Adé, neues Happel-Stadion
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Adé, neues Happel-Stadion

In einem Interview erteilt Klaus Mitterdorfer allen Träumen, in Wien könnte ein neues Multifunktions-Stadion errichtet werden, eine deutliche Absage. Vielleicht die letzte verpasste Chance auf viele Jahre.

Ein Interview von ÖFB-Präsident Klaus Mitterdorfer mit der "Kleinen Zeitung" ist unser Momentum am Montag.

6. Juni 2022. Österreich spielt ein Heimspiel gegen Dänemark, unmittelbar nach Spielende öffnet sich ein knietiefes Loch am Spielfeld. Laut einem Gutachten war dies ein Zusammenspiel aus dem "Verfüllungszustand" des 1929 errichteten Kanals und wechselnden Grundwasserständen, starke Regenfälle hatten letztlich zum Loch geführt.

Diese Episode – uralte Infrastruktur, die nicht mehr zeitgemäß ist – steht exemplarisch für das Happel-Oval. Die größte Chance, das Stadion zukunftsfit zu machen, wurde bereits im Vorfeld der EM 2008 in Österreich und der Schweiz verpasst. Alle weiteren wurden in Folge ebenfalls liegen gelassen.

Modernisierung angekündigt

Im Herbst 2023 beschloss der Wiener Gemeinderat allen Neubauwünschen zum Trotz eine Modernisierung. Rund 100 Millionen Euro beträgt der Kostenrahmen. Dabei gehe es vor allem um ein neues, mobiles Dach, Photovoltaik und mehr Trainingsplätze.

Die Stadt Wien argumentierte, dass über 90 Prozent des Umsatzes von Open-Air-Konzerten kämen, Teile des Stadions sind bekanntlich denkmalgeschützt. Wiewohl dieser Punkt umstritten ist, stellte Sportstadtrat Peter Hacker (SPÖ) klar: "Sollte ein Sponsor eine Milliarde Euro vor die Türe legen, dann haben wir immer noch das Thema Denkmalschutz." Wien hat gesprochen, Sache erledigt. Als Ziel wurde das Jahresende 2026 ausgegeben.

Lippenbekenntnis Nationalstadion

Nachdem sich Sport aber für alle politischen Parteien zur Profilierung eignet, kündigte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) im Rahmen der Präsentation seines Österreich-Plans im Jänner 2024 den Bau eines neuen Nationalstadions ein. "Das ist eine Trendumkehr. Ich bin im positiven Sinne überrascht. Bisher ist es eher schleppend verlaufen, wenn man mit dem Bund über Infrastruktur-Kooperationen verhandelt hat", kommentierte Hacker.

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Noch im Frühjahr war Klaus Mitterdorfer nicht so schlechter Dinge, dass ein Neubau gelingen könnte.

Denn am Ende geht es wohl ums Geld. Das bestätigte Sportminister Werner Kogler (Grüne) Anfang Mai bei 90minuten. Gegen einen Neubau sei nichts einzuwenden, die Kosten würden eben "weit jenseits der 500-Millionen-Euro-Grenze" liegen. Das freute auch ÖFB-Präsident Mitterdorfer, der im Vorfeld der EURO im 90minuten-Exkusiv-Interview erklärte: "Jetzt sind wir auf einem guten Weg hinsichtlich Weiterentwicklung des Ernst-Happel-Stadions." Er wollte, "lästig" bleiben, so wie schon seine Vorgänger Milletich und Windtner. Eine Weiterentwicklung ist nicht zu erkennen.

Der Mut, der fehlt

Dass die Stadt Wien kein reines Fußballstadion neu bauen würde, ist logisch. Nun scheint ein Neubau einer Multifunktionsarena aber ganz vom Tisch. Zwar vermutete Mitterdorfer Anfang Juni noch ein offenes Ohr für die Notwendigkeit einer modernen Arena, die wird jetzt aber nicht in Form eines Neubaus entstehen: "Da sind wir mit einer geplanten Adaptierung des Wiener Happel-Stadions auf einem sehr guten und realistischen Weg", so der ÖFB-Präsident in dem Interview. Es scheint, als ob Mittedorfer resigniert hat.

Vielleicht wäre ein größerer sportlicher Erfolg bei der Europameisterschaft hilfreich gewesen. ÖFB-Teamchef Ralf Rangnick brennt jedenfalls für ein neues Stadion, was er auch bei jeder ihm sich bietenden Gelegenheit betont. Alleine stemmen kann der ÖFB ein derartiges Vorhaben nicht, selbst ein Investor wird nicht 500 Millionen Euro und mehr bringen. Bund und Land sind offenbar nicht bereit, eine derartige – von vielen als notwendig erachtete – Investition politisch zu vertreten.

Die Regierungsparteien ÖVP und Grüne stellen sich im Herbst einer Wahl, Wiens Stadtregierung, bestehend aus SPÖ und NEOS möchte sich 2025 bestätigen lassen. Da fehlt offensichtlich der Mut, in anderen Bereichen wird Geld ja auch verteilt. Ohne (politischen) Willen heißt es demzufolge: kein neues Stadion. Und der ÖFB hat es die vergangenen 15 Jahre auch nicht geschafft, ein Konzept zu entwickeln, das all diese Stakeholder überzeugt. Schade.

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