Sturm-Präsident Christian Jauk: "Wir haben die Besten immer verloren“ (3)

Sturm-Präsident Christian Jauk spricht bei 90minuten.at exklusiv über die vielen Abgänge, die sein Verein hinnehmen musste und warum das zugleich eine Chance sein kann.

90minuten.at: Das Sponsoring haben wir bereits kurz angeschnitten. Mit welchem Jahresetat geht Sturm in die heurige Meisterschaft?

Jauk: Wir liegen in etwa bei 14 Millionen Euro, wobei da weder der Europacup noch Transfererlöse enthalten sind.

 

90minuten.at: Sind Sie mit der Entwicklung zufrieden?

Jauk: Wir steigern uns stetig. Wir wachsen beim Sponsoring stärker als das allgemeine Wirtschaftswachstum. Riesenschritte, wie es manche gerne sehen würden, sind über Sponsoren nicht zu machen. Unsere Flächen sind voll, wir können nur die Partner wechseln oder mit bestehenden Partnern versuchen, bessere Angebote zu erreichen, worauf wir uns konzentrieren. Wir setzen auf langfristige und treue Kundenbeziehungen, siehe unsere Partnerschaft mit dem Hauptsponsor. Der ist, wie ich betonen möchte, ein rein privates Unternehmen und keine halb-öffentliche Institution wie das anderswo der Fall ist.

 

90minuten.at: Sie sprechen Wien Energie und Verbund, die Hauptsponsoren von Rapid und Austria an.

Jauk: Man hat sich das dort erarbeitet und ich möchte das gar nicht kritisch bewerten. Es gibt in Wien ein grundsätzliches Bekenntnis der Politik zum Fußball, das wir in Graz in der Form nicht haben. Viel wesentlicher ist der Nachteil durch unser Stadion. Die zusätzlichen Hospitality und VIP-Einnahmen betragen ein zweistelliges Plus in Millionenhöhe im Vergleich zu unserer Situation. Da geht die Schere auf.

Wirklich enttäuschend ist für mich, dass die Umsetzung der Beschlüsse dann noch einmal Jahre dauert. Der erste Gemeinderatsbeschluss ist aus dem Jahr 2014. Einige Maßnahmen wurden bis 2018 noch nicht umgesetzt.

Die Mühlen der Politik mahlen langsam

90minuten.at: Das heißt: Ohne das Stadion selbst zu betreiben, sind einem die Hände gebunden.

Jauk: Ja, Graz ist eine Ausnahme. Alle anderen Klubs betreiben ihre Stadien selbst. Da geht es um Schankrechte, Vermarktungsrechte und einiges mehr, wo die Einnahmen dem Verein zufließen würden. In Graz finden sie ein veraltetes System vor und wir haben jetzt wieder einmal intensiv begonnen, das Thema mit der Stadt zu besprechen. Wir versuchen seit Jahren Überzeugungsarbeit zu leisten und das Stadion als Pächter zu übernehmen. Aber ich sehe immer wieder, dass das in Graz außerordentlich schwierig werden wird, auch wenn die Gespräche durchaus konstruktiv sind. Das Stadion ist offen für andere Veranstaltungen, ich sehe aber nur einen, der zahlt: Sturm Graz.

 

90minuten.at: Konkret: wie sieht es aktuell aus? Wieviel Geld hat die Stadt als Eigentümer für Adaptierungen in Liebenau zugesagt und was soll damit gemacht werden? Können signifikante Verbesserungen umgesetzt werden?

Jauk: Bis die Politik Beschlüsse fasst, vergehen in der Regel einige Jahre. Das habe ich erwartet. Wirklich enttäuschend ist für mich, dass die Umsetzung der Beschlüsse dann noch einmal Jahre dauert. Der erste Gemeinderatsbeschluss ist aus dem Jahr 2014. Einige Maßnahmen wurden bis 2018 noch nicht umgesetzt. Würde man in der Wirtschaft so agieren, wäre man in keinster Weise wettbewerbsfähig. Jetzt sollen 13 weitere Millionen in Liebenau investiert werden, wo aber immer noch die Frage zu klären ist, wieviel geht direkt ins Stadion und wieviel in den Vorplatz zwischen Stadion und Eishalle, wo ein Freizeitareal entstehen soll? Das benötigen wir zum Beispiel nicht und es würde uns wenig bringen. Ich höre, etwa fünf der 13 Millionen sollen in dieses Projekt fließen. Wir brauchen das Geld aber im Stadion, nicht außen herum. Wenn wir relativ viel von der Gesamtsumme bekommen, können wir einen großen Sprung nach vorne machen. Mit den neuen Arenen in Wien können wir aber trotzdem nicht mithalten. Wenn wir den aktuellen Beschluss schnell umsetzen könnten, wäre ich aber schon zufrieden. Damit meine ich vor allem den Ausbau des Hospitality-Bereiches und die damit verbundenen Möglichkeiten.

