Dressen, Dressen und noch mehr Dressen

Neal Heard hat in „Fußballtrikots – das Buch für Liebhaber“ mehr als 150 interessante, skurrile und einzigarte Fußballhemden aus der ganzen Welt versammelt.

Gelesen von Jürgen Zacharias

 

Der VfL Bochum und Slovan Bratislava auf einer Stufe mit dem FC Barcelona? Neal Heard macht in seinem Sammelwerk „Fußballtrikots – das Buch für Liebhaber“ das Unmögliche möglich. Im Mittelpunkt seines Buches stehen nicht die großen Namen der kickenden Fußballwelt, sondern vielmehr skurrile Designs, spannende Geschichten, überraschende Zufälle und interessante Verbindungen zwischen Sport, Mode und Kommerz, wie sie etwa auch beim Ruhrpottklub aus Bochum zu finden sind.

Um Ende der 1990er-Jahre die Werberegeln der Deutschen Bundesliga auszuhebeln und am Trikot möglichst präsent zu sein, betätigte sich Sponsor Faber als Ausrüster, rückte sein Regenbogensymbol als Teil des VfL-Trikots überdimensional aufs Dress und freute sich über mediale Aufmerksamkeit, die sonst nur Größen wie dem FC Barcelona vorbehalten ist. Die Katalanen wiederum gönnten sich lange Zeit den Luxus überhaupt ohne Sponsor am Trikot aufzulaufen, ehe sie ab 2007 für das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen zu werben begannen und für dieses Privileg sogar noch Geld an die UNICEF überwiesen. In Neal Heards Buch findet sich eine Abbildung des Barca-Trikots aus jenem Jahr aber auch noch aus einem anderen Grund, wird darauf das Wappen der Blaugrana doch zum 50-jährigen Jubiläum des Camp Nou von einem Lorbeerkranz umrandet.

Interessant sind auch die Anekdoten, die Neal Heard erzählt: Etwa die vom „Hakenkreuz-Dress“ des AC Florenz 1992/93 oder jene vom Europacupfinale 1981, als das Hersteller-Logo von Umbro auf allen Dressen des FC Liverpool mit weißem Klebeband überdeckt werden musste, weil die UEFA und die Sendeanstalten auf werbefreie Hemden pochten. Oder die skurrile Geschichte der von Umbro produzierten Trikots der Australier bei der WM 1974, bei denen auf der Brust das Umbro-Logo prangte, auf den Ärmeln aber die markanten drei Streifen von Adidas. Beim WM-Dress der brasilianischen Nationalmannschaft von 1986 wiederum weist der Autor auf ein diskret neben dem Verbandswappen platziertes Logo des Sponsors Café De Brasil hin. Das schicke Omonia Nikosia-Heimdress der Jahre 1992 bis 1994 und das Eintracht Braunschweig-Trikot aus dem Jahr 1973 haben es dank der Sponsoren Lois und Jägermeister ins Buch geschafft und auch das Trikot der Blyth Spartans kann mit einer Besonderheit aufwarten: Darauf findet sich ein Aufdruck des Comedy-Magazins Viz, das – ähnlich wie rund zehn Jahre später die Toten Hosen bei Fortuna Düsseldorf (das Dress ist im Buch ebenfalls zu sehen) – mit seinem Engagement den Klub vor dem finanziellen Ruin bewahrte.

Ein österreichisches Sammlerstück sucht man auf den 144 Seiten leider vergeblich, trotzdem ist das Werk auch für heimische Trikotfans interessant. Der Reiz besteht in der losen Aufeinanderfolge unterschiedlichster Designs und Hintergrundinformationen. So finden sich etwa der FC Carl Zeiss Jena, OGC Nizza und Shrewsbury Town gemeinsam auf einer Doppelseite wieder. Oder eben auch der VfL Bochum, Slovan Bratislava und der FC Barcelona.