Christian Ebenbauer: "Nur zwölf Frauenteams sind zu wenig" [Exklusiv-Interview] (3)
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Christian Ebenbauer: "Nur zwölf Frauenteams sind zu wenig" [Exklusiv-Interview] (3)

Das Fußballjahr 2022 war in vielerlei Hinsicht ein außergewöhnliches. 90minuten.at bat Bundesliga-Vorstandsvorsitzenden Christian Ebenbauer zum Interview über die wichtigsten Themen, egal ob erfreulich oder nicht.

Die Idee ist, dass der Sachverhalt geprüft und aus ethisch-moralischer Sicht hinsichtlich Compliance-Richtlinien begutachtet wird. So eine hat der ÖFB ja derzeit noch nicht.

Ebenbauer und die Inseraten-Affäre

90minuten.at: Die Fans sind zurück in den Stadien. Der laufende Schnitt der ersten 16 Runden beträgt 7.018 in der Bundesliga. Wie schätzen Sie diese Zahlen ein?

Ebenbauer: Das ist positiv. Man musste nach der langen Corona-Zeit mit Einschränkungen Schlimmeres befürchten. Wenn wir auf andere Sportarten schauen oder auch den Kulturbetrieb, dann muss man mit diesen Zahlen sehr zufrieden sein. Wir haben vier Klubs mit mehr als 10.000 Fans im Schnitt. Unsere Zielsetzung für den Zeitpunkt, wenn Zuschauer:innen wieder zugelassen werden, war, dass jeder Klub innerhalb einer Saison die Vor-Corona-Zahlen erreicht. Das schaffen wir und danach wollen wir pro Klub zehn Prozent Steigerung. Derzeit haben wir mit 54 Prozent im Vergleich mit früheren Jahren eine sehr hohe Auslastung. Unter den Voraussetzungen – Corona, Wirtschaftslage, Inflation – entwickelt es sich gut. Hoffentlich bleibt es so. Die Klubs machen auch extrem viel, auch preislich! Wir haben den Maximalpreis für Auswärtstickets von 20 auf 18 Euro gesenkt. Wir versuchen den Stadionbesuch erschwinglich bleibenzulassen und das wird wohl auch honoriert. Es gibt noch keine Werbeslogans in diese Richtung, aber wie oft kann man für den Preis einer Saisonkarte im Stadion Ski fahren gehen? (lacht)

 

90minuten.at: Moderne Stadien ziehen – fast unabhängig von der Leistung am Rasen – mehr Fans an. Wie gehen Sie mit den Klubs um, die noch nicht auf dem Weg zu einem Neubau bzw. einem modernen Stadion sind?

Ebenbauer: Ich sehe es immer von der Seite, was wir seit der Infrastrukturoffensive 2011 alles umgesetzt haben. Es wurden 200 Millionen Euro investiert! Es ist wie bei der Einführung der Lizenzbestimmungen zu Rasenheizung oder Flutlicht, nur dass es bei der Gesamt-Infrastruktur länger dauert. Der Druck wird massiv größer. Egal ob man mit Hartberg oder Wolfsberg spricht oder auch mit den zwei Klubs in Graz, alle wollen ein modernes Stadion. Aber da geht es auch um sehr hohe Summen. Wolfsberg war jetzt oft im Europacup. Dietmar Riegler wird auch nicht immer nach Klagenfurt gehen wollen. Aber es muss alles nachhaltig geschehen. Die Verantwortlichen machen sich schon viele Gedanken, was, wann, wo und wie möglich ist. Wir kommen voran.

 

90minuten.at: Kommen wir zur Entwicklung. Es ist erfreulich, dass die beiden Ligen mit Ausnahme von Mattersburg (was ja nicht an Covid lag) mehr oder weniger unbeschadet durch die Krise gekommen sind. Wenn nun, hoffentlich, wieder alles auf Re-Start ist, in welchen Bereichen muss die Entwicklung vorangetrieben werden? Infrastruktur, Zuschauer:innen etc?

