Leverkusen-Coach Roger Schmidt: 'Ich glaube, RB Leipzig tut dem Osten Deutschlands extrem gut'
Zu Gast bei "Talk & Tore - Die Tipico Fußballdebatte" am Sonntag waren Leverkusen-Trainer Roger Schmidt, Ried-Coach Oliver Glasner und Sky-Experte Andreas Herzog. Hier einige Aussagen des von Gerfried Pröll moderierten Live-Talks.
Roger Schmidt:
...über Kritik an seiner Spielphilosophie: "Es wurde von Beginn weg angezweifelt, dass man so extrem spielen kann. Zu extrem, zu intensiv. Und nach den ersten Unentschieden wurde dann gesagt, ja haben wir gewusst, das geht nicht. Und als wir besser als Mannschaft abgestimmt waren, weiterentwickelt haben - wir waren auch nach der Hinrunde Dritter und nicht Achtzehnter - dann hieß es, das ging ja nur, weil sie das Spielsystem geändert haben."
"Das ist einfach nur eine Weiterentwicklung der Mannschaft sowie eine Abstimmung und gefestigtere Situationen bei den Spielern in den Köpfen. Wir sind nun sicherer in dem was wir tun und können uns jetzt im Detail bewegen. Wenn Sie sich das Spiel gegen Bayern München ansehen, dann haben wir 18 Meter vor dem Tor der Bayern attackiert. Ich weiß jetzt nicht, wo wir uns da zurück genommen haben. [...] Es wird immer so sein, dass wir versuchen aktiv zu sein, dass wir den Gegner dazu zwingen, ein intensives Spiel anzunehmen. Das bekommen wir immer wieder hin. Und deshalb schaffen wir es auch häufig, zu Null zu spielen."
"In den letzten zehn oder zwölf Spielen, international, im Pokal und der Liga haben wir noch drei Gegentore erhalten, davon waren zwei Elfmeter. Obwohl wir vorne attackieren. Weil wir vorne attackieren, bekommen wir wenige Gegentore. Nicht, weil wir uns zurück genommen haben und nun weiter hinten stehen, sondern weil wir ganz weit vorne stehen, kriegen wir wenige Gegentore. Das will halt nur keiner akzeptieren. Vor allem nicht die, die es vorher kritisiert haben.
...über die Champions-League-Ambitionen von Bayer Leverkusen: "Wir haben es in der eigenen Hand, das ist das Gute daran. Zweiter zu werden haben wir nicht mehr in der eigenen Hand. Aber wir können im direkten Vergleich an Gladbach vorbei kommen. Und deshalb ist das eine Situation, die realistisch für uns ist. Wir haben alle Chancen, das zu schaffen."
...verteidigt die Verpflichtung von Salzburg-Spieler Andre Ramalho: "Das weiß ich, dass Andre Ramalho kein Sprinter ist. Aber er ist natürlich ein sehr spielintelligenter Spieler, der in engen Räumen in der Lage ist, sehr gut zu antizipieren, dann auch seine Zweikämpfe zu gewinnen und daraus auch sehr gute Umschaltbewegungen zu kreieren. Er ist bei uns für das defensive Mittelfeld vorgesehen. Ich denke, dass er das sehr gut spielen kann. Das sieht man auch an anderen Spielern, dass hier die extreme Schnelligkeit nicht die wichtigste Facette ist, sondern andere Dinge."
...hat sich von Ralf Rangnick niemals bevormundet gefühlt: "Dass das immer ein Thema sein wird, ist ja klar. Wenn Ralf Rangnick als früherer Trainer kommt und sich einen jungen deutschen Trainer holt...dass das dann natürlich immer so aussieht, als würde er versuchen, Einfluss zu nehmen, denn eigentlich ist er noch der Trainer. Das war klar, dass das so kommen wird. Das Gefühl habe ich nie gehabt. Natürlich haben wir viel diskutiert und ich wollte auch die Erfahrungen und den Input haben, das war ja auch ein Grund dafür, hierher zu kommen. Trotzdem bin ich als Trainer davon überzeugt, dass der Trainer die Entscheidungen treffen muss. Der Trainer muss die Mannschaft führen, denn sonst kann sowas wie in dem Bericht gerade eben gar nicht entstehen. Wenn eine Mannschaft das Gefühl hat, dass jemand aus dem Hintergrund die Entscheidungen trifft, dann ist das von vorn herein zum Scheitern verurteilt. Das Gefühl hat mir Ralf auch nie gegeben. Wir haben teilweise kontrovers diskutiert, aber wir haben insgesamt, würde ich sagen, hervorragend zusammengearbeitet."
