Herzog spricht über die WM - und sein Wunschfinale
Andreas Herzog gibt im Sky Sport Austria Podcast DAB | Der Audiobeweis Spezial seine Einschätzungen zur WM in Qatar ab.
Wenn man sieht, dass der letzte Weltfußballer aus Brasilien der Kaká im Jahr 2007 war, dann weiß man, dass seit 15 Jahren nicht mehr dieser absolute Topkracher aus Brasilien dabei ist. D
Das Stadion wird sicher wieder voll sein, zu Gunsten von Marokko und wenn du erst ein Tor bekommen hast, dann kannst du dich schon auf eine super Defensive verlassen.
Andreas Herzog (Sky Experte):
…zum Viertelfinaltriumph der Kroaten über die Brasilianer: „Habe auch nicht mehr damit gerechnet, dass die Kroaten zurückkommen. Aber da sieht man auch die positive Mentalität der Kroaten, dass sie nie aufgeben. Sie haben eine richtig gute Generation. Waren im letzten WM-Finale, jetzt im Halbfinale. Also es ist kein Zufall.“
…mit seinem Resümee nach dem Spiel: „War nie von dem Spruch überzeugt ,Mentalität schlägt Qualität´, weil ich dachte, dass sich Qualität am Ende immer durchsetzt, aber diese WM und vor allem dieses Spiel hat doch gezeigt, dass Mentalität Qualität schlagen kann, wenn es draufankommt. War auch schon bei Marokko gegen Portugal so und auch bei den asiatischen Mannschaften in der Gruppenphase.“
…weiter zu den Brasilianern: „Und die Mentalität der Brasilianer ist für mich seit 2002 nicht mehr so, dass sie einen großen Titel holen können. Weil sie schwanken einfach zwischen euphorisch, wo sie nach einem Tor mit dem Trainer zu tanzen beginnen und wenn sie kurz vor Schluss ein Tor bekommen, dann bricht eine Welt zusammen und sie können sich nicht mehr auf die letzten Minuten fokussieren oder noch einmal pushen. Daher war es für mich nach dem Ausgleich keine Überraschung mehr, dass sich die Kroaten durchsetzen, weil die Brasilianer mit den Nerven schon ziemlich am Ende waren.“
…über die Wichtigkeit der Stürmer für das Brasilianische Spiel: „Wenn man sich ansieht, welche Stürmer-Pärchen sie hatten als sie Weltmeister wurden – auch wenn sie jetzt noch immer starke Stürmer haben – aber es ist nicht die absoluten Weltspitze. Und wenn man sieht, dass der letzte Weltfußballer aus Brasilien der Kaká im Jahr 2007 war, dann weiß man, dass seit 15 Jahren nicht mehr dieser absolute Topkracher aus Brasilien dabei ist. Der Neymar hätte die Qualität, aber er hat einfach nicht diesen Professionalismus dazu.“
…zu Kroatien und deren Fußball: „Man weiß ja, dass die Kroaten, aber auch die Serben und alle Spieler vom Balkan, mit dem Ball aufwachsen. Nicht nur im Fußball, ist in jeder Ballsportart so. Und sie sind Vize-Weltmeister. Diese Generation weiß ganz genau, was sie in entscheidenden Momenten zu tun hat. Und die Mischung passt einfach, dazu hast du noch einen Torhüter, der in den entscheidenden Phasen über sich hinauswächst.“
…über den kroatischen Elfmeter-Helden Dominik Livakovic: „Wenn du weißt, dass man einen Torhüter drinnen hat, der bei Elfmeter sehr, sehr stark ist, dann gibt das der Mannschaft schon einen zusätzlichen Halt.“
…über den Viertelfinalkrimi zwischen Niederlande und Argentinien: „Ist für mich wieder so eine Geschichte. Die Holländer haben zum Schluss zurückgefightet, mit zwei großen Stürmern. Bringen zwei Giraffen, die nicht kicken können und auf einmal waren sie klar besser als die Argentinier, drehen das Spiel von 0:2 auf 2:2, die Verlängerung geht los, das Momentum ist klar bei den Holländern und ich habe schon gesehen, wie der van Gaal zum Weghorst spricht: ,Kommst ein bisschen zurück, spielst irgendwo auf der Zehner-Position´ und genau das hat den Holländern wieder das Momentum genommen und daher sind sie ausgeschieden.“
…weiter mit seinen Erkenntnissen zu diesem Spiel: „Widerspiegelt die WM schon. Weil viele Mannschaften nehmen einmal wenig Risiko und wenn ihnen das Wasser bis zum Hals steht, nehmen sie Risiko und spielen Fußball und dann scheiden sie aber im Elferschießen aus und sind traurig. Nein, nehmt vorher ein bisschen mehr Risiko und dann müsst ihr beim Elferschießen nicht heulen, weil die Tränenflut bei der heurigen WM war schon extrem.“
…zum kommenden Halbfinale zwischen Argentinien und Kroatien: „Die Argentinier sind die Mannschaft, der schon oft das Wasser bis zum Hals gestanden ist und sie sind noch immer dabei. Messi wird auch von Spiel zu Spiel stärker, aber auch die Kroaten haben eine gute Mannschaft, sind abgebrüht. Wird ein enges Spiel und ich denke, die Mannschaft, die in Führung geht, wird es dann machen.“
…weiter mit seinem Finaltipp: „Auch wenn ich auf den Modric stehen, aber ein Finale Argentinien gegen Frankreich wäre schon das Non plus Ultra dieser WM.“
…über England gegen Frankreich: „Man sieht. Wenn die zwei Außenstürmer einmal nicht gut sind, so wie gegen England, dann kommt wieder eine klassische Nummer 9 zu tragen, Olivier Giroud. Der Didier Deschamps weiß seit Jahren ganz genau, was er an diesem Spieler hat. Und jetzt fehlt eigentlich noch der Benzema, aber der geht ihnen ja gar nicht ab.“
…weiter zu diesem Duell: „Für mich haben die Engländer eine phantastische Leistung geboten - waren fast besser als die Franzosen - die ich ihnen gegen Frankreich nicht zugetraut hätte.“
…über Cristiano Ronaldo: „Sein Trainer ist der Einzige, der über ihn urteilen kann. Aber dass eine Zeitung eine Umfrage macht, ob der Ronaldo noch spielen darf oder nicht und dann sind 90 Prozent dagegen, ist für mich eine Schweinerei hoch zehn, weil genau diese Leute sind ihm wahrscheinlich in den letzten 15 Jahren hinten reingekrochen bis ins Letzte. Aber ist in jedem Land so. Wenn die Zeit gekommen ist und du zeigst die ersten Schwächen, dann musst du dir einen Stahlhelm aufsetzen und darfst dich links und rechts nicht beirren lassen.“
…auf die Frage, ob das Wunder von Marokko weitergehen wird: „Wird kein Honigschlecken für die Franzosen. Das Stadion wird sicher wieder voll sein, zu Gunsten von Marokko und wenn du erst ein Tor bekommen hast, dann kannst du dich schon auf eine super Defensive verlassen. Glaube trotzdem, dass sich die Franzosen durchsetzen werden. Sie sind der große Favorit für mich.“
…über Frankreich-Trainer Didier Deschamps: „Habe gegen ihn gespielt, war ein richtiger Ungustl. Aber er hat die Spieler rund um ihn schon damals wie ein Trainer geführt, wie er es auch jetzt macht und daher ist er seit Jahren mit der beste Trainer der Welt und so erfolgreich.“