Christian Ilzer und die drei Baustellen bei der Wiener Austria (2)

Lediglich ein Sieg aus vier Ligaspielen, ein verdientes Ausscheiden in der Europa League-Qualifikation - die Wiener Austria hat am Platz Probleme. Wo muss Christian Ilzer ansetzen?

Baustelle 2: Mangelhaftes Pressing

Ähnlich wie beim Gegenpressing greifen auch im geordneten Anlaufen die Auslöser noch nicht optimal. Das kann mehrere Gründe haben, aber man kann sich sicher sein, dass Ilzer zumindest ein paar explizite Pressingtrigger im Training erarbeitet. Weshalb greift dann das Pressing trotzdem nicht?

Zum einen können natürlich auch die Spieler hinderlich sein. Das taktische Verständnis oder die Bereitschaft könnten fehlen. Genauso könnte die Vermittlung nicht passend oder das Pressingsystem zu leicht zu überspielen sein. Im Spiel, vor allem im Heimspiel gegen Apollon Limassol, war die fehlende Abstimmung im Anlaufen deutlich. Immer wieder wurden Pressingmomente verpasst, man verhielt sich nicht kohärent und dies hinterließ einige Lücken im Defensivverbund der Austria. Nicht nur die Auslöser wurden nicht oder zu spät erkannt, auch das Anlaufen selbst passierte nicht intensiv genug. Um den Gegner in Bedrängnis zu bringen, muss man ihn auch Ansprinten. Vor allem auf europäischer Ebene werden derartige Unzulänglichkeiten bestraft.

Wenn die Austria höher anlief, funktionierte dies in den vorangegangenen Spielen meist etwas besser als das bisher am meisten praktizierte Mittelfeldpressing. Man war jedoch nicht plötzlich besser organisiert, agierte jedoch intensiver. Womöglich besitzt die Umstellung auf „Angriffspressing“ einen impliziten Charakter, der Spieler zu mehr Sprints und einer generell höheren Positionierung und zusätzlichen Raumverengung für den Gegner zwingt. In den wenigen Momenten, in denen das hohe Pressing nicht griff, brannte es dafür natürlich gleich lichterloh. Der Gegner hat dann vor allem in der Tiefe hinter der Abwehrkette mehr Raum zum Kontern. Ob hoch, tief oder mittel: die Austria wird um eine bessere Organisation und ein geschlossenes Verhalten nicht herumkommen.

Baustelle 3: Starres Offensivsystem

Meist wird langsamer, wenig dynamischer Ballbesitzfußball als starres Offensivsystem bezeichnet. Das primäre Angriffsmittel ist das Konterspiel, was ja eigentlich kein Problem ist. Jede Mannschaft hat seine Stärken und mit Fitz, Dominik Prokop und Monschein kann man ein durchaus wirksames Konterspiel spielen, wie die Mattersburger schmerzhaft erfahren mussten. Aus dem Ballbesitz heraus hat die Mannschaft von Ilzer jedoch nur wenige Möglichkeiten Angriffe vorzutragen. Zwei auffällige Aspekte gibt es in diesem Bereich:

 

Die Rolle des Sechsers

Mit Tarkan Serbest hat man einen spielstarken Sechser zur Verfügung, der sich auch immer wieder in engen Räumen behaupten kann. Dennoch findet er sich selten in Situationen wieder, wo er den Ball nach vorne passen kann. Dies liegt vor allem an der Struktur um ihn herum. Die Achter sind oft zu eng an ihm positioniert und zu tief, sodass sie den Gegner dabei quasi unterstützen kompakt zu sein. Sie ziehen die gegnerische Formation nicht auseinander, wenngleich man eigentlich mit einer Raute im Mittelfeld stets Überzahl haben und mindestens einer dieser Spieler bei passender Bewegung frei sein sollte.
Als Lösung sucht man dann meistens das Abkippen von Serbest zwischen beide Innenverteidiger. Dies hat zur Folge, dass das Zentrum unbesetzt bleibt und der Ball erst recht zum Außenverteidiger gespielt werden muss. Dies wäre ohne Abkippen auch möglich gewesen und hätte bessere Anschlussaktionen für den angespielten Außenverteidiger ergeben.

 

Von außen nach innen

Diagonale Pässe von Außenverteidigern sind kein unbekanntes Stilmittel im Spielaufbau mehr, die Salzburger Mannschaft unter Marco Rose hat diese perfektioniert. Dass diese funktionieren, muss jedoch die gesamte umliegende Struktur mitspielen. Die Achter und Stürmer sind zuständig dafür, dass die Linien auseinandergezogen werden, während der Zehner und der Außenverteidiger die Lücke erkennen müssen, damit das Zuspiel ankommt. In Situationen im letzten Drittel kann die Austria diese richtig gut nutzen und findet vor allem Prokop immer wieder gut im Zwischenlinienraum, der von dort Torabschlusssituationen provozieren kann. Oft sucht die Austria dieses Stilmittel aber auch als Notfalloption, wenn man sich im Spielaufbau unter Druck befindet. Der Ball wird dann, mehr oder weniger, blind zwischen die Linien gedroschen. Hauptsache er ist weg. Klar, dass man sich da selten saubere Angriffe daraus erwartet. Die Wahrscheinlichkeit, dass es einen sauberen Angriff gibt, ist zwar größer als wenn man einfach den Ball hoch und weit nach vorne schlägt. Das Prinzip der an den Zufall abgegebenen Ballkontrolle ist jedoch das Gleiche. Neben Pässen entlang der Seitenauslinie ist dies tatsächlich die einzige Lösung, die die Austria im Moment in der Ballbesitzphase zeigt. Die Achter, die sich eigentlich stets um die Unterstützung des Außenverteidigers bemühen sollten, werden diesem Job nicht gerecht. Selten sieht man Doppelpässe zwischen Außenverteidiger und Achter oder dass der Achter mithilfe des Sechsers dann auch die Seite wechselt. Ist der Ball erstmal am Flügel, dann bleibt er dort meist auch. Dies ist deutlich simpler zu verteidigen und verspricht auch weniger Erfolgschancen.

Fazit

Die Austria hat noch einige Baustellen an der sie arbeiten muss. Dass man jetzt noch nicht in Panik verfallen sollte ist klar. Dennoch: Weil die Austria die positiven Aspekte des Ilzer-Fußballs nicht umsetzen kann, fallen die negativen viel stärker auf.