Taktische Prinzipien bei gegnerischem Ballbesitz
Es sollte jedem Trainer und jedem Spieler seiner Mannschaft bewusst sein, dass es vier Phasen gibt und was in diesen zu tun ist. Verhaltensweisen gilt es für den Trainer also vorher zu etablieren und im Training mit Spielformen umzusetzen. Ein Artikel vo
Um im Verein eine einheitliche Strategie zu befolgen und somit einander als Trainer die Arbeit etwas zu erleichtern, wollen wir einen gemeinsamen Weg gehen. Deswegen werden die taktischen Prinzipien, die wir im Training einbauen wollen, hier aufgelistet. Die folgenden Punkte sollen auch als Coachingpunkte und Ziele für die Trainingsübungen gedacht sein. Eigene Punkte zu ergänzen ist natürlich wünschenswert.
Umschaltmoment nach Ballverlust
sofortiges, gemeinsam organisiertes Gegenpressing
Angriffsfortschritt des Gegners entschleunigen oder stoppen
Gegner vom eigenen Tor weg leiten
Rückpässe verfolgen
Ball gewinnen
Gegnerischer Ballbesitz
Kompaktheit vertikal und horizontal
ballorientiertes Verschieben
intensives, hohes Mittelfeld- oder Angriffspressing
Raumdeckung mit vereinzelten Mannorientierungen im eigenen Abwehrdrittel
Passwege belauern
Ball abfangen wichtiger als Zweikampf (sauberer Ballgewinn)
Verteidigen mit Raumdeckung
Das Konzept der Raumdeckung hat im Fußball schon längst Einzug gehalten, vielen ist es dennoch nicht sehr bekannt. Viele Trainer denken sie lassen mit Raumdeckung spielen, ballorientiertes Verschieben ist jedoch nur ein Teil davon. In der Raumdeckung gibt es, nach Wichtigkeit sortiert, folgende Referenzpunkte:
1. Wo ist der Ball? = Wie kann ich Zugriff auf den Ball bekommen?
2. Wo ist mein Mitspieler? = Wie kann ich die Schnittstelle zu gefährlichen Zonen versperren?
3. Wo sind die Gegenspieler und wie bewegen sie sich? = Wo ist jemand in einer gefährlichen Position?
Der Vorteil der Raumdeckung gegenüber der Manndeckung/Mannorientierung ist, dass sie proaktiv ist. Man selbst will bestimmen, wo man den Gegner hin leitet. Bei der Mannorientierung muss man auf die Bewegungen des Gegners reagieren, da man ihn ja verfolgt. Bei der Raumdeckung orientiert man sich am Ball und an den Abständen zum Mitspieler, verengt den Raum, versperrt Passwege und erarbeitet sich so Zugriff auf den Ball. Durch die Positionsorientierung und das bewusste Nutzen der Deckungsschatten kann man teilweise sogar mehrere Spieler vom Ballführenden abschneiden, also positionelle Überzahl erzielen, wo es keine numerische gibt.
Abbildung 1: Durch richtige Positionierung werden die Deckungsschatten genutzt und es wid eine positionelle Überzahl generiert. Der blaue Zentrumsspieler kann zwar angespielt werden, durch bogenförmiges Anlaufen aber auch wieder isoliert werden.
Verteidigen mit Mannorientierungen
Das mannorientierte Verteidigen ist wohl die häufigste Art der Verteidigung im heutigen Fußball. Das ballorientierte Verschieben hat sich mittlerweile bis zu den Amateurligen durchgesetzt, dies wird jedoch zu oft gleichgesetzt mit der Raumdeckung. Mannorientiertes verteidigen kann auch als „Mann-im-Raum-Deckung“ bezeichnet werden. Dies bedeutet, dass jeder Spieler bei gegnerischem Ballbesitz einen gewissen Raum besetzt. Befindet sich ein Gegenspieler in diesem Raum, dann muss dieser direkt gedeckt werden. Der Vorteil von Mannorientierungen ist, dass man stets Zugriff auf den Gegenspieler haben kann, da man ja eng bei ihm stehen soll. Mannorientierungen sind vor allem beim Gegenpressing, beim hohen Angriffspressing und in der Restverteidigung ein gutes Mittel. Mannorientierungen sind auch situativ einzustreuen, entweder auf bestimmte Spieler oder in bestimmten Situationen, wo man dadurch jemanden isolieren kann. Hier ist auch wieder der Zugriff auf den Gegenspieler die hauptsächliche Motivation.
