Werner Grabherr: "Fehl am Platz, wenn ich mich von Emotionen beeinflussen lasse" (2)
Der neue SCR Altach-Trainer Werner Grabherr steht verfrüht vor großen Herausforderungen. Im 90minuten.at-Interview erklärt er, wie er diese bewältigen will.
90minuten.at: Die Causa rund um die Ablöse von Klaus Schmidt wirkte nicht friktionsfrei. Belastet Sie es, wie Sie Cheftrainer des SCR Altach wurden?
Grabherr: Das ist schwierig zu beantworten. Am Ende konnte ich keinen Einfluss auf das Procedere rund um Klaus Schmidt nehmen. Der Verein hat sich entschieden, den Vertrag nicht zu verlängern und es gab in kurzer Zeit viele intensive Gespräche. Es war nicht mein Plan, so schnell in der ersten Reihe zu stehen. Das kann man auch gar nicht planen. Mir war es wichtig, zuerst die Lizenz zu machen, jetzt hat sich die Chance ergeben, im Kurs dabei zu sein und in Altach Cheftrainer zu werden. In den letzten zwei Jahren wurde versucht, im Verein Strukturen zu schaffen, den Verein auf ein anderes Level zu stellen. Jetzt wird dieser Weg fortgeführt.
90minuten.at: Wie beurteilen Sie das letzte Jahr? Worauf können Sie aufbauen?
Grabherr: Es war eine Saison mit Höhen und Tiefen. Wir haben es fast in die Gruppenphase der Europa League geschafft. Da haben wir viele Körner für die Bundesliga verschossen und schwer rein gefunden. Die Mannschaft hat sich bis in den Winter aber gut gehalten, wir waren voll dabei. Im Frühjahr haben viele Ergebnisse nicht gepasst, wir waren oft nah dran. Das Team hat sich am Platz schwer gefunden und wenn man im Niemandsland der Tabelle ist, ist es schwierig mit einer jungen Mannschaft. Es gab am Anfang viele Höhen, am Ende viele Tiefen und so kam Platz acht raus. Der ist aber für den SCR Altach nicht schlecht. Satz gestrichen. Wir haben die Saison 2017/18 sauber analysiert und unsere Schlüsse draus gezogen.
90minuten.at: Altach hatte eine gemischte Saison, die Admira hat die Schwäche der Austria ausnutzen können. Was sind nun Ihre Ziele für die Spielzeit 2018/19?
Grabherr: Da gibt es verschiedene Blickwinkel. Als SCR Altach muss man der Realität ins Auge blicken können. Es ist viel entstanden, wir waren zwei Mal international dabei, haben dazwischen immer einen Umbruch gehabt. Wir wollen die Mannschaft stabilisieren, sie wieder stark machen, gut in die Saison kommen und dann sehen wir, was möglich ist. Dass jeder Klub ins obere Playoff will, ist kein Geheimnis. Da können aber nur sechs hin. Wenn wir im unteren Playoff spielen, müssen wir wettkampffähig sein und da zählen andere Dinge wie im oberen. Trotzdem sage ich, dass das oberste Ziel von Altach ist, in der oberen Hälfte zu bleiben. Wir brauchen die Jahre, um uns weiter zu entwickeln. Wir freuen uns, im Frühjahr 2019 den neuen Trainingscampus zu bekommen, da haben wir dann beim Stadion alles unter einem Dach. Das wurde möglich, weil das Team sehr erfolgreich gespielt hat. Sportlich gesehen ist das Mindestziel, einen Platz besser zu sein als in der Vorsaison. Das wäre heuer Rang sieben, obwohl zwei weitere Mannschaften dazu kommen. Mit Platz sieben hat man noch immer die Chance, über die KO-Spiele in den Europacup zu kommen.
90minuten.at: Wird man angesichts des Umstandes, dass vier der sechs Plätze im oberen Playoff mehr oder weniger fix vergeben sind, damit leben müssen, dass Altach mal Dritter, mal Achter wird?
Grabherr: Das bringt der Erfolg mit sich. Wenn der SCR Altach erfolgreich spielt, gehen einige der besten Spieler. Das ist normal. Wir sind ein kleinerer Verein, der jungen Spielern die Möglichkeit gibt, sich zu entwickeln. Durch die guten Transfereinnahmen müssen wir auch Umbrüche gestalten. Es wird im Sommer immer die Herausforderung sein, mit einer schlagkräftigen Truppe in die neue Saison zu gehen. Vielleicht schaffen wir es dann auch einmal, zwei Saisonen in Folge gleich erfolgreich weiter zu spielen. Aber es können auch Dämpfer kommen. Und ich würde nicht sagen, dass diese vier Klubs automatisch im oberen Playoff zu finden sind. Da gab es in den vergangenen Jahren ein paar Ausreißer.
90minuten.at: Was bedeutet es taktisch, dass Altach schon einen Namen in der Liga hat? Wenn dann „Kleinere“ sagen: Geben wir ihnen den Ball und schauen, was sie tun.
Grabherr: Darauf werden wir uns sicherlich einstellen. Die Balance muss am Ende stimmen und es muss in beide Richtungen, nach vorne und nach hinten, passen. Wir müssen für diese Mannschaft den passenden Anzug finden. Am Ende wollen wir erfolgreich Fußball spielen, dazu muss nach dem Abpfiff das Ergebnis auf der Anzeigetafel stimmen. Es gilt, in den nächsten Wochen mit den Neuzugängen die Mischung zu finden. Ob das am Ende gegen manche Klubs defensiver angelegt wird und gegen andere offensiver, das bringt der jeweilige Gegner mit sich. Darum sind die ersten Runden immer sehr spannend, weil die Konkurrenz einen Überblick bekommt. Es sind ja neue Klubs dazu gekommen, viele haben aufgerüstet. Es wird sich heuer im Vergleich zur Vorsaison viel verändern.
90minuten.at: Wenn man an Altach denkt, denkt man auch immer an die SV Ried, als Rolemodel kleiner Klubs. Im Innviertel gab es Stefan Reiter. Wie wichtig ist in dem Zusammenhang Georg Zellhofer? Würde man seinen Abgang verkraften?
Grabherr: Das ist das große Ziel der handelnden Personen. Der Klub muss selber im Fokus stehen, nicht die einzelnen Personen. Es war in den letzten Jahren wichtig, hier gewisse Player und Strukturen zu haben, die ein Gefühl für Situationen haben. Das Ziel der Geschäftsführer, des Cheftrainers, der Gremien, muss es es sein, den Fokus auf den Klub zu legen. Das wird in der Infrastruktur gemacht, es wurden auch im sportlichen Bereich Investitionen getätigt, um den Klub auf ein anderes Level zu heben. Mittlerweile sind wir in vielen Bereichen weiter gekommen. Der Verein steht auf anderen Beinen als noch vor ein paar Jahren, der Weg ist aber noch lange nicht zu Ende.