Stögers drei Probleme in Gladbach

Stögers drei Probleme in Gladbach

Kevin Stöger kam als großer Hoffnungsträger zu Borussia Mönchengladbach, sollte dem Fohlen-Kader Mentalität und Standard-Stärke hinzufügen. Warum das bis jetzt misslungen ist, es aber durchaus Grund zum Optimismus gibt.

Im vergangenen Sommer waren sich alle Beteiligten sicher, Teil eines großen Coups zu sein. Die Verantwortlichen von Borussia Mönchengladbach, weil es gelungen ist, den umworbenen Bochumer Relegations-Retter zu verpflichten, der Standards schießen kann wie einst Juan Arango und dem oft schläfrig wirkenden Kader eine gehörige Portion Sieger-Mentalität einzuflößen vermag.

Und Kevin Stöger selbst, der nach eher beschaulichen Stationen wie Bochum, Mainz oder Düsseldorf endlich bei einem großen Traditionsklub gelandet ist, der eine glänzende Historie aufweist und in ganz Europa viele Anhänger hat.

Doch ein dreiviertel Jahr später schauen beide Parteien eher bedröppelt drein, wie man am linken Niederrhein sagt, wenn es überhaupt nicht läuft. Schmale sieben Scorerpunkte (Drei Tore, davon zwei Elfmeter, sowie vier Vorlagen) stehen bei Stöger nach 31 Runden in der Bilanz, zuletzt kam er, wie am letzten Spieltag gegen Kiel in der 80. Minute, fast nur als Joker zum Einsatz.

Und die Standards des 31-Jährigen verpuffen meist so wirkungslos wie eine Silvesterrakete ohne Schwarzpulver. Was sind die Gründe, warum es für Stöger, der gerade einmal auf 51 Prozent aller möglichen Spielminuten kommt, in Gladbach nicht funktioniert?

Faktor Erwartungshaltung:

Nach dem Relegationswunder gegen Fortuna Düsseldorf kam Stöger mit einer ganz breiten Brust nach Gladbach. Fast wirkte es so, als hätte er im Alleingang das 0:3 aus dem Hinspiel gedreht und den VfL Bochum in der Bundesliga gehalten. Vor allem seine Ansage nach dem Hinspiel ("Wenn die bei uns 3:0 gewinnen können, können wir das auch") wurde auch in Gladbach mit viel Wohlwollen registriert. Endlich mal einer, der sich traut, Ansagen zu machen.

Noch will es nicht wirklich laufen in Gladbach
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Noch will es nicht wirklich laufen in Gladbach

Das kann einer bisweilen lethargischen Fohlen-Elf, die sich in der Saison zuvor oft willenlos ihrem Schicksal ergab, ja nur guttun. Stögers "Problem": Mit Tim Kleindienst wurde im Sommer ein weiterer Spieler verpflichtet, der genau diese Eigenschaft in noch größerem Ausmaß mitbrachte und verteilte. Und der im Gegensatz zum Österreicher auch auf Anhieb einschlug, Tore schoss, Mitspieler und Fans mit seiner Art mitriss. Womit sich Stöger als Ergänzungsspieler naturgemäß schwertut.

Faktor Standards:

In Gladbach träumen sie seit Langem davon, wieder einen Typen wie Juan Arango zu haben, der Freistöße auch mal direkt in den Winkel schießt und Ecken punktgenau auf den Kopf des Mittelstürmers zirkelt. Und tatsächlich: Nach einer Traumvorlage gleich in der 1. Bundesliga-Runde gelang Stöger am 3. Spieltag ein Assist per Ecke gegen Stuttgart.

Allein: Es war seine letzte Torvorbereitung aus einem ruhenden Ball bis heute. Im Gegenteil: Mit Fortdauer der Saison bekommen Beobachter den Eindruck, Stöger wolle immer etwas Besonderes machen und verhaspelt sich dabei total. Verkrampfung, die kontraproduktiv wirkt und noch selten zu großen Erfolgen geführt hat.

Faktor Konkurrenz:

Im 4-2-3-1-System von Trainer Gerardo Seoane ist Stöger für die Zehner-Position vorgesehen, als Einfädler hinter der Solo-Spitze Tim Kleindienst. Sein Konkurrent ist Alassane Plea, den viele in Gladbach bereits auf dem absteigenden Ast wähnten. Doch der Franzose spielt eine richtig starke Saison, hat bereits elf Tore und sechs Assists auf dem Konto. Das ist Pleas beste Bilanz seit drei Jahren und deutlich mehr, als Stöger vorzuweisen hat. Auch deswegen stand Stöger in den letzten neun Spielen nur zweimal in der Startelf. Und als Joker gelingt es ihm noch weniger, seine Stärken ins Spiel zu bringen und Akzente zu setzen.

Die Hoffnung, dass der Turnaround gelingt, ist da
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Die Hoffnung, dass der Turnaround gelingt, ist da

Doch trotz dieser tristen Bestandsaufnahme: Als kompletter Fehleinkauf gilt Stöger in Gladbach noch nicht. Denn es gibt durchaus Parameter, die für den 5-fachen Teamspieler sprechen und Anlass zur Hoffnung geben, dass er den Turnaround schaffen kann. Zum Beispiel sein unbedingter Einsatzwille.

Es wurde durchaus registriert, wie sehr er sich in Sommer- und Wintervorbereitung im privaten Bereich geschunden und fitgemacht hat. Seine Laufwerte gehören zum Spitzenbereich des Kaders, er lässt sich nie hängen, zeigt sich selbstkritisch. Außerdem besticht er durch Nervenstärke. Als es in der 30. Runde in Dortmund einen Elfmeter für Gladbach gab, verwandelte er diesen eiskalt zum 2:3 und jubelte provokant vor der Gelben Wand – was im Gladbacher Fan-Kosmos durchaus mit Wohlwollen zur Kenntnis genommen wurde.

Dazu kommt, dass Stöger auch in Bochum erst im zweiten Jahr richtig explodierte, nachdem er in seiner Premieren-Saison an der Castroper Straße gerade einmal fünf Tore und drei Assists ablieferte. Um im Folgejahr mit 21 Scorerpunkten (8 + 11) inklusive Last-Minute-Rettung so richtig durchzustarten.

Doch nur wenn ihm das auch in Gladbach gelingt, werden sie sich auch im Nachhinein alle zu dem Coup aus dem Sommer 2024 beglückwünschen.

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