Mattersburg gezeigt, brillieren zu müssen. Canadis Mannschaft übernimmt den Rest, indem sie sich vorzeitig auf die Flügel verabschiedet.
Beispiel Henrikh Mkhitaryan
Es gibt generell viele bekannte Beispiele von Spielern, die bei unpassenden Rolle unter verschiedenen Trainern mit erheblichen Leistungseinbußen zu kämpfen hatten. Ein gutes Beispiel hierfür ist Henrikh Mkhitaryan, der unter Klopp selten zur Geltung kam, im System Tuchel jedoch zum besten Spieler der Bundesliga avancierte. Dies hing vor allem mit seiner veränderten Rolle und der neuen Spielweise des BVB unter Tuchel zusammen. Thomas Tuchel ist einer der moderneren Vertreter des Postionsspiels, das sich zwar vom spanischen Original in gewissen Punkten unterscheidet, jedoch trotz allem auf denselben Grundprinzipien aufbaut.
Ein weiteres Beispiel ist die Performance von Spielern wie Pedro und – mit Abstrichen – Hazard in dieser Saison unter Antonio Conte. Pedro – letztes Jahr noch kompletter Fehleinkauf – avanciert diese Saison im neuen System und seiner neuen Rolle unter Conte zu einem Leistungsträger. Auch hier wurde eine neue Rolle für Ausnahmespieler maßgeschneidert und führte prompt zu einer klaren Leistungssteigerung. Solch eine Steigerung ist auch bei Spielern wie Schaub und Schwab denkbar, wenn der Spielstil der Mannschaft ihnen mehr Entgegenkommen würde und der Trainer ihre Rollen dahingehend anpassen würde. Wer sich für dieses Thema interessiert, dem sei folgende Studie zur Performance von denselben Spielern unter unterschiedlichen Trainern ans Herz gelegt.