Martin Bruckner: „Wir lassen uns von Geldgebern nicht irgendwelche Sachen erklären“
Martin Bruckner will neuer Rapid-Präsident werden. Im ausführlichen 90minuten.at-Interview spricht er über die Unterschiede zu Roland Schmid, wie er die Hütteldorfer sportlich nach vorne bringen will, sein Verhältnis zu den Fans und über die Positionierung seines Klubs im österreichischen Fußball.
Ich habe in meinen sechs Jahren keine Entscheidung gesehen, wo der Block eingegriffen hätte. Mir konnte noch nie jemand sagen, welche Entscheidungen dies hätten sein sollen.
Und ich kann nicht an Zahlungen gewisse Bedingungen knüpfen. Wir sind ein Mitgliederverein und wir bleiben es auch.
Wir haben immer diese modulare Skalierung in den Planungen der Akademie gehabt. Wir haben das ordentlich und gut aufbereitet.
Es ist ein Wettstreit der Ideen und keine Entscheidung über persönliche Befindlichkeiten. Es wird immer einen 26. November geben und auch dann werden noch alle Rapidler sein. Das sind wir dem Verein schuldig.
90minuten.at: Haben Teile der Fans generell zu viel Einfluss auf Entscheidungen des Vereins? Sind das nur Gerüchte oder steckt etwas dahinter?
Bruckner: Es werden viele Dinge hineinfantasiert. Ich habe in meinen sechs Jahren keine Entscheidung gesehen, wo der Block eingegriffen hätte. Mir konnte noch nie jemand sagen, welche Entscheidungen dies hätten sein sollen. Aber natürlich haben alle Fans eine Meinung zu gewissen Themen und wir tauschen uns mit allen Gruppen regelmäßig aus.
90minuten.at: In Ihrem Konzept gibt es dazu ja auch die Idee der Ideenfabrik. Was hat es damit auf sich?
Bruckner: Hier geht es darum, dass wir die Kraft der Mitglieder nützen und kanalisieren wollen. Diese Ideen wollen wir auf Umsetzbarkeit analysieren. Ein perfektes Beispiel ist die „Ein Leben lang Mitgliedschaft“ um 1899 Euro. Diese Idee ist von den Mitgliedern gekommen. Auch bei sozialen Themen kommt von den Fans sehr oft Input, den wir stärker nutzen wollen als bisher.
90minuten.at: Ein zentrales Thema ist auch ein Satzungskonvent, der einberufen werden soll. Können Sie Beispiele nennen, warum es dies braucht?
Bruckner: Das ist für mich ein sehr wichtiges Thema. Hier kann sich das Präsidium als strategischer Weichensteller einbringen und das Schiff für die nächsten 15, 20 Jahre in die richtige Richtung bringen. Die Satzungen wurden in den vergangenen Jahren immer wieder erweitert und angepasst, aber wir sind ein Verein mit 15.000, hoffentlich bald 20.000 Mitgliedern. Die Satzungen werden diesen Ansprüchen, auch dass es mittlerweile eine Rapid GmbH gibt, etc. nicht mehr gerecht. Das muss neu gebaut werden, wir müssen die Satzungen modernisieren, damit der SK Rapid weiterhin handlungsfähig bleiben und schnelle Entscheidungen treffen kann. Ich will da vor ab gar keine Themen nennen, damit das möglichst ergebnisoffen passiert. Aber ich habe natürlich Themen, die mich hier bewegen.
90minuten.at: Geht es da zum Beispiel auch um das Thema Wahlkomitee, das in den letzten Wochen oft in den Medien war?
Bruckner: Das ist durchaus ein Thema, das wir auf den Prüfstand stellen müssen. Das ist natürlich ausbaufähig. Ich möchte aber auch betonen, dass das Wahlkomitee den Statuten entsprechend korrekt gehandelt hat. Es steht drinnen, nach Möglichkeit eine Liste zuzulassen. Dafür wurde das Wahlkomitee dann öffentlich gepeitscht. Da klaffen Satzungen und Anspruch auseinander.
