Stefan Reiter: "Die Ligareform ist eine Aufblähung des Spitzenfußballs" (2)
Seit Sommer 2017 ist Stefan Reiter sportlicher Leiter beim ASKÖ Oedt in der Landesliga in Oberösterreich. Davor war er zwölfeinhalb Jahre Manager der SV Ried. 90minuten.at spricht mit ihm über seine neue Aufgabe und die Bundesligareform.
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90minuten.at: Kann es auch in die neue 2. Liga gehen?
Reiter: Möglich ist alles. Aber ich bin mit dem momentanen Stand der Reform nicht glücklich. Warum kam die Reform? Das wird gerade ein bisschen vergessen. Es ist leicht erklärt: Im Laufe der Jahre hat man festgestellt, dass die Vereine die zweite Liga in dieser Form wirtschaftlich nicht überleben können. Darum hat man in der Analyse gefragt, wie viele Vereine professionell Fußball spielen können, um zu überleben. Da kam man eben auf zwölf bis vierzehn. Wenn es vierzehn gibt, braucht es auch immer einen Aufsteiger, also kam man zu zwölf. Eigentlich sollte es ja mehr Vereine geben, die bei Sport, Wirtschaft und Infrastruktur professionell sind. Das ist aber nicht gelungen. Dazu gibt es die neue 2. Liga. Aber für mich gibt es nur Profis oder Amateure. Ich weiß nicht, was ein Halbprofi sein soll. Ich habe auch noch keinen kennengelernt. Entweder ich bin beim Verein angestellt, egal ob ich daneben noch arbeite, dann bin ich Profi. Damit muss man sich auch den Profistrukturen unterwerfen. Da geht es nicht nur um die Bezahlung. Die Diskussion, wie viele Profiklubs es gibt, gibt es ja schon lange. Aber es braucht immer eine zweite Leistungsstufe. Der Wunsch der Bundesliga war – da war ich am Schluss nicht mehr dabei – die dritte Liga mitzudenken. Das ist aber nicht passiert. Da gab es massiven Gegendruck der Landesverbände.
90minuten.at: Eine Zeit lang waren ja weniger als die gegenwärtigen 20 Profis in der zweiten Liga vorgeschrieben. Schaut man sich die Klubs an, die finanziell scheitern, dann kann man der Zehnerliga auch nur bedingt die Schuld geben. Es wäre zu einfach, das nur auf die Bundesliga zu schieben.
Reiter: Das liegt immer in der Verantwortung der Klubs. Aber man darf nicht vergessen, dass die Rahmenbedingungen von den Klubs bestimmt werden. Man legt sich die Latte ja selber hoch oder niedrig. Das mit den Profis stimmt schon, aber es gab 15 Profis und jeder hatte mehr, aber niemand konnte sie zahlen. Aber man hat jetzt wieder den Landesverbänden nachgegeben, jetzt haben wir in den ersten drei Ligen zu viele Vereine. Das ist ein Wahnsinn! Das sind 76 Vereine!
Sofort abschaffen!
90minuten.at: Was soll man dann machen? Herr Grad meinte, die Regionalligen müssten abgeschafft werden.
Reiter: Die Einteilung in drei Regionen habe ich immer bekrittelt. In der Mitte ist es so, dass es diese Region nicht gibt. Oberösterreich, Steiermark und Kärnten sollen eine Region sein? Das ist irgendwas! Alle drei sind so unterschiedlich. Das Gefälle ist ein Wahnsinn. Diese Reform hätte nur funktioniert, wenn es hier eine Änderung gegeben hätte, es hätte sie geben müssen. Man hätte die dritte Liga auf Bundeslandebene geben müssen, bzw. überlegen, ein paar zusammen zu legen, etwa Tirol und Vorarlberg, aber als Landesliga. Man kann jetzt rechnen, wie man will und ich weiß, dass alle jetzt aufschreien, aber muss es sein, dass der Meister aufsteigt? Dann geht es eben nur über Relegationsspiele in die neue 2. Liga. Ein Beispiel: Die SV Ried ist in Zeiten aufgestiegen, als es noch keine Regionalligen gab. Wir sind öfters in der Relegation gescheitert. Der Vorteil ist, dass ich nicht gezwungen bin, aufzusteigen. Die, die in der Relegation scheitern und die dann auseinanderbrechen, sind meistens die, die sich die Meistermannschaft zusammen gekauft haben. Stabile, gesunde Vereine überleben das problemlos. Dann steigen auch die auf. Es muss natürlich eine Pyramide geben, aber die muss stabil sein und nicht so aufgeblasen sein, wie sie ab Sommer bei uns ist. Das ist eine Aufblähung des sogenannten Spitzenfußballs.
90minuten.at: Aber für den Verein selbst ist es ab Sommer ja egal, ob er zweite oder dritte Liga spielt.
Reiter: Wenn wir statt in der Regionalliga in der zweiten Liga spielen, bekommen wir vielleicht 1.000 Kilometer mehr zusammen. Das spielt keine Rolle, da kann man es dann gleich bleiben lassen. Man fährt ja in der Freizeit auch zum Skifahren oder auf Ausflüge 300, 400 Kilometer. Das ist kein Thema.
90minuten.at: Also Regionalligen „neu denken“?
Reiter: Sofort abschaffen. Im Osten gab es seit zwei Jahren keinen Absteiger. In Oberösterreich haben die Regionalligisten eine Frist bis 30. Mai gegeben, um sich zu entscheiden, ob sie Regional- oder Landesliga spielen wollen. Die Folgewirkung wäre, dass dann auf einmal fünf freiwillig zurück ziehen und es sieben Absteiger gibt.