Markus Katzer: "In naher Zukunft um den Meistertitel mitspielen" [Exklusiv-Interview] (2)
Die Stimmung beim SK Rapid schwankt wieder einmal, der Sportdirektor ist um Ruhe bemüht. Ihm geht es um Zeit und die richtige Entwicklung in einem angestoßenen Prozess, wie er im Exklusiv-Interview mit 90minuten.at erklärt.
Wir haben für den Winter nicht geplant, dass wir einen Spieler dazu holen.
In Zukunft können wir uns in diesem Bereich sicher noch besser und professioneller aufstellen, das werden wir auch machen.
Hinweis: Das Interview wurde vor der 0:1-Niederlage gegen den TSV Hartberg und den vom Verein dementierten Gerüchten über eine Trennung von Trainer Zoran Barišić geführt.
90minuten.at: Wie Sie selbst gesagt haben, sind Sie seit fast einem Jahr Geschäftsführer Sport bei Rapid . Kein schlechter Zeitpunkt, um Bilanz zu ziehen. Wie sieht die bisherige Analyse aus, was musste in den ersten 10, 11 Monaten verändert werden?
Katzer: Das Wichtigste war für mich, dass wir die Kaderqualität verbessern. Ich glaube, dass uns das gelungen ist. Wir haben 12 Spieler abgegeben und acht Spieler dazu geholt, eigentlich waren sechs geplant. Aufgrund der Cvetković-Verletzung und einem möglichen Last-Minute-Abgang waren wir am letzten Transfertag unter Druck, dann haben wir uns für die zwei Leihvarianten entschieden. Unser Ziel ist ein Kader, mit einigen routinierten Spielern, rundherum brauchen wir junge Spieler, die einen Wiederverkaufswert haben. Wir haben eine klare Strategie, die ziehen wir durch. Ich bin felsenfest von unserem Plan und unserer Strategie überzeugt.
90minuten.at: Das Schlagwort Ausbildungsverein hört eigentlich fast niemand gerne, im Prinzip trifft das aber schon darauf zu, was Sie beschreiben?
Katzer: Wir sind in einer Ausbildungsliga. Man muss wissen, in welchem Markt man sich bewegt. Aktuell sehe ich den österreichischen Markt nicht so, dass er mit einer Topliga mithalten kann. Wir können international spielen, die Meisterschaft und den Cup gewinnen. Und wir können Spieler verkaufen, Rapid sollte das genauso können wie Sturm Graz und Salzburg. Das muss unser Anspruch sein, in diese Sphären zu kommen.
90minuten.at: Wir nähern uns inzwischen schon der nächsten Transferphase im Jänner. Wie laufen die Planungen dafür aktuell?
Katzer: Wir haben für den Winter nicht geplant, dass wir einen Spieler dazu holen. Für den Fall, dass es Angebote von anderen Klubs für unsere Spieler gibt, sind wir vorbereitet.
90minuten.at: Eine besonders interessante Personalie ist Marco Grüll, wenn man mit ihm einen Transfererlös erzielen will, muss das bald passieren. In der letzten Länderspielpause haben sie mit seinem Berater verhandelt. Was ist denn der aktuelle Stand bei ihm?
Katzer: Es wurden viele Gespräche geführt, einfach ist die Situation aber nicht. Es ist schwierig, mit einem Spieler zu verlängern, wenn sein Vertrag in wenigen Monaten ausläuft. Wir werden alles versuchen. Ich glaube, dass er sich wohlfühlt – wir müssen einfach ein Szenario kreieren, das alle Beteiligten als gutes Paket empfinden.
90minuten.at: Ein zweiter Stammspieler, dessen Vertrag ausläuft ist Guido Burgstaller. Mit ihm würde man den wichtigsten Teil der Offensive verlieren – gibt es einen Plan für eine Verlängerung?
Katzer: Bei dem Burgi ist es ganz einfach: Wenn er seine Karriere beendet, macht er das bei Rapid. Ich habe einen tollen Austausch mit ihm, er ist ein super Typ und ein extrem guter Spieler. Alle Fans würden sich wünschen, dass er noch ein Jahr dranhängt, das will ich auch. Man braucht aber keinen Druck aufbauen, die Entscheidung trifft ganz allein er. Ich werde mich bemühen, dass ich meinen Teil dazu beitragen kann.
90minuten.at: Ein wichtiger Bereich, um Ihre Kaderplanung voranzutreiben, ist das Scouting. Bei Salzburg arbeiten in etwa 10 Scouts, wie ist Rapid in diesem Bereich aufgestellt?
Katzer: Wir haben Matthias Ringler als Chefscout, Franz Maresch als Scout und Nino Rauch, der vor allem für den Nachwuchs zuständig ist. Zudem haben wir wie schon erwähnt das Video- und Datenscouting intensiviert, auch Rene Gartler sichtet viele Spiele und Spieler. In Zukunft können wir uns in diesem Bereich sicher noch besser und professioneller aufstellen, das werden wir auch machen. Spieler zu finden, die gut sind, 100.000 bis 500.000 Euro kosten und sich für mehrere Millionen verkaufen lassen – das geht nur mit gutem Scouting.
90minuten.at: Sie haben schon angesprochen, dass in diesem Bereich einiges neu ist. Was konkret hat sich verändert?
Katzer: Das Datenscouting – so wie wir es jetzt machen – ist neu, das Videoscouting auch. Alles andere haben wir im Auge und werden uns in Zukunft verbessern, auch mit Blick auf die Manpower.
90minuten.at: In welcher Größenordnung wird da gedacht und wie lange soll das in etwa dauern?
Katzer: Bis Sommer sollten wir uns verbessern können. Ich kann noch nicht festmachen, wie viele Leute dazukommen sollen, es geht vor allem auch um die Scoutingstrategie an sich. Bis Sommer soll auf jeden Fall der nächste Schritt passieren.
90minuten.at: Ein bisschen stellt sich schon die Frage, wie vorher gearbeitet wurde, wenn Daten- und Videoscouting erst jetzt größer aufgezogen werden.
Katzer: Das kann ich nicht seriös beurteilen, ich will generell nicht über die Vergangenheit, sondern die Gegenwart und die Zukunft reden.
90minuten.at: Eine zentrale Person ist Matthias Ringler, er ist seit 2014 für Rapid als Scout tätig, seit 2017 ist er Chefscout. Was macht seine Arbeit aus?
Katzer: Er ist Chefscout und führt die Scoutingabteilung. Das oberste Haupt bin aber ich, gemeinsam haben wir bereits die Strategie überarbeitet und neue Prozesse aufgesetzt. Wir haben schon jetzt verändert, in welche Märkte wir schauen. Wir haben das Durchschnittsalter im Kader um ein Jahr gedrückt und wollen im Sommer um ein weiteres Jahr hinunter. Generell streben wir nach ständigen Weiterentwicklungen und Verbesserungen, um die besten und richtigen Spieler für unsere Ideen zu finden.
90minuten.at: Klarerweise auch schon länger im Verein ist Zoki Barišić, als Ihr Vorgänger hat er sich seinen aktuellen Kader auch Großteils selbst zusammengestellt. Das verschärft die Kritik natürlich.
Katzer: Als ich zum Verein gekommen bin, ist der Trainer schon festgestanden, was ich auch gut fand und finde. Dass es in der Öffentlichkeit für Gesprächsstoff sorgt, dass Zoki Barišić zuerst Sportdirektor war und jetzt Trainer ist, ist klar. Fakt ist: Er war auch mit finanziellen Rahmenbedingungen und Wünschen von Trainern konfrontiert, man kann es nicht nur an ihm festmachen, das wäre unfair.