Ein Legionär hat´s schwer

Die internationalen Topligen haben ihre Saison gespielt und der heimische Fußball darf sich über die größte Anzahl an Stammspielern im Ausland seit einer halben Ewigkeit freuen. Harnik ist Topscorer in Stuttgart, Fuchs ist im ZDF-Team des Jahres und somit


Kühbauer: "Wer spielt wo und wie oft und wie?"

Didi Kühbauer meckerte erst am Wochenende in der „Presse am Sonntag“: „Wir träumen von tollen Legionären, aber wie sieht das im Detail aus? Wer spielt wo und wie oft und wie? Vor allem auf welchen Positionen?“ Nachsatz: „Setzt es Niederlagen, dann sind immer die Trainer schuld.“ Kühbauer Logik halt. Die Spieler sind schuld, nicht der Trainer, zu dessen Spezies er mittlerweile ja selbst gehört. Da muss man mithelfen beim Verteidigen. Was, wenn man selbst mal Teamchef ist, dann erwartet man auch Schützenhilfe von Trainerkollegen.

 

Seine Argumente sind unsachlich, hier die Fakten: Österreich kann ohne Probleme eine Nationalmannschaft ausschließlich mit stamm- und gut spielenden Legionären bilden.

 

Die Stürmer: Janko (14 Tore für Twente, bester Scorer), Maierhofer (bis zu seiner Verletzung Stammspieler in Duisburg), Hoffer (trotz geringer Einsatzzeiten 5 Treffer erzielt), Arnautovic (3 Treffer, 3 Assists, zuletzt Reservist)

 

Auf den offensiven Außenbahnen stehen die dribbelstarken Korkmaz (Stammspieler Bochum, vor dem Aufstieg in die Deutsche Bundesliga) und Martin Harnik (17 Tore für den VfB Stuttgart und Stammspieler) zur Verfügung. David Alaba als zentraler Spieler für den Spielaufbau (Stammspieler, Hoffenheim) und Andi Ivanschitz (Mainz, kämpfte sich in die Mannschaft zurück).

 

Die Abwehr strotzt vor Auswahlmöglichkeiten: Pogatetz (Hannover) und Fuchs (Mainz) sind Stammspieler bei ihren Vereinen, beide zählen zu den besten Abwehrspielern der Deutschen Bundesliga, erreichten einen Europacupstartplatz und stehen vor Wechsel zu absoluten Spitzenklubs.

 

Für ein modernes Spiel wäre ein Haufen von Stammspielern im Ausland vorhanden. Dazu kommen noch Dragovic (Basel), Scharner (Westbromwich), Dag (Besiktas), Ibertsberger (Hoffenheim) und Prödl (Bremen). Im Vergleich zu früheren Jahren ein Haufen an Stammspielern die auch Leistung bringen.




 

Realitätsverdrehung mit System


In Österreich konzentriert man sich trotzdem auf Negatives. Wolfang Feiersinger sagte kürzlich: „Wir haben keine Führungsspieler mehr, wie früher mich, Polster oder Wohlfahrt." Und vergisst dabei, dass ein Harnik bereits nicht weniger oft trifft als ein Polster damals bei Köln. Und ein Fuchs oder Pogatetz einen Feiersinger längst vergessen gemacht haben.

 

Didi Kühbauer meckert trotzdem: „Wo sind die Kreativen? Es gibt genug Radlfahrer und Spitzschießer, aber wer kann jemanden ausspielen?“ Beide verweigern dabei die Fußballrealität, in der im heutigen Fußball immer öfter ein System Ideen kreiert und nicht mehr ausschließlich der Einzelspieler. Abgesehen davon, dass Harnik, Arnautovic, Korkmaz, Janko, Ivanschitz, Alaba & Co. durchwegs Fußballspielen können.

 

Auch Medien kritisieren: „Nur 2 Legionäre haben die Chance Meister zu werden.“ (Krone)

 

„Österreicher bei Spitzenklubs sucht man vergeblich…Österreicher taugen nicht zu  Führungsspielern…Auch für  Didi Constantini muss das Beobachtete für Ernüchterung sorgen…Nicht einmal Martin Harnik zählt in Deutschland zum Stammpersonal.“ (Presse am Sonntag vom letzten Wochenende)

 

Aber woran liegt die Geringschätzung der Legionäre im eigenen Land? Eine Vervielfachung der Anzahl der Legionäre samt Stammplätzen in Topligen kann doch nicht gleichzeitig einen Anstieg der Kritik zur Folge haben. Oder doch?

 



Constantini: "Wir müssen unsere Spieler in Topligen unterbringen."

Beim fußballbegeisterten Publikum haben Legionäre seit den letzten Länderspielen einen schweren Stand. Constantini weiß das und versucht daraus Kapital zu schlagen. Kürzlich sagte er zur Zukunft des österreichischen Teams: „Wir müssen unsere Spieler in Topligen unterbringen. Und zwar bei Vereinen die in der Champions Leaque mitspielen. Gelingt dies haben wir eine Chance.“

 

Hat es vor ein paar Jahren noch geheißen, wir müssen unsere Spieler im Ausland unterbringen (Stammplätze in der Deutschen BL wären da schon eine Sensation gewesen), um erfolgreich zu sein, werden jetzt Stammplätze bei internationalen Champions-Leaque-Klubs gefordert.


Das Konzept des Teamchefs dabei ist durchschaubar: die vorhandenen Mittel reichen nie. Es wird also eine noch höhere, vielleicht sogar unrealistische, Forderung ausgegeben, die es zu erreichen gilt. Auch wenn der Teamchef mehrfach der Planlosigkeit überführt wurde, trotzdem kassieren gerade wieder die Spieler und Legionäre den schwarzen Peter und werden zur Weiterentwicklung angehalten.

 

Franz Beckenbauer sagt, dass jeder Spieler in unserer Nationalmannschaft ein sehr guter ist. Und schüttelt den Kopf, wenn Österreich das Potential seiner Legionäre gering redet.

 



Keine Lobby für Spieler

Dahinter steckt aber System: Würden die Leistungen der Spieler von der Öffentlichkeit entsprechend gewürdigt werden, würde nach Niederlagen des Teams ein einziger Schuldiger übrig bleiben. Der Teamchef. Also müssen die Leistungen der Legionäre kleingeredet und die Forderungen an sie in die Höhe geschraubt werden.

 

Österreichs Fußballszene aus Funktionären, Experten und Medien zeigt sich dabei in ihrem Umgang mit den Legionären gut vernetzt. Die Lobby der Spieler bleibt eine nicht vorhandene. Wurden vor den letzten beiden Länderspielen die Leistungen der Legionäre zurecht gewürdigt, wurde zurecht vom besten Team seit 98 geschrieben, hat es nach den Niederlagen des Teams wieder einmal funktioniert, dass auf Dauer nicht der Trainer, sondern die Spieler zur Verantwortung gezogen werden.