90minuten.at: Eine vermutlich rhetorische Frage: Glauben Sie, dass es bis zum 25. November eine weitere Fusion der Listen geben wird und schlussendlich nur noch eine überbleibt?
Bruckner: Es ist eine grundsätzliche Richtungsentscheidung. Jede Liste steht für gewisse Positionen, die sich zum Teil decken, zum Teil aber auch nicht. Daher lassen wir die zwei Ideen entscheiden.
90minuten.at: Wo sehen Sie die größten Unterschiede zwischen den Listen?
Bruckner: Wir sind unabhängig …
90minuten.at: .. unabhängig inwiefern?
Bruckner: Wir sind im Eigentum unserer Mitglieder und lassen uns nicht von Geldgebern irgendwelche Sachen erklären. Es ist für uns nicht ok, wenn die Mitglieder zusammen gesehen der zweit- oder drittgrößte Sponsor sind und dann kommt ein Investor daher und sagt: Wenn diese Person Präsident wird, dann finanziere ich das. Der SK Rapid ist mehr als eine Person, die sich den Präsident aussuchen kann.
90minuten.at: Sie sprechen Michael Tojner an. Haben Sie mit ihm das Gespräch gesucht. Oder anders gefragt: Wären Sie offen für die fünf Millionen Euro, die er offensichtlich bereit ist, unter gewissen Kriterien zu finanzieren?
Bruckner: Wenn jemand mit uns als Partner zusammenarbeitet und uns unterstützt, dann gerne. Ich bin nicht Feind meines Geldes, aber wir haben klare Gegenleistungen. Und ich kann nicht an Zahlungen gewisse Bedingungen knüpfen. Wir sind ein Mitgliederverein und wir bleiben es auch.
90minuten.at: Damit sind wir auch beim Thema Investor. Könnten Sie sich vorstellen, dass ein Investor Anteile des SK Rapid übernimmt?
Bruckner: Ich wüsste jetzt nicht, wo hier der Vorteil für Rapid sein sollte. Wir wollen ein Mitgliederverein sein. Ein Investor will ja etwas zurück haben, der will am Erfolg mitantizipieren. Wir haben die vergangenen 120 Jahre ohne Investor geschafft, wir werden das auch die kommenden 120 Jahre schaffen. Und im Übrigen haben wir einen Investor: Unsere 15.000 Mitglieder. Das gibt uns so viel Identität, ein klares Nein zu einem Investor.
90minuten.at: Ein heißes Thema ist das Trainingszentrum. Es wurde 2018 vorgestellt, vor wenigen Wochen wurde dann eine deutlich kleinere Variante präsentiert. Was hat sich in diesem Zeitraum an den Rahmenbedingungen verändert, dass man abspecken musste?
Bruckner: Es ist so, dass wir im vorigen Jahr nicht davon ausgegangen sind, dass wir ohne Europa League den finanziellen Spielraum nicht haben. Eines muss aber klar sein: Wir sind in einer Situation, dass wir vor sieben Jahren überhaupt gar nicht über ein Trainingszentrum nachdenken konnten. Jetzt können wir ein modulares System vorstellen, das wäre damals undenkbar gewesen …
90minuten.at: Aber die Erwartungshaltung wurde ja durch die Präsentation des Klubs im vorigen Jahr geschürt …
Bruckner: .. ja, klar. Es gibt aber auch Themen, die nicht in unserem Einflussbereich liegen. Das was wir jetzt vorliegen haben, ist wirklich gut. Diese sogenannte Schmalspurvariante hätten viele Vereine gerne. Darauf können wir schon auch stolz sein. Es erfüllt all das, was wir derzeit brauchen. Wir werden es dann aber auch Schritt für Schritt weiter entwickeln. Und zum Thema Internat: Wir haben jetzt auch schon die Möglichkeit, Spieler in Internaten unterzubringen, wir haben wie viele internationale Vereine zum Beispiel Ajax Amsterdam Spieler bei Gastfamilien und es gibt mittlerweile auch viele Vereine, die vom Internatskonzept abgehen, weil sie diese Ghettoblase nicht wollen, sondern eine Einbettung in ein familiäres sinnvoller und besser erachten.
