Thomas Janeschitz: "Es ist verlockend, einen bekannten Spieler als Trainer zu holen"
Thomas Janeschitz, Chef der Trainerausbildung des ÖFB, spricht im Interview mit 90minuten.at über die Bevorzugung von Ex-Profis, verstärkte Taktiklehre und warum österreichische Trainer international trotzdem nicht gefragt sind. Interview: Gerald Gossma
Thomas Janeschitz, Chef der Trainerausbildung des ÖFB, spricht im Interview mit 90minuten.at über die Bevorzugung von Ex-Profis, verstärkte Taktiklehre und warum österreichische Trainer international trotzdem nicht gefragt sind.
Interview: Gerald Gossmann
90minuten.at: Wie viele Kursteilnehmer sind im aktuellen UEFA PRO Lizenz Kurs?
Janeschitz: Vierzehn. Mehr werden nicht aufgenommen.
Wie viele Bewerber gibt es?
Im Schnitt um die 50.
Welche Kriterien muss man erfüllen um aufgenommen zu werden?
Wir haben Selektionsrichtlinien. Die Spielerkarriere und Trainerkarriere werden berücksichtigt. Ab UEFA A-Lizenz braucht man mindestens ein Jahr Trainertätigkeit. Wir bewerten dann das Zeugnis von der A-Lizenz und es gibt eine Potentialanalyse aus sportpsychologischer Sicht. Vier Bereiche werden bewertet, es gibt eine Punkteliste und die Punktebesten werden dann in den Kurs aufgenommen.
Ex-Profis haben also bessere Chancen aufgenommen zu werden.
Ja, deshalb haben wir drei Bereiche dazu genommen, damit man Punkte auch aufholen kann. Tatsache ist: Wenn einer keine gute Spielerkarriere hatte, muss er vermehrt Punkte in den anderen Bereichen sammeln. Im Vorjahr hatten wir den Thomas Hofer und den Scherb Martin dabei, die keine Spitzenkarriere als Spieler hatten und trotzdem in den Kurs aufgenommen wurden. Die schafften das über ihre Erfolge als Trainer.
Wie ist das Verhältnis von ehemaligen Profis und Nicht-Profis heuer im Kurs?
Heuer ist es so, dass alle Kursteilnehmer Profispieler waren. Es sind sehr renommierte Namen wie Kühbauer, Vastic, Pfeifenberger und Hütter darunter.
BW Linz Trainer Thomas Weissenböck (kein ehemaliger Profi) muss seit vier Anläufen auf einen Platz warten. Obwohl ihm hohe Fachkompetenz bescheinigt wird. Warum?
Er war immer angemeldet und ist knapp gescheitert. Heuer war es dann wirklich so, dass nur Ex-Profis dabei sind.
Das heißt in Österreich sind Trainerkarrieren á la Thomas Tuchel oder Jürgen Klopp, die beide nur in unteren Ligen spielten aber große Trainer wurden, schwer möglich?
Das glaube ich nicht. Weil es die Möglichkeit gibt über Trainererfolge gepaart mit Vorleistungen in der Ausbildung hinein zu kommen.
Im Endeffekt dürften aber die Punkte, die man für den Ex-Profi-Status bekommt entscheidend sein, ansonsten wären nicht ausschließlich Ex-Profis im Kurs oder?
Der Schlüssel dafür ist leicht erklärbar: für eine ehemalige Profikarriere gibt es 20 Punkte, für die Trainerkarriere 20 Punkte, für das Zeugnis im A-Lizenz-Kurs ebenfalls 20 Punkte und für die Potentialanalyse 40 Punkte.
Jetzt könnte man sagen: der Ex-Profi hat es vielleicht durch den berühmten Namen leichter im Trainergeschäft, hat schneller einen Job weiter oben und damit schnell 40 Punkte vorab beisammen.
Das mag sein, liegt aber nicht an unseren Kriterien, sondern an den Vernetzungen unter den Klubs und Trainern. Der Kühbauer und der Vastic hatten halt schnell gute Jobs. Es ist für die Verantwortlichen der Vereine schon verlockend einen bekannten Spieler als Trainer zu holen. Das bringt ihnen dann auch Vorteile. Und das System ist bereits unter meinen Vorgängern beschlossen worden und ich habe keinen Anlass bekommen das zu verändern. Aus meiner Sicht ist es schlüssig.
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Früher konnte man als Ex-Profi einige Ausbildungsschritte überspringen und gleich mit der A-Lizenz einsteigen. Wie ist das heute?
Es gab einen Kurs vor meiner Zeit bei dem es so war. Aber wir haben eine neue Ausbildungsstruktur beschlossen. Es wird für die ehemaligen Berufsspieler nicht mehr möglich sein in die A-Lizenz direkt einzusteigen. Es wird ihnen zwar der Einstieg erleichtert, aber sie müssen vor dem A-Lizenz-Kurs einen Grundkurs besuchen und zusätzlich Praxis vorweisen.
