Robert Almer: "Für uns zählen in erster Linie Einsatz und Zweikampfbereitschaft" (2)

Der SV Mattersburg ist trotz eines chaotischen Sommers in Schlagdistanz zu den Top6. Robert Almer, seit Sommer sportlicher Leiter, hat aber auf jeden Fall sehr viele Aufgaben zu bewältigen: Ein Kaderumbruch steht bevor.

90minuten.at: Der Sportchef muss weitblickend agieren. Mit welcher Vision haben Sie Martin Pucher überzeugt? Er wird schon gewusst haben wollen, was Sie vorhaben.

Almer: Herr Pucher hat mir den Posten angeboten und ich habe meine Vorstellungen. Die Akademie spielt in den Überlegungen der Klubführung eine große Rolle. Es ist wichtig, von der Akademie zu den Profis eine Linie rein zu bekommen. Man muss ähnlich spielen, es müssen nicht alle im Detail die gleiche Spielphilosophie haben, aber die Ausrichtung sollte die Gleiche sein. Wir haben einige Trainer, mit denen wir versuchen Offensivpressing zu spielen. Ziel wäre es, dass wir das bis nach oben hin durchbringen. Ein junger Spieler soll genau wissen, was zu tun ist. So wie es eigentlich bei Red Bull der Fall ist. Man wundert sich immer, warum die Jungen, die raufkommen, sofort funktionieren. Aber das hat auch damit zu tun, dass die von unten bis oben das gleiche System haben. Jeder weiß, wenn er zum Beispiel rechter Verteidiger spielt, welche Aufgaben er hat. Natürlich kommt die körperliche Komponente auch dazu, aber es ist für jeden Spieler einfacher, wenn er sich an etwas festhalten kann.

 

Ich beurteile nicht, was in der Vergangenheit war. Ich stelle es mir so vor, dass es eine gewisse Linie gibt. Ob das auch funktioniert, ist wieder ein anderes Thema.

Robert Almer

90minuten.at: Das ist aber schon etwas Kritik am langjährigen Vorgänger!

Almer: Ich beurteile nicht, was in der Vergangenheit war. Ich stelle es mir so vor, dass es eine gewisse Linie gibt. Ob das auch funktioniert, ist wieder ein anderes Thema. In der Akademie gibt es mit Stadt und dem Landesverband viele, die man in ein Boot kriegen muss. Man sieht ja in der Politik, dass es nicht immer einfach ist, das zu schaffen. Man kann eh nur mit Erfolg und Professionalität überzeugen.

 

90minuten.at: Das Ziel ist es, diese Ausrichtung festzuschreiben, auch bei zukünftigen Trainer- und Spielersuchen? Sie wollen einiges umbauen.

Almer: Im Moment haben wir mit Klaus Schmidt einen Trainer und das funktioniert. In den Spielen, wo wir sehr früh attackiert haben, waren wir am erfolgreichsten. Dadurch hatten wir mehr Torchancen.

 

90minuten.at: Ihr Ziel ist es, diesen Fußball von unten nach oben zu implementieren.

Almer: Das ist das Wichtigste. Aber das hat nichts mit der technischen Ausbildung in den Akademien oder den Amateuren zu tun. Aber ich kann nicht in der Akademie etwas anderes spielen als bei den Amateuren und dann bei den Profis. Da wird sich der Spieler nicht leicht einfügen können. Bei den Profis muss ein junger Spieler sofort funktionieren. Darum ist es wichtig, überall die gleiche Idee zu haben.

 

90minuten.at: Wie sieht das Herr Pucher?

Almer: Er wird sich schon etwas dabei gedacht haben, warum er mich gebeten hat, diese Aufgabe zu übernehmen.

 

90minuten.at: Aber er hat Vorstellungen davon, was er sich von Ihnen erwartet.

Almer: Ja, natürlich. Aber das ist nichts, was man an die Öffentlichkeit tragen muss.

 

90minuten.at: Punkto Finanzkennzahlen sieht man, dass der SVM die Nummer fünf beim Umsatz ist. War Ihnen das im Sommer bewusst?

Almer: Wir haben einiges zur Verfügung. Jetzt geht es darum, es richtig einzusetzen. Wir müssen auch weiterhin gut wirtschaften, auch um eventuellen Einbussen durch Zuschauereinnahmen entgegen wirken zu können. Es ist mir bewusst, dass wir dank unseres Präsidenten gut aufgestellt sind und das gilt es professionell zu nutzen.

 

90minuten.at: Wo kommt der hohe Personalaufwand her? Auch, weil aus der Akademie wenig nachkommt?

Almer: Wir haben jetzt schon auch wieder einige Junge, die von der Qualität her das Zeug haben, dabei zu sein. Da haben zuletzt einige aufgezeigt. Das ist auch das Ziel des Vereins, aber derzeit ist der Kader sehr groß. Wir haben 29 Spieler im Kader, da ist es für die Jungen schwierig, Fuß zu fassen. Die Jungen müssen weiter Gas geben und wir wollen spätestens im Sommer den Kader verjüngen.

 

90minuten.at: Und das macht den Kader teurer.

Almer: Natürlich. Man braucht da nur eins und eins zusammen zählen. Auch die Kadergröße spielt eine Rolle. Ich bin mit Klaus im engen Austausch. 30 Mann beim Training sind für den Trainer eine Herausforderung. Es müssen alle gleichmäßig belastet werden. Das muss man berücksichtigen. Der Kader sollte 25 Mann haben, aber man hat dann mit den Vorgaben der Bundesliga Probleme, weil man 25 Profis im Kader haben muss, je nachdem, ob die Jungprofis auch dazu zählen. Aber all diese Dinge müssen wir berücksichtigen. Bei 29 Spielern enttäuscht man ja auch jedes Wochenende elf Spieler, die sind dann logischerweise schlecht drauf. Die muss man auch bei Laune halten. Wenn nur sieben wegfallen, können ein paar bei den Amateuren spielen, der eine oder andere ist verletzt. Als Mattersburg, als kleiner Verein – in örtlicher Hinsicht, nicht vom Finanziellen her – muss man auch versuchen, über das Team zum Erfolg zu kommen.

 

90minuten.at: Sie haben anscheinend viele Aufgaben vor sich.

Almer: Das ist viel, aber es macht es für mich auch sehr interessant, weil man in vielen Bereichen etwas verändern kann oder auch muss. Das ist mit meinen zwei Jobs nicht so einfach, aber man muss es schaffen.

 

90minuten.at: All diese Aufgaben sind mit vielen Zuschauern und mehr Geld leichter zu erreichen – etwa, wenn man in die Meistergruppe kommt?

Almer: Das wäre der Idealfall. Bei uns ist sich jeder bewusst, dass es oben interessant ist. Im Moment weiß man noch nicht, wer wo steht. Ich glaube auch, dass man das noch nicht so einschätzen kann, wie das mit den zwei Gruppen aussieht. Wenn ein großer Verein in die Qualifikationsgruppe kommt, ist die auch interessant.

 

90minuten.at: Lieber Meistergruppe mit Salzburg und Austria oder Qualifikationsgruppe mit Sturm und Rapid?

Almer: Mir wäre es wurscht wo, wenn wir am Ende international dabei wären (lacht). Aber es ist schwer zu sagen. Die Qualifikationsgruppe hat durch die Möglichkeit, auch international zu spielen, auch ihren Reiz. Vielleicht ist man nach der Saison schlauer.

 

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