Didi Kühbauer: "Man kann beim SKN früher in der Bundesliga Fuß fassen, als bei Rapid" (2)

Der SKN St. Pölten macht seit Wochen eine schwierige Phase durch. Trainer Dietmar Kühbauer nahm sich Zeit und spricht im Interview über die Situation bei den Niederösterreichern, wie viele Systeme gut sind und was er erreichen will.

90minuten.at: Damals und jetzt, wo man weiß, dass man vielleicht nicht um das obere Playoff mitspielt, muss es taktisch passen?

Kühbauer: Ich will über die Vergangenheit nicht mehr reden. Man hat in den letzten zehn Spielen gesehen, dass wir eine neue Mannschaft sind, die wenig Tore bekommt und auch welche schießen kann. Wir waren sehr kompakt, das war davor nicht der Fall. Da hat man sehr viele Tore bekommen, 67. Dann war es eben ausgeglichen. Es geht darum, die Spieler einzusetzen, wie man am besten bestehen kann.

 

90minuten.at: Wie wollen Sie die Kompaktheit herstellen. Bei der WM spielen viele Teams mit einer Dreier-/Fünferkette in der Defensive. Was sind Ihre Pläne?

Kühbauer: Wir wollen variabler sein. Es kann sein, dass wir eine Fünferkette spielen und dann wieder eine Viererkette. Zu sagen, man will sechs Systeme spielen, das ist ein Blödsinn. Das ist nicht machbar, aber wenn man zwei bis drei Systeme gut spielen kann, reicht das. Man kann in Österreich eh keinen überraschen. Wenn einer sagt, er kann zehn Systeme spielen, ist das wunderbar, aber ich halte es nicht für umsetzbar. Dafür gibt es nicht die Zeit.

Zu sagen, man will sechs Systeme spielen, das ist ein Blödsinn. Das ist nicht machbar, aber wenn man zwei bis drei Systeme gut spielen kann, reicht das.

Klare Ansage von Didi Kühbauer

90minuten.at: Wenn wir von Systemen reden, sprechen wir über defensiveren Fußball gegen die Großen und offensiverem gegen die anderen?

Kühbauer: Das will ich gar nicht sagen. Man kann schon überraschen, wenn man mit einem anderen System auftritt. Ich will grundsätzlich so auftreten, dass wir den Gegner schlagen können. Ich habe nicht jede Woche neue Ideen, nur damit die Journalisten sagen: Ah, der hat schon wieder eine neue Idee. Das Fazit muss sein: Wir müssen punkten können.

 

90minuten.at: Gegen wen sind die Big Points zu holen? In Salzburg ist die Wahrscheinlichkeit faktisch nicht so hoch zu punkten als anderswo.

Kühbauer: Natürlich kann man gegen jeden punkten. St. Pölten hatte letztes Jahr keine Heimstärke. Es gilt für alle Kleinen - und die Großen natürlich auch - dass man die Heimspiele so gestalten sollte, damit man mehr gewinnt. Auswärts soll man auch seine Pünktchen sammeln, aber daheim hat es letzte Saison gefehlt, dass man mehr gewinnt. Es braucht eine gewisse Heimstärke, aber man muss auch auswärts punkten können.

 

90minuten.at: Wo kommt die Heimstärke her Ihrer Meinung nach? Im Europacup wird dem mit der Auswärtstorregel Rechnung getragen, aber die anstrengenden, langen Busfahrten gibt es in Österreich ja so gut wie nicht. Der SKN ist zudem ja kein Klub, der viele Heimfans hat.

Kühbauer: Das hat ja mit dem nichts zu tun. Es geht um den Charakter der Spieler, hier kennen sie alles. Man sollte auswärts auch so auftreten, im Allianzstadion sind halt 20-25.000 Leute. Dort ist es schwieriger, auch wenn wir dort fast einen Punkt mitgenommen haben. Natürlich würde ich mir wünschen, dass hier 5-6.000 Zuschauer sind, aber es geht um die Einstellung der Spieler.

 

90minuten.at: Wie wollen Sie es nun taktisch anlegen? Bei der WM gibt es Trends.

Kühbauer: Ich habe immer schon gesagt, schon vor langer Zeit, dass Ballbesitz schön ist, aber nur eine Statistik ist. Es geht aber um den Erfolg. Man muss im Ballbesitz in Zonen kommen. Spanien kam nicht in die letzte Zone, da ist der Ballbesitz wertlos. Man muss den Gegner in den richtigen Momenten erwischen, das will jeder. Organisierte Mannschaften sind schwer zu knacken, die sieht man bei der WM.

 

90minuten.at: Aber es gibt doch sicher Automatismen, die man für die Offensive trainiert, die auf Basis der Spieler zeigen, wie man in die entscheidende Zone kommen will.

Kühbauer: Man trainiert natürlich Dinge und die Automatismen sind da. Aber ich habe ja auch einen Gegner. Die Gegner werden in der Videoanalyse beobachtet. Es hängt auch von Fehlern vom Gegner ab, aber meine Spieler müssen wissen, wo sie hinlaufen müssen. Offensiv und defensiv.

 

90minuten.at: Konkretes Beispiel: Der Gegner verliert im Mittelfeld den Ball – wie soll der SKN das nutzen?

Kühbauer: Das Vertikalspiel ist immer entscheidend, dazu muss man kein Trainer sein, das weiß jeder. Das Umschaltspiel ist im heutigen Fußball ein wichtiger Faktor. Die kleineren Mannschaften werden sich defensiv postieren und gegen den, der vom Namen und den Spielern her besser ist, versuchen, ins Umschaltspiel zu kommen. Aber das heißt nicht, dass wir nur defensiv spielen wollen. Ich will, dass man Bälle nicht nur nach vorne schlägt und den zweiten Ball holt. Daher wollen wir prinzipiell von hinten raus spielen, aber das wird nicht immer funktionieren. Da kommt es drauf an, wie wir angepresst werden, da hat jeder Trainer seine eigene Vorstellung.

 

90minuten.at: Aktiv Umschaltmomente suchen, statt passiv auf Konter zu lauern?

Kühbauer: Wir werden sicher nicht passiv in der Defensive agieren und auf den Konter warten. Zu tief zu stehen heißt zwar, dass man in der Defensive Überzahl hat, aber dann verlässt sich jeder auf den anderen. Man muss schon aktiv gegen den Ball arbeiten.

 

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