Oliver Lederer: "Wir sind sogar sehr weit weg von berauschend" (2)
Die Lage beim SKN St. Pölten wirkt aussichtslos: Neun Punkte Rückstand auf den WAC, in 20 Runden nur sieben Zähler geholt. Trotzdem ist Oliver Lederer im Interview mit 90minuten.at positiv gestimmt, den Turnaround zu schaffen. Und im Zweifelsfall gibt es ja noch die Relegation.
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90minuten.at: Wie sieht da die Zusammenarbeit mit Herrn Schupp aus? Er ist Sportdirektor, laut unseren Infos haben Sie aber eher eine englische Managerposition, also auch Sportdirektorenagenden.
Lederer: Man muss dazu sagen, dass der SKN eine interessante Struktur hat, mit den strategischen Partnern und unserem Sportbeirat. Wir unterscheiden uns da ein wenig von anderen Vereinen. Wir teilen die Kompetenzen noch mehr auf. Fakt ist, dass die Entscheidungen gemeinsam getroffen werden. So gesehen ist er mein Vorgesetzter. Jeder Spieler, der kommt, muss von Schupp und General Manager Blumauer abgesegnet werden. Ich möchte, dass der Sportdirektor weiß, welche Spieler wir brauchen. Es ist aber so, dass der Trainer die Spielphilosophie, nach der er spielen lassen möchte, vorgelegt hat und dass es dazu den einen oder anderen Spieler braucht. Zwei haben wir schon. Ansonsten ist der Kader sehr breit und qualitativ hochwertig. Trotz allem, auch wenn es für Außenstehende schwer nachvollziehbar ist, sind wir von der Qualität unseres Kaders überzeugt.
90minuten.at: Sie haben die Spielphilosophie angesprochen. Die ist bei Ihnen bekannt, Stichwort Positionsspiel. Wie aber hat das Hearing ausgesehen, wie haben Sie die Verantwortlichen überzeugt? So manche Trainerverpflichtung in Österreich geht ja nach dem Prinzip vonstatten, wer halt grad verfügbar ist.
Lederer: Ich habe mein Konzept vorgelegt. Die Idee meines step-by-step-Konzeptes befasst sich nicht nur damit, wie man über die nächsten drei, vier, fünf Monate kommt, sondern auch wie es danach weiter geht. Wir wollen uns im kommenden Ligaformat ja besser positionieren, wollen uns nicht jedes Jahr gegen den Abstieg stemmen müssen. Wir wollen die Ziele eben step by step höher schrauben. Da gibt es viel zu tun. Von daher war das Konzept gefragt. Das inkludiert auch die Zusammenarbeit mit der Akademie. Und da ich ohnehin ein Trainer bin, der gerne mit jungen Spielern arbeitet, haben sich zwei Interessen getroffen.
Wenn es irgendeine Studie geben würde, die mir zeigt, dass Konterfußball erfolgreicher ist, würde ich sofort umstellen.
90minuten.at: Aber es ist schon so, dass Ihr Vorgänger Jochen Fallmann einen reaktiven Fußball gespielt hat. Dafür stehen Sie nicht. Und es passt noch nicht.
Lederer: Man muss dazu sagen, dass sich der Verein in einer Phase befindet, in der sehr viel strukturiert wird. Es ist nicht so, dass der Verein eine in Stein gemeißelte Spielphilosophie hat. Was ich beeindruckend fand, war, dass man das machen will. Man will eine Philosophie entwickeln und eine Durchgängigkeit vom Nachwuchs über die Akademie und die Amateure zur Kampfmannschaft erzwingen. Da hatte ich das Gefühl, dass ich ein Teil des Rädchens sein kann. Markus Schupp hat Fallmann auch nicht geholt, er war schon da. Er hat in seinem Rahmen das Beste versucht. Dass der Kader aus Konterspielern besteht, das sehe ich anders. Was ich verlange, können alle Spieler spielen. Ich hoffe, dass ich das in der Rückrunde durch Punkte beweisen kann, nicht nur, dass man sieht, was wir wollen und Lob dafür kassieren, wie wir auftreten.
90minuten.at: Aber war der Übergang nicht zu schnell, vom Kick-and-rush zu Ballbesitzfußball?
Lederer: Ich lasse Kritik von außen immer zu! Ich verstehe auch jeden, der meint, dass ich wie der Elefant im Porzellanladen vorgegangen bin. Ich habe als Trainer halt meine Grundprinzipien, wie ich arbeiten will und die habe ich auch vorgelegt. Ich bin überzeugt, dass dieser Weg der erfolgversprechendste ist. Ich glaube nicht, dass das meine Spieler überfordert. Wenn es irgendeine Studie geben würde, die mir zeigt, dass Konterfußball erfolgreicher ist, würde ich sofort umstellen und anders trainieren. Aber die letzten fünf Absteiger haben versucht, tief zu stehen und alle sind abgestiegen. Es gibt keine Relation zwischen Konterfußball und daraus resultierenden höheren Chancen auf den Klassenerhalt. Ich vertraue auf unseren Weg und die Spieler auch. So weit sind wir aber noch nicht. Unsere expected goals sind minimal besser als vorher. Statistisch nachweisbar ist, dass wir mehr Ballbesitz haben und diesen in höheren Zonen haben. Die Abstände zueinander und wie wir positioniert sind, sind teilweise bei St. Pölten besser als bei der Admira unter mir der Fall war.