90minuten.at: Aber soll es ein Internat geben oder nicht?
Bruckner: Wir wissen nicht, ob es den Aufwand rechtfertigt, und werden das genau evaluieren. Das will ich nicht dogmatisch sondern ergebnisoffen diskutieren.
90minuten.at: Aber irgendwann muss man sich ja entscheiden, ob man eines will oder nicht?
Bruckner: Man muss es sich ganz genau überlegen, ob man hier make oder buy macht. Wo es aber keine Kompromisse gibt, ist bei der Sportinfrastruktur. Das wird alles umgesetzt wie geplant.
90minuten.at: Wurde bei diesem Thema in den vergangenen Wochen auch möglicherweise politisches Kleingeld gewaschen?
Bruckner: Wir sind mit der Stadt Wien in einem intensiven Austausch und hätten uns schon das eine oder andere Mal mehr Tempo von der Stadt Wien gewünscht.
90minuten.at: Kann man sich bei der Akademie auch von Seiten Rapid etwas vorwerfen?
Bruckner: Wir haben immer diese modulare Skalierung in den Planungen gehabt. Wir haben das ordentlich und gut aufbereitet. Und wir haben Erfahrung mit dem Bau von Projekten, auch was Zeit und Budget betrifft. Ich gehe davon aus, dass wir das genauso umsichtig und ordentlich machen wie beim Stadion. Aber es ist natürlich ein aufwendiger Akt.
90minuten.at: Wie wichtig ist die Politik für Rapid?
Bruckner: Die Stadt Wien ist ein wesentlicher Stakeholder für uns. Wir kommen mit Wien gut aus. Wir sind aber keine Liste mit politischem Einfluss, unsere Parteifarbe ist grün-weiß.
90minuten.at: Wo sehen Sie eigentlich noch Erlöspotenziale bei Rapid?
Bruckner: Wenn wir international spielen, haben wir natürlich Potenzial bei den Preisgeldern, die ausgeschüttet werden. Mit unserem Nachwuchskonzept werden wir auch im Bereich der Transfererlöse zulegen können. Wir sind in sehr vielen Themen wie etwa Sponsoring, etc. im internationalen Vergleich sehr gut. Bei den Match-Day-Revenues sind wir sehr gut, Quantensprünge sind hier nicht mehr möglich. Am meisten fehlen uns im internationalen Vergleich die TV-Einnahmen.
90minuten.at: Wie würden Sie Ihre Präsidentschaft auch aus medialer Sicht im Vergleich zu Michael Krammer anlegen?
Bruckner: Michael Krammer war transitorisch tätig. Als wir begonnen haben, haben wir noch zum Teil die Dienstverträge der Spieler unterschrieben, etc. Das Präsidium war damals noch operativer tätig. Michael Krammer ist mit dieser Rolle gestartet. Ich bin dann der erste in der neuen Struktur und ich meine: Weniger ist mehr. Ich muss nicht vor jedes Mikrofon gehen, sondern nur dann reden, wenn es wirklich wichtig ist.
90minuten.at: Wie ist Ihre Stimmungslage. Wird es am 25. November knapp hergehen?
Bruckner: Ich hoffe natürlich auf das Vertrauen der Mitglieder, sonst würde ich es nicht tun …
90minuten.at: .. und denken Sie, dass Sie im Fall einer Wahl das Vertrauen jener Mitglieder, die Sie nicht gewählt haben, erst wieder zurückgewinnen müssen?
Bruckner: Es ist immer noch Fußball, die wichtigste Nebensache der Welt. Es ist ein Wettstreit der Ideen und keine Entscheidung über persönliche Befindlichkeiten. Es wird immer einen 26. November geben und auch dann werden noch alle Rapidler sein. Das sind wir dem Verein schuldig.