Nachteilig können Mannorientierungen gegen dribbelnde Gegenspieler werden. Denn ist ein Spieler erst mal ausgespielt, dann steht man vor dem Dilemma: Attackiert man den Ballführenden und verlässt seinen zu deckenden Gegenspieler? Oder bleibt man bei jenem, und lässt den Ballführenden weiter dribbeln? Auch weiträumige Freilaufbewegungen, Positionstäusche oder Antäusch-Finten sind wirksame Mittel gegen Mannorientierungen. Ein weiterer Nachteil ist, dass man nur sehr schwierig zwei Gegenspielder decken kann, während man bei der Raumdeckung mithilfe des Deckungsschatten alleine mehrere Spieler unanspielbar machen kann.
Umschalten nach Ballverlust
Nach dem Moment des Ballverlustes gibt es einige Verhaltensweisen für Teams, die sie sich aneignen können. Übergreifend und vereinfacht kann man dies in „Gegenpressing“ und „Rückzug“einteilen. Beim Gegenpressing soll der Ballgewinner sofort wieder attackiert werden, beim Rückzug versucht man sich so schnell wie möglich vor dem eigenen Tor zu formieren und konzentriert sich auf die Endverteidigung.
Gegenpressing
Mit Gegenpressing bezeichnet man das organisierte, kollektive und sofortige Attackieren des Gegners nach eigenem Ballverlust. Dies ist nicht gleich zu setzen mit dem „Nachsetzen“, das individuell und willkürlich erfolgt. Das Gegenpressing sollte dann nochmal unterteilt werden. Das ballorientierte Gegenpressing orientiert sich primär an der Position des Balles, dieser soll von allen umliegenden Spielern attackiert werden, der Rest der Mannschaft verschiebt ebenfalls Richtung Ball. Beim spielraumorientierten Gegenpressing wird durch Deckungsschattennutzung der Raum verknappt und die Optionen für den Gegner abgeschnitten. Das passswegorientierte Gegenpressing fokussiert sich auf das Kappen der Verbindungen des Gegners und soll Fehlpässe provozieren. Das zugriffsorientierte Gegenpressing versucht mithilfe von situativen Mannorientierungen direkten Zugriff zu erhalten und Passoptionen zu decken.
Gegenpressing hat einige Vorteile. Zum einen ist es kraftsparender als der Rückzug, da man mit gutem Gegenpressing nach nur wenigen Sekunden den Angriff des Gegners abfangen, stoppen oder zumindest drosseln kann. Wird der Ball gewonnen, ergibt sich eine perfekte Kontersituation, da der Gegner gerade unorganisiert ist. Der Moment direkt nach dem Ballgewinn ist eine schwierige Aufgabe, da man sich hier erst neu orientieren muss. Genau das ist der Zeitpunkt, in dem das Gegenpressing greifen sollte. Ist das Gegenpressing jedoch nicht gut organisiert oder nicht intensiv genug, birgt es natürlich Gefahren. Große Lücken können in der Staffelung entstehen, die der Gegner ausnutzen kann.
Rückzug
Nach Ballverlust ist natürlich auch die Möglichkeit des Rückzugs gegeben. Mannschaften, die nur ungern vorwärts verteidigen nutzen diese Variante, jedoch auch mit einigen Anpassungen. Die direkte Verteidigung des Tores steht hier im Vordergrund, genauso wie die etwas simplere Stabilität des Abwehrkonstrukts. Ein kollektiver Rückzug der ganzen Mannschaft wird jedoch kaum praktiziert. Meist setzen ein, zwei ballnahe Spieler nach, um einfachen Raumgewinn für den Gegner zu verhindern, während die restlichen Spieler Zeit haben sich zu formieren und das Tor zu verteidigen. Der Vorteil des Rückzugs ist die Simplizität des selben. Nachteilig ist jedoch, dass man sich dadurch selbst in eine tiefe Position drängt. Wenn man in tieferen Zonen den Ball gewinnt, hat man selbst noch einen weiten Weg zum Tor, und kann somit durch Gegenpressing des Gegners am Ballvortrag gehindert werden.
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