Ebenbauer: Die Lizenzierung hat von Anfang an in jahrelanger Arbeit die wirtschaftlichen Belange aufgearbeitet. Da läuft es gut, aber Probleme können immer wieder kommen. Infrastruktur bleibt für mich immer ein Schlüssel zum Erfolg. Seit wir 2011 angefangen haben, wurden schon viele große Schritte gesetzt und die nächsten sind bereits beschlossen. Ab 2024 gibt es keine Ausnahmekriterien mehr. Es gibt seit 2019 Förderkriterien für Nachhaltigkeit. Im besten Fall wollen wir das geschlossene Stadion. Aber für mich ist der nächste große Schritt, die Administration an sich. Das ist ein schwieriger Schritt. Zumindest alle Klubs in der ersten Bundesliga sind Wirtschaftsunternehmen. Es ist ein wesentlicher Punkt, wie viele Personen es im Staff abseits des sportlichen Bereichs hat, von Finanz über Recht bis zu Social Media. Darum gibt es auch den Bundesliga-Campus, um die Talente auch auf administrativer Ebene auszubilden und zu fördern. Wenn die wirtschaftlichen Möglichkeiten da sind, muss man da aufbauen.

 

90minuten.at: Diese Themen muss die Bundesliga als Summe ihrer Einzelteile angehen. Die Gremien waren nicht immer einer Meinung. Zuletzt hat Rapid-Präsident Wrabetz sich verdribbelt, statt dem SCR-Vertreter ist nun Ried-Boss Daxl im Aufsichtsrat. Wie ist die Stimmung Ihrer Einschätzung nach in der Liga?

Ebenbauer: Die Stimmung ist sehr gut. Roland Daxl ist in einer demokratischen Wahl neuer Aufsichtsrat geworden und wird mit den aktuellen Mitgliedern die inhaltliche Arbeit des Aufsichtsrats fortsetzen. Aber man muss sagen, dass der Aufsichtsrat so wie in einer Kapitalgesellschaft gestaltet ist. Man überwacht die Geschäftsführung. Anders als im ÖFB-Präsidium, wo wiederum viele operative Themen abgehandelt werden. Ich mache mir dazu keine großen Gedanken.

 

90minuten.at: Präsidium-interne Themen hat hingegen der ÖFB. Zuletzt wurde jetzt das Ethikkomitee der Bundesliga angerufen, um die Sachlage zu klären. Was erwartet man sich konkret vom Ethikkomitee - soll diese Gremium zu einem "Daumen rauf/Daumen runter" kommen?

Ebenbauer: Wir sitzen ja selbst im Präsidium und entscheiden mit. Im Prinzip gibt es moralisch/ethische Fragen und aus meiner Sicht ist es gut und richtig, dass das Ehtikkomitee sich damit befasst. Es ist ja nicht als Bundesligainstanz angerufen, das geht auch gar nicht. Es ist eine unabhängige Stelle. Es wird keine Strafe oder Freispruch ausgesprochen. Die Idee ist, dass der Sachverhalt geprüft und aus ethisch-moralischer Sicht hinsichtlich Compliance-Richtlinien begutachtet wird. So eine hat der ÖFB ja derzeit noch nicht. Dass die Einschätzung des Ethikkomitees dann eine Entscheidungsgrundlage für das Präsidium bzw. den Präsidenten ist, wird wohl so sein

 

90minuten.at: Die Ligavertreter sind realistisch gesehen entscheidende Faktoren.

Ebenbauer: Ich hoffe, dass es breiten Zuspruch gibt, aber jetzt muss erst das Verfahren beginnen. Es wird sich dann jeder durchlesen, was das Komitee sagt.

 

90minuten.at: Geeinigt hat man sich auf das neue Infrastruktur-Projekt in Wien-Aspern. Was bedeutet das für die Liga? Die Liga ist Top 10, das Nationalteam nicht, sonst wäre man bei der WM dabei.

Ebenbauer: Das Nationalteam ist die Lokomotive. Das Jahr 2008 ist ein gutes Beispiel (Anm.: EM im eigenen Land mit der A-Nationalmannschaft der Herren). Wenn die Begeisterung da ist, dann kommen auch mehr Leute in der Bundesliga und es fangen mehr Menschen mit dem Fußballspielen an. Das ist eine einfache Rechnung. Es ist immer besser, wenn Klubs international gut funktionieren und auch das Nationalteam erfolgreich ist.

 

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