Kommentar zum Lijnders-Aus: Nicht nur Bauernopfer

Kommentar zum Lijnders-Aus: Nicht nur Bauernopfer

Pep Lijnders ist beim FC Red Bull Salzburg Geschichte. Dem Niederländer wurde der schwache Kader zum Verhängnis - allerdings nicht ausschließlich.

Dass es schlussendlich so schnell ging, kam überraschend.

Knapp eine Woche vor Weihnachten muss Pep Lijnders seine Zelte in Salzburg abbrechen.

Das ist schade für die Privatperson Lijnders, der samt seiner Söhne und Gattin in die Mozartstadt übersiedelte und immer wieder betonte, wie wohl er sich in Österreich fühle. Verwunderlich ist es ob der sportlichen Ausbeute des Niederländers allerdings nicht, maximal der Zeitpunkt kommt überraschend.

Es gab so viele Debakel der "Bullen" in den vergangenen Wochen und Monaten. Nach jedem einzelnen hätte man mit der verkündeten Trennung von Lijnders rechnen können.

Dass es jetzt, gefühlt am Beginn eines kleinen sportlichen Aufschwungs und nur zwei Wochen, bevor Lijnders' langjähriger Mentor Jürgen Klopp offiziell Teil des Red-Bull-Kosmos wird, passiert, war nicht unbedingt zu erwarten.

Schröder griff wohl durch

Klar ist aber auch, dass Lijnders schon länger nicht mehr fest im Sattel saß. Zumindest spätestens seit der Bestellung von Rouven Schröder als Geschäftsführer Sport nicht mehr.

Der Deutsche vermied es zuletzt, ein Bekenntnis zum Niederländer abzugeben.

Dennoch erschien es zunächst wahrscheinlicher, dass Lijnders im Frühjahr, mit einem bis dahin deutlich aufgewerteten Kader, einen erneuten Versuch starten darf, seine Visionen umzusetzen und den von ihm versprochenen Powerfußball doch noch zurück nach Salzburg zu bringen.

Nun ist klar: Das wurde ihm nicht mehr zugetraut.

Lijnders wirkt nun ein wenig wie das Bauernopfer, das den Kopf für den vielleicht qualitativ schwächsten, mit Sicherheit aber unausgewogensten Salzburg-Kader der jüngeren Vergangenheit hinhalten muss.

Im modernen Fußball werden Trainer oftmals viel zu überhastet entlassen. Zumindest bei Lijnders war das nicht der Fall. Der Salzburg-Coach mit dem schlechtesten Punkteschnitt aller Zeiten bekam viel länger das Vertrauen der "Bullen"-Bosse als gedacht.

Ist Lijnders ein Bauernopfer?

Nichtsdestotrotz wirkt Lijnders nun ein wenig wie das Bauernopfer, das den Kopf für den vielleicht qualitativ schwächsten, mit Sicherheit aber unausgewogensten Salzburg-Kader der jüngeren Vergangenheit hinhalten muss.

Ganz falsch ist das sicherlich nicht. Nicht nur ich, in einer Kaderanalyse vor Saisonbeginn auf LAOLA1, sondern viele weitere Beobachter des FC Red Bull Salzburg hoben hervor, wie riskant die Salzburger Kaderplanung sei.

Mit der jüngsten Truppe aller Zeiten und mit kaum Optionen auf Schlüsselpositionen, wie der Innenverteidigung oder dem Sturm, in die vielleicht wichtigste Saison der bisherigen Klubgeschichte zu gehen, war mutig. Zu mutig, wie man mittlerweile weiß.

Dem Vernehmen nach war man sich dem auch in der Mozartstadt bewusst und versuchte kurz vor Transferschluss noch einen gestandenen Innenverteidiger nach Salzburg zu locken. Dies gelang allerdings nicht, stattdessen holte man einen 17-jährigen Joane Gadou von Paris Saint-Germain.

Training war doch nicht der beste Transfer

Lijnders wischte zu Beginn seiner Amtszeit Fragen nach Transfers immer mit dem Sager "Training ist unser bester Transfer" weg.

Dies tat er, solange es noch gut lief. Als der Einbruch erfolgte, waren plötzlich ganz andere Worte aus dem Mund des Niederländers zu vernehmen.

So ließ Lijnders zuletzt mehr oder weniger deutlich wissen, dass ihm gewisse Transferwünsche im Sommer von (Noch-)Sportdirektor Bernhard Seonbuchner nicht erfüllt wurden.

Auch seine oftmals wiederholte Feststellung, der Kader wäre gut genug für die Champions League, schlug plötzlich in die andere Richtung um. Nach dem 0:3 gegen PSG konstatierte er, dass sein Team wohl doch nicht auf Champions-League-Niveau sei.

Diese Inkonsequenz in seinen Aussagen spiegelte sich auch in seinen Taten wider – es sei an die Torhüter-Posse rund um Janis Blaswich und Alexander Schlager erinnert.

Ego-Trips wurden kaum bestraft

Vielleicht lässt sich damit auch erklären, warum Lijnders die Mannschaft mit Saisonverlauf mehr und mehr zu verlieren schien. Im Sommer, als alles noch eitel Wonne war, wirkte die Mannschaft wie eine Einheit; jeder lief für jeden.

Lijnders schien die Mannschaft mehr und mehr zu verlieren, je länger die Saison andauerte. Die Mozartstädter Kicker wirkten nicht so, als würden sie für ihren Trainer alles auf dem Platz lassen.

Nach diesem starken Saisonstart samt historischer Qualifikation für die Champions League über den Liga-Weg - die sich mittlerweile allerdings ein wenig relativiert, wenn man sich die Europa-League-Auftritte von Twente und Dynamo Kiew anschaut – wurden die Salzburger von jedem kleinen Rückschlag aus dem Konzept gebracht.

Man hatte das Gefühl, dass zehn Feldspieler auf dem Platz standen, die sich allesamt in die Auslage spielen wollen, aber wenig Interesse am mannschaftlichen Erfolg haben; teilweise wurde sich untereinander sogar auf dem Spielfeld angegangen.

Solche Ego-Trips hatten unter Lijnders keine Konsequenzen. Kaum ein Trainer hätte einen Oscar Gloukh, nachdem dieser sich zu gut war, sich im Auswärtsspiel gegen den Wolfsberger AC auf die Ersatzbank zu setzen, im nächsten Bundesliga-Spiel sofort wieder eingesetzt.

Dass Lijnders' "Liverpool-Lieblinge" Stefan Bajcetic und Bobby Clark in ihrem ersten Spiel nach ihrem Wechsel nach Salzburg, beim wichtigen Champions-League-Auswärtsmatch in Prag, gleich in der Startelf standen, tat sein Übriges.

Lijnders war zu nett

Lijnders schien die Mannschaft mehr und mehr zu verlieren, je länger die Saison andauerte. Die Mozartstädter Kicker wirkten nicht so, als würden sie für ihren Trainer alles auf dem Platz lassen.

Vielleicht ist der sympathische, ständig ein Lächeln auf den Lippen mit sich herumtragende Niederländer schlicht der falsche Trainer für diese Truppe an jungen Menschen, die sehr früh in ihrem Leben viel Geld verdienen und in deren Karriere es bisher fast ausnahmslos nur nach oben ging.

Etwas straffere Zügel hätten dem ein oder anderen Top-Talent in diesem Herbst wohl nicht geschadet.

Um diese anzuziehen, war Pep Lijnders schlicht der falsche Mann.

Kommentare