Wie lange dauern A-Lizenz und Pro-Lizenz?
Die A-Lizenz dauert fünf Wochen, 250 Unterrichtseinheiten. Die Pro-Lizenz ebenso, aber in Modulform. In der neuen Struktur wird die Pro-Lizenz auf 400 Unterrichtseinheiten erweitert werden.
Welche Schwerpunkte werden in der Ausbildung für Trainer gesetzt?
Wir orientieren uns natürlich an den internationalen Standards. Der Fußball bleibt ja nicht stehen. Das ist klar, dass wir hier die Inhalte entsprechend verändern.
Wie gut sehen Sie die österreichische Trainerausbildung im internationalen Vergleich?
Sie hat international einen sehr hohen Stellenwert. Das wird auch von UEFA-Seite immer wieder honoriert und bekannt gegeben. Wir sind sicher ein Land mit hohen Ansprüchen und überschreiten alle Mindestanforderungen der UEFA. Wir sind auf sehr hohem und gutem Niveau.
Woran liegt es dann, dass kein österreichischer Trainer im bedeutenden Fußballausland als Trainer tätig ist?
Das hängt sicher mit dem Stellenwert des österreichischen Fußballs zusammen. Ich denke, wenn da größere Erfolge wieder stattfinden, wird auch das besser werden. Aber der österreichische Fußball genießt derzeit wenig Ansehen. Das geht wirklich nur über Erfolge, dann kommt uns das international wieder zu gute.
Spieler haben keine Probleme mit dem geringen Ansehen des österreichischen Fußballs. Sie wechseln zu guten Klubs in gute Ligen.
Bei den Spielern funktioniert das seit Jahren sehr gut. Die Spieler sind gut ausgebildet und kommen verstärkt ins Ausland. Wenn das auf Trainerseite auch passieren würde, wäre es natürlich ein Riesenerfolg.
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Constantini hält Taktik für überbewertet, Pacult fordert von seiner Mannschaft sich am Feld selbst zu organisieren. Wird die jüngere Trainergeneration im taktischen Bereich besser ausgebildet?
Ich glaube, dass sich die jetzige Trainergeneration schon verändert hat. Unsere Methoden werden geschätzt und gut angenommen. Wir messen uns an internationalen Maßstäben, was auch mein Anspruch ist.
Einer der aktuellen UEFA PRO-Lizenz Teilnehmer, Didi Kühbauer, hat kürzlich gesagt: „Wenn ein 25-jähriger Spieler seine Laufwege nicht kennt, dann kann ich sie ihm auch nicht mehr beibringen.“ Wieder eine Absage an Taktik, von einem der neuen Generation, oder?
Ich will jetzt keine Traineraussagen, wo ich den Zusammenhang nicht kenne, kommentieren. Aber grundsätzlich kann man jedem Menschen immer etwas beibringen. Darauf arbeiten wir in den Kursen auch hin. Wir versuchen auch Trainern etwas beizubringen, die schon etwas älter als 25 sind. Spielern kann und muss man immer etwas beibringen.
Wie viel Stellenwert nimmt Taktikschulung in der Trainerausbildung ein?
70 Prozent werden für den technisch/taktischen Bereich verwendet. Wir haben jetzt auch einen Praxisanteil, wo wir mit den Trainern am Platz die Taktik erproben. Das war zu meiner Zeit, in der ich die Ausbildung gemacht habe, fast gar nicht der Fall.
Welchen Stellenwert hat ein Trainer für eine Mannschaft? Welche Aufgabe hat beispielsweise ein A-Teamchef, was kann er bewegen?
Ich denke, dass als Trainer immer etwas möglich ist. Durch konsequente Arbeit können Erfolge erzielt werden. Das Nationalteam bietet natürlich andere Vorraussetzungen, weil der Trainer die Mannschaft nicht täglich betreuen kann. Im Team geht es darum den Teamspirit zu entfachen. Im Grunde wird ein Trainer sonst nicht viel tun können, da er sehr kurz mit der Mannschaft zusammen ist. Ich denke aber trotzdem, dass er eine Spielphilosophie hineinbringen kann, wenn man längere Zeiträume mit der Mannschaft hat. Man braucht als Trainer auf jeden Fall Zeit.
Paul Gludovatz hat einmal gemeint, dass man als Vereinstrainer auf verschiedene Komponenten Einfluss nehmen kann, als Teamchef ausschließlich auf den taktischen Bereich.
Ja, da hat er schon recht, der taktische Bereich ist wichtig. Man kann sicherlich auch im psychologischen Bereich arbeiten. Technisch und Konditionell wird weniger möglich sein.
Danke für das Gespräch!
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