 

90minuten.at: Was wäre schnell?

Jauk: Für mich wäre wichtig, dass die Dinge für die Saison 2019/20 zur Verfügung stünden. Ich höre aber schon wieder vom großen bürokratischen Aufwand und, dass die Genehmigungsschritte lange dauern werden. Wahrscheinlich reden wir also von der Spielzeit 2020/21. Wenn ich die bisherigen Erfahrungen als Referenz nehme, wird es noch länger. Eine Lautsprecheranlage, das Wlan und ein paar Screens aus dem Beschluss von 2014 sind noch immer nicht installiert.

 

90minuten.at: Inwieweit spüren Sie in den ganzen Verhandlungen mit der Stadt den Stadtrivalen GAK, der mittlerweile wieder in die Nähe des Profifußballs kommt?

Jauk: Der GAK hat jetzt eine neue Tribüne in Weinzödl bekommen. Ich habe dem Bürgermeister gesagt, dass ich das unterstütze. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.

 

90minuten.at: Aber der GAK wird doch, so ein Aufstieg in eine nächsthöhere Spielklasse gelingt, langfristig auch wieder in Liebenau spielen, oder? Wie wäre das dann, wenn der SK Sturm in der Zwischenzeit theoretisch Pächter würde? Ließen Sie den Stadtrivalen dann in Ihrem Stadion auflaufen?

Jauk: Solche Themen könnte man sicher lösen. Drohgebärden aufzubauen ist kontraproduktiv. Aber natürlich, dieses theoretische Szenario wird bei den Verhandlungen zur Stadionpacht mitberücksichtigt.

 

90minuten.at: Wir müssen noch über den Trainer reden. Wie sehen Sie Heiko Vogel nach einer halben Saison als Sturmtrainer?

Jauk: Wir haben den Heiko bekommen, wie er sich in der Bewerbungsphase präsentiert hat. Wir haben ihn wegen der Eigenschaften geholt, die er jetzt abliefert. Er ist sehr detailverliebt, zugleich aber als Person sehr authentisch und bodenständig. So nehmen wir ihn wahr und ich denke auch die Mannschaft. Er lebt Fußball mit Leidenschaft. Wenn er grantig ist, dann zeigt er es. Wenn er sich freut, zeigt er es genauso. Da verzichtet er manchmal bewusst gern ein bisschen auf den Begriff Professionalität. Weil er so ist, wie er ist. Das mag ich besonders an ihm. Ich möchte aber auch die Geschäftsführung in diesem Zusammenhang hervorheben, obwohl besonders zu Günter Kreissl in letzter Zeit ohnehin viel Positives gesagt worden ist. Er bildet mit Thomas Tebbich ein Duo, das den Verein leitet, mit dem wir sehr zufrieden sind und das uns hoffentlich lange erhalten bleibt.

 

90minuten.at: Am Schluss noch zu Ihnen selbst. Wie sieht Ihre „Karriereplanung“ als Sturm-Präsident aus? Treten Sie 2020 bei der nächsten Generalversammlung wieder an?

Jauk: Ich sehe das nicht als Karriere. Das Amt ist meine Leidenschaft. Meine Konzentration gilt außerdem im Moment den Dingen, die zu tun sind, über eine weitere Amtszeit denke ich derzeit überhaupt nicht nach.

 

90minuten.at: Das glaube ich Ihnen nicht. Zumindest werden sie wohl im Sinne einer kontinuierlichen Weiterentwicklung strategisch über das Jahr 2020 hinaus denken.

Jauk: Wir haben natürlich einen Strategieplan, der auch bei der Generalversammlung vorgestellt worden ist. Das ist das Pflichtenheft für die aktuelle Periode, an dem ich mit meinem Team arbeite. Aber darüber hinaus formulieren wir langfristige strategische Ziele, die über die Amtsperiode hinausgehen, wie die heute viel besprochene Infrastruktur etwa. Ob diese Dinge dann ich oder jemand anderer nach 2020 weiter umsetzen wird, ist nicht das Entscheidende. Solange man dem Verein etwas geben kann, solange die investierte Energie Früchte trägt, der SK Sturm sich dadurch weiterentwickelt und solange es für diesen Weg genügend Unterstützer gibt, solange kann man bleiben. Zum gegebenen Zeitpunkt werde ich mir diese Fragen stellen. Schlussendlich gilt aber das gleiche, was wir eingangs zu den Spielertransfers besprochen haben: Sturm ist wichtiger als jede Einzelperson.

 

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