Rapids Probleme fangen im ersten Drittel an - Teil 3

Immer wieder werden Rapids Probleme im letzten Drittel vermutet, dabei liegt die Ursache ganz wo anders. Eine Taktik-Analyse von Momo Akhondi

Doch Rapid wechselt nicht nur aus der Not heraus auf den Flügel – der Plan von Damir Canadi scheint ein exzessives Flügelspiel sogar aktiv vorzusehen. Immer wieder betont der Ex-Altach-Coach, wie seine Mannschaft über die Flügel Druck machen und viele Flanken schlagen konnte.

 

Was der Fußballlehrer dabei übersieht, sind die außerordentlich schwachen Erfolgschancen, die seine Flanken-Strategie mit sich bringt. Auch wenn keine aktuellen Zahlen zur österreichischen Bundesliga vorliegen, so ist es in den fünf größten Ligen in den letzten Jahren so gewesen, dass von 100 Flanken höchstens fünf (!) zu einem Torerfolg führen – je nachdem von wo die Flanke geschlagen wurde liegt die Erfolgsquote gar bei unter 1%.

Folgerichtig waren die knapp 25 Flanken der Rapidler an diesem Nachmittag kaum eine Gefahr für das Tor von Christian Gratzei.

 

Fazit

Rapids Probleme sind nicht nur im letzten Drittel und in der Chancenverwertung zu suchen. Im Gegenteil. Das große Defizit der Rapidler bleibt der initiale Ballvortrag und der Spielaufbau als Ganzes. Durch die großen strategischen Mängel und schwachen Verbindungen verlagern die Rapidler das Spiel viel zu früh auf die Außen und kommen dadurch viel zu langsam nach vorne. Die Gegner der tipico-Bundesliga haben dadurch immer wieder die Möglichkeit, mit vielen Spielern hinter den Ball zu kommen und den eigenen Sechzehner gut zu bewachen. Wenn man jedoch mal über das schwach besetzte Zentrum nach vorne kommen wollte, wählte man – wie schon im Wiener Derby – sehr viele aufeinanderfolgende, riskanten Vertikalpässe, ohne den Ballbesitz einmal zu sichern.

 

Man könnte also sagen, dass Rapids erster Ballvortrag immer entweder viel zu schnell oder viel zu langsam erfolgte. Im ersten Fall verliert die Mannschaft den Ball zu schnell und muss dem Gegner öfter nachlaufen als ihm lieb ist, im zweiten Fall passiert es immer wieder, dass der Gegner Zeit hat sich am eigenen Sechzehner wieder zu formieren.

 

Diese schlecht vorbereiteten Angriffe zu Ende zu spielen ist oft schlichtweg nicht möglich, weshalb die Kritik des Trainerteams und der Medienlandschaft an den Entscheidungen im letzten Drittel („der letzte Pass hat nicht gepasst“) zu kurz zu greifen scheint.

 

Erneut sei an dieser Stelle gesagt: die Äußerungen in Interviews und Pressekonferenzen sind immer nur eine Seite der Geschichte. Vielleicht wird im Hintergrund auch an der Behebung eben jener Probleme gearbeitet. Von außen sieht es jedoch so aus, als würde man, statt den Spielaufbau als Ganzes, ausschließlich die schlecht vorbereiteten, teils aussichtslosen Angriffe im letzten Drittel dafür bekritteln, dass sie nicht zum heiß ersehnten Torerfolg führen.

Zum Autor: Momo Akhondi ist neben seiner Tätigkeit bei 90minuten.at auch Analyst beim deutschen Taktik-Portal Spielverlagerung.de und arbeitet mit Bundesligatrainern aus Österreich und Deutschland zusammen.