Sebastian Prödl: "Austria ist Patient auf der Intensivstation"
Sebastian Prödl - Ex-Teamspieler, seit wenigen Wochen im Aufsichtsrat der Wiener Austria, lässt im Podcast "Zweiterkette" mit brisanten Aussagen zum Nationalteam und der Austria aufhorchen.
Ich kann nicht für jeden die Hand ins Feuer legen, dass er da mit 100 prozentigem Stolz antritt
Die Austria ist weiterhin ein Patient auf der Intensivstation. Da bedarf es sehr viel Arbeit, damit der Verein wieder gesund wird.
„Der Fußballer an sich wird verwöhnt von vorne bis hinten“, sagt Sebastian Prödl, „du wirst eigentlich als Mensch verhätschelt und auf die Karriere danach überhaupt nicht vorbereitet“. Prödl muss wissen, wovon er spricht: als national – Sturm Graz – und international – 7 Jahre Bremen, 5 Jahre Watford, 1 Jahr Udinese – erfahrener Kicker hat er einiges miterlebt.
Seit knapp drei Wochen ist der 35-Jährige in Fußball-Pension und scheint sich in seinem neuen Leben gut zurechtzufinden. In der am morgigen Sonntag erscheinenden Folge des Podcasts ‚Zweierkette‘ spricht Prödl offen über seine Sicht auf den österreichischen Fußball, sein Engagement bei der Austria und lässt mit Aussagen über das Nationalteam aufhorchen.
Länderspiele eine "lästige Begleiterscheinung"?
Von 2007 bis 2018 war Sebastian Prödl Teil der österreichischen Nationalmannschaft - in Trainern gerechnet durfte er von Hickersberger bis Foda sieben Ären miterleben, nach 73 Einsätzen hat sein Wort Gewicht. Nach den ersten Spielen unter Teamchef Rangnick zieht Prödl eine vorsichtig positive Bilanz. Rangnick habe Schwung hereingebracht und durch Rotation mehr Konkurrenzkampf erzeugt, die nächsten Spiele werden zeigen, ob sich dieser Eindruck bestätigt. Die Qualität im Team sei in den letzten Jahren gestiegen, meint Prödl, "der österreichische Fußballer spielt mittlerweile in Salzburg oder im Ausland", Länderspiele könnten für einige im Kader "eine lästige Begleiterscheinung sein". Statt Urlaub wird die ohnehin lange Saison verlängert, in der Nations League standen zuletzt bekanntlich vier Spiele in zehn Tagen am Programm. "Ich kann nicht für jeden die Hand ins Feuer legen, dass er da mit 100 prozentigem Stolz antritt", so Prödl.
Kritik an Franco Foda vermeidet er, die Wege der beiden haben sich in Graz und beim ÖFB gekreuzt. Fodas Quote sei gut gewesen, meint Prödl, bemerkt dann aber auch: "Jetzt ist der erste Trainer da, bei dem ich das Gefühl habe: Der hat das alles erlebt, der kennt das, der weiß wie der Hase läuft". Zuvor sei die Wahl oft auf Trainer gefallen, denen die Erfahrung auf höchstem Niveau noch gefehlt hatte.
Der Intensivpatient Austria Wien
Sebastian Prödl ist aktuell als TV-Experte tätig, seit März sitzt er im Aufsichtsrat der Wiener Austria. Er habe kein Geld gegeben, um zu investieren, sondern um den Verein zu retten. "Das ist weiterhin ein Patient auf der Intensivstation. Da bedarf es sehr viel Arbeit, damit der Verein wieder gesund wird, bevor man irgendwelche Angriffsparolen verlautbaren darf".
Angesichts der jüngsten Neuverpflichtungen der Austria kann man wohl davon ausgehen, dass die wirtschaftliche Situation etwas entschärft werden konnte. Transfers wie der von Marko Raguž machen die Aussage Prödls, derzufolge "der österreichische Spieler sehr gefragt ist, aber sehr unter Wert verkauft wird" nicht weniger interessant. Die öffentlich kolportierte Ablösesumme für Raguž mag stimmen, oder auch nicht - für die Austria ist der Transfer mit einem Risiko verbunden. Nach Prödls These könnte es schwierig werden, das überwiesene Geld in Zukunft wieder hereinzuholen.
Das vollständige Gespräch von Thomas Trukesitz und Elisabeth Gamauf mit Sebastian Prödl gibt es ab morgen im Podcast 'Zweierkette' zu hören.