Marco Rose: "Kann niemanden bekehren, der uns Scheiße findet" (2)
Marco Rose spricht im großen 90minuten.at-Saisoninterview über erreichte Ziele, verpasste Chancen, welcher Trainer ihn überrascht hat und Missgunst gegenüber Red Bull Salzburg.
90minuten.at: Ist das etwas Spezielles an dieser Mannschaft? Oder könnte man das alles auch bei einem anderen Team machen,
Rose: Man braucht schon spezielle Typen dafür. Andi Ulmer funktioniert wie ein Uhrwerk. Für den ist ein Cupspiel in der ersten Runde gegen einen Landesligisten genau so wichtig wie ein Europa League-Halbfinale. Hannes Wolf, Dudu Haidara, Xaver Schlager oder Diadie Samassekou, die sich mit 18, 19 Jahren auf „gut Deutsch“ nichts scheißen. Die gehen raus und wollen erfolgreich sein. Und da gibt es noch viele mehr. Da haben wir dieses Jahr schon Glück gehabt, solche Jungs zusammen zu haben. Wir haben es geschafft, diese Charaktere auf den Punkt zu bringen.
90minuten.at: In dem Zusammenhang ist interessant, dass Sie während des Spieles immer wieder adaptieren. Können diese Spieler das, dass sie Systeme und Ausrichtungen switchen? Wie funktioniert das in-game-coaching?
Rose: Ich würde dem nicht zu viel Bedeutung zumessen. Wir haben daran gearbeitet, flexibler und unausrechenbarer zu werden, auf Dinge zu reagieren. Das haben die Jungs gut angenommen und umgesetzt. Wichtig ist, dass wir – unabhängig von der Grundordnung – unsere Prinzipien auf den Platz bringen, vielleicht immer wieder Räume, die der Gegner hergibt oder die wir wollen, anpassen. Das ist keine Hexerei.
90minuten.at: Wir haben im Oktober schon gesprochen. Inwiefern haben Sie sich seitdem entwickelt, sind anders?
Rose: Man entwickelt sich immer und das ist auch mein Anspruch. Ich bin hier hoch gekommen und habe mir keine großartigen Gedanken darüber gemacht. Wir haben einfach losgelegt. Dann hatten wir irgendwann großes Vertrauen zueinander, haben gemerkt, dass die Dinge funktionieren. In diesem Flow haben wir uns alle weiter entwickelt. Und wir haben auch den Anspruch, dass wir das weiterhin tun.
Aus meiner Sicht sind wir eigentlich ein sympathischer Haufen. Aber ich kann auch niemanden bekehren, der uns grundsätzlich Scheiße findet.
90minuten.at: Es gibt Stimmen, die nach dem fünften Titel in Folge meinen, dass es fad ist. Was sagen Sie denen?
Rose: Es ist jedem selber überlassen, ob er uns toll findet oder nicht. Aus meiner Sicht sind wir eigentlich ein sympathischer Haufen. Aber ich kann auch niemanden bekehren, der uns grundsätzlich Scheiße findet. Für die meisten, die für Graz, Wien oder Linz sind, ist es nicht schön, wenn Red Bull Salzburg laufend Meister wird. Das ist grundsätzlich ja auch kein Problem. Was ich schon wichtig finde, ist, zu respektieren, dass wir uns diese Titel allesamt unglaublich hart erarbeitet haben. Wir haben heuer, glaube ich, sechs Spiele in der 95. Minute gewonnen (lt. tm.at hätte Salzburg 9 Punkte weniger, Stand 35 Runden, Anm.). Wir hatten viele enge Partien, die wir gewonnen haben,vor allem gegen Rapid – Unentschieden in der 93., 3:2, 1:0. Das kann also auch alles kippen. Aber die Konstanz und die Leistungsbereitschaft haben die Mannschaft wieder ausgezeichnet. Aber man trifft sich hier am 25. Juni wieder uns es geht wieder bei Null los. Und du musst dich wie Leiti, Ulmer, Walke auch nach so vielen Titeln wieder motivieren, da raus zu gehen und alles zu geben. Da ziehe ich den Hut vor den Jungs. Das sind für mich Champions.
90minuten.at: Sie werden sich in den letzten Jahren schon auch die Spiele angesehen haben. Wie ist das Verhältnis zur Konkurrenz?
Rose: Ich hatte dieses Jahr immer das Gefühl, dass der Umgang miteinander sehr respektvoll ist.
90minuten.at: Ist dieser Respekt gegenüber Salzburg aus Ihrer Sicht zu erkennen?
Rose: Es war ja so, dass ich Trainer geworden bin und ein paar wichtige Spieler gegangen sind. Da haben viele die Chance gewittert. Keiner soll mir erzählen, dass nicht gedacht wurde: : Dieses Jahr sind sie dran. Aber das wurde unter den Teppich gekehrt, es wurde höflich gesagt , dass wir eh wieder Meister werden. Aber zuhause im stillen Kämmerlein war das bei vielen sicher anders, dann ist es gekommen, wie es gekommen ist. Und dann heißt es wieder: War ja eh klar! Ich weiß nicht, ich finde, wir haben extrem viel richtig gemacht und versuchen nächstes Jahr, auch wieder so viel richtig zu machen. Was die anderen draus machen, können wir nicht beeinflussen. Der einzige, der es ausgesprochen hat...
90minuten.at: … war Thorsten Fink.
Rose: Genau so ist es.