...zur Diskussion Traditionsvereine contra Werksklubs: "Ich sehe das aus einem anderen Blickwinkel. Ich glaube, RB Leipzig ist auch ein Verein, der dem Osten Deutschlands extrem gut tut. Und ich glaube, wenn irgendwann wieder ein ostdeutscher Verein in der Bundesliga spielt, das wird sicherlich nicht mehr so lange dauern, dann werden sich da sehr viele Leute drüber freuen. Dann wird auch diese Mannschaft für Furore sorgen und das ist auch okay so."
...über Häme nach dem CL-Aus gegen Atlético Madrid: "Da wurden wir ein bisschen mit Spott übersät. Da wurde ein wenig vergessen, was die Mannschaft in den beiden Spielen geleistet hat. Wir haben unglaublich viel investiert. Und letztendlich wurde es darauf reduziert: ihr seid zu dämlich, Elfmeter zu schießen. Dass es nicht ganz so einfach ist, ein Elfmeterschießen zu gewinnen, haben wir letzte Woche gesehen."
Oliver Glasner:
...war mit Roger Schmidt auch auf zwischenmenschlicher Ebene auf einer Linie: "Roger und ich, wir kannten uns nicht. Wir waren das erste Mal beim Abendessen, als der Co-Trainer-Posten vakant war. Da haben wir relativ schnell gemerkt, dass die Chemie passt, dass wir relativ ähnlich ticken. Und in diesem Bereich ticke ich genauso. Mir ist auch wichtig, dass die Spieler mit einem Lachen in der Früh kommen, dass sie gut und respektvoll miteinander umgehen. Und zu mir können sie auch jederzeit kommen, auch mit privaten Problemen. Viele Spieler sind das nicht gewöhnt, vielleicht auch einmal zum Trainer zu kommen, wenn ein Kind zu Hause krank ist und man mit den Gedanken nicht so am Fußballplatz ist. Den Menschen hinter dem Profi zu sehen, ist ganz wichtig. Dann ist die Wertschätzung für die Spieler da und das geben sie dann mit Vertrauen und Leistung zurück."
...lobt Stefan Lainer und möchte ihn noch gerne über die Saison hinaus in Ried behalten: "Natürlich hat er sich bei uns toll entwickelt. Es ist seine erste Bundesligasaison. Er hat vorher nur in der Sky Go Ersten Liga bei Liefering und eine kurze Zeit in Grödig gespielt. Aber er ist eine absolute Stammkraft mit seinem Willen, auch Lernwillen. Wenn man ihm etwas erklärt, dann schaut er dich mit seinen großen Augen an und man hat das Gefühl, er saugt alles wie ein Schwamm auf. Er ist sehr wissbegierig und das ist heute eine gute Voraussetzung um Dinge schneller umsetzen zu können. Er hat sich hervorragend entwickelt. Aber er ist auf jeden Fall einmal bis 31. Mai bei uns Spieler. Sollte er den Verein verlassen, dann werden wir sicher wieder eine passende Alternative finden."
Andreas Herzog:
...über Vereine in Österreich, für die er seine derzeitigen Ämter in Amerika niederlegen würde: "Für die Austria würde ich es sicherlich nicht machen. Die suchen zwar jemanden, aber es ist ja klar, so wie für Oliver Glasner die SV Ried ist mein Verein in Österreich natürlich Rapid Wien, das ist ganz logisch. Aber trotzdem muss man abwarten, was die Zukunft bringt. Momentan fühle ich mich sehr, sehr wohl."