Vier Derbys ohne Auswärtsfans. Das war ein erster, erwartbarer, unumgänglicher Schritt.
Die beiden Wiener Klubs Austria und Rapid haben sich miteinander auf das verständigt, was der Strafsenat der Bundesliga sowieso beschlossen hätte, sie sind ihm de facto nur zuvorgekommen. Ein klitzekleines Zeichen.
Die riesengroßen Herausforderungen warten aber noch. Gemeinsam mit der Bundesliga werden FAK und SCR eine Arbeitsgruppe bilden, um ein neues Sicherheitskonzept zu erarbeiten und Wege zu finden, um Gewalt zu unterbinden.
Die Hoffnung, dass die Offenheit für externe Hilfe in diesen Prozessen nicht nur ein Lippenbekenntnis ist, besteht zumindest.
Strategien zu erarbeiten, die schockierende Szenen wie jene des 343. Wiener Derbys künftig vermeiden und dabei – das ist ein entscheidender Punkt – nicht nur klassische Repression vorsehen, wird eine Mammutaufgabe.
Sie kann nur gelingen, wenn alle betroffenen Parteien in die Prozesse eingebunden werden – und das auch zulassen. Das betrifft nicht zuletzt die Ultrà-Szene selbst, die alleine schon um ihres Fortbestands willen Kooperations- und Kompromissbereitschaft an den Tag legen muss.
Diese (Jugend-)Subkultur hat sich in den vergangenen Jahrzehnten autonome Räume im eigentlich wirtschaftlich bis in den letzten Winkel ausgebeuteten Kosmos Profifußball erkämpft, sie teilweise sicher auch zurecht eingeräumt bekommen.
Es wäre blauäugig zu behaupten, dass nicht zuletzt die Faszination der Fankurven junge Menschen in Österreich dazu bewegt, Bundesliga-Stadien zu besuchen.
Ohne Fan-Nachwuchs schafft sich der professionelle Fußball hierzulande mittel- bis langfristig ab. Die Kurvengänger von heute sind die Sitzplatz-Konsumenten von morgen.
Nichtsdestoweniger muss auch die Ultrà-Szene mit all ihren eigenen Regeln, Codes und Ritualen anerkennen, dass sie im Fußball-Kosmos Teil eines großen Ganzen ist, deshalb auch gesellschaftlich definierte rote Linien nicht überschreiten darf.
In jenen Momenten, in denen Außenstehende unschuldig in Auseinandersetzungen einbezogen werden, ist definitiv eine rote Linie überschritten.
Um das auch in Ausnahmesituationen – eine solche ist ein Wiener Derby, dem sind sich die Szenen beider Vereine gewiss – zu verhindern, braucht es zuerst Einsicht und dann Hilfe von außen (Sozialarbeit!).
Wer das nicht zulässt, wer sich nicht einmal ansatzweise kooperativ zeigt, wird sich in einer Spirale der Repression wiederfinden. Und daran kann niemand Interesse haben.