Nur nicht wieder österreichern
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Nur nicht wieder österreichern

Österreichs Nationalteam muss heute seiner Favoritenrolle gegen Norwegen gerecht werden. Unabhängig vom Ausgang wird es wichtig sein, auch öffentlich ehrlich zu analysieren.

Die Kritik am Rasen in Ljubljana nach dem Nations-League-Spiel zwischen Slowenien und Österreich ist unser Momentum am Montag.

"Die Platzverhältnisse waren eine Vollkatastrophe", sprach Teamchef Ralf Rangnick nach dem 1:1 zum Nations-League-Auftakt ins Mikrofon. Die Spieler taten es ihm gleich, Patrick Wimmer hatte "Riesenprobleme, den Ball unter Kontrolle zu bringen", Romano Schmid sprach ebenfalls von den Widrigkeiten, auch wenn er nachschoss: "Das soll keine Ausrede sein."

Das, so der Offensivmann, wäre nämlich auch für die Slowenen so gewesen. Das Unentschieden war letztlich gerecht, dass Österreich mehr Schüsse abgab (acht vs. elf), ergibt sich fast automatisch aus dem Umstand, dass Rot-Weiß-Rot der Favorit ist. Slowenien trug dem Rechnung, hatte deutlich weniger Ballbesitz und wer hierbei 63 Prozent hat, hat öfters die Chance den Ball Richtung Tor zu bringen. Das wiederum sagt wenig über die Qualität der Abschlüsse aus: Gemäß xG-Wert waren die Torchancen der Slowenen sogar leicht besser (1,07 vs. 1,01). 

Vor allem aber Teamchef Rangnick schlug mit dem Verweis auf den Rasen einen Pflock ein, wie das Spiel einzuschätzen ist. Bereits im ersten Satz der Analyse nach dem Spiel beim ORF sprach Rangnick die "widrigen Bodenverhältnisse" an und somit wird das auch als erster Satz des Statements in den Gazetten weitergegeben. Und das ist nicht gut.

Keine Ausreden bitte

Klar, die Slowenen sind keine Jausengegner. Die Slowenen zeigten bei der EURO mit drei Remis in der Gruppenphase und dem Einzug ins Achtelfinale auf. Dort musste man sich den Portugiesen erst im Elfmeterschießen geschlagen geben.

Allerdings liegen sie in der FIFA-Weltrangliste auf Platz 52. Österreich ist 22. Auch ein Blick auf die Arbeitgeber zeigt diese Überlegenheit, selbst wenn einige österreichische Legionäre verletzt sind. 

In manchen Mannschaftsteilen kann man sicherlich darüber diskutieren, ob Spieler X besser ist als Y, aber gerade im Mittelfeld zeigt sich ein klarer Unterschied. Roter Stern Belgrad, Panathinaikos, Salernitana und Udinese können im Normalfall mit RB Leipzig, Werder Bremen, vor allem Borussia Dortmund und Bayern München nicht mithalten.

Am Platz aber waren die grundsätzlichen Kräfteverhältnisse abgesehen von den eingangs erwähnten Abschlussstatistiken auf 90 Minuten gesehen ersichtlich. Österreich hat sein Spiel nicht auf das Geläuf gebracht und folglich nicht gewonnen.

Wie hätte die (Medien-)Öffentlichkeit reagiert, wenn Rangnicks Vorgänger sich nach so einem Spiel hingestellt hätte und gleich einmal den Rasen kritisiert hätte?

Georg Sohler

Wie hätte die (Medien-)Öffentlichkeit reagiert, wenn Rangnicks Vorgänger sich nach so einem Spiel hingestellt hätte und gleich einmal den Rasen kritisiert hätte? Richtig, mit sehr weit angehobenen Augenbrauen.

Das könnte Rangnick wissen

Wohin man nach dem Spiel schaute - Schmids Wunsch, dass der schlechte Platz keine Ausrede sein durfte, wurde in der medialen Nachberichterstattung kaum nachgekommen. Aber das eine sind die Spieler, das andere der Übungsleiter. 

Eigentlich müsste Ralf Rangnick mit all seiner Erfahrung wissen, was von einer Analyse übrig bleibt. Wer den RB-Fußball kennt, weiß schon, dass Präzision in der Offensive und ein stringentes Anpressen und/oder Durchsichern bis in die Abwehr nach hinten unglaublich wichtig sind.

Das ist auf einem holprigen Platz schon alles ein bisschen schwieriger. Und manchmal – siehe Türkei gegen Österreich – mag es wirklich sein, dass es die Fußballgötter aus etwas unerfindlichen Gründen schlecht mit dem eigenen Team meinen. Aber in dem Fall hätte man sagen können oder sogar müssen: "Wir waren heute nicht gut genug, haben nicht in unser Spiel gefunden und das gilt unabhängig von allem anderen."

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Das Trainerteam, hier die Co-Trainer Peter Perchtold, Lars Kornetka und Onur Cinel, werden intern wohl anders sprechen

Zweiter Anzug?

Intern wird man das hoffentlich ganz anders aufarbeiten, warum man der Öffentlichkeit die Wahrheit nicht zumuten will, ist hinterfragenswert. Die Konstellation wird in allen Spielen im Nations-League-Herbst und in den allermeisten in der WM-Quali gleich bleiben: Österreich ist Favorit und muss gegen einen eher defensiven Gegner, der vermutlich einige gute (Konter-)Stürmer hat, Lösungen suchen.

Die Qualität, eine Abwehr zu knacken, in der die Spieler bei Roter Stern Belgrad, Górnik Zabrze und Orlando FC (sowie Udinese) spielen, haben auch Bundesligakicker wie Matthias Seidl, Thierno Ballo oder wer sonst noch auf der Abrufliste stand oder stehen wird. Daran gibt es wenig zu rütteln.

Am Ende kommt es darauf an, wie die Spielprinzipien umgesetzt werden. Es ist einfach ungeschickt und insgesamt etwas unverständlich, dass das Erste, was man nach einem solchen Spiel sagt, irgendetwas ist, was man nicht beeinflussen kann. Irgendwas ist immer – Platzverhältnisse, der Schiedsrichter, das Wetter. So etwas anzuführen, ist leider sehr österreichisch.

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