Kommentar: Peter Schöttel und die Crux mit den zweieinhalb Trainerinnen
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Kommentar: Peter Schöttel und die Crux mit den zweieinhalb Trainerinnen

Der österreichische Frauenfußball ist wieder in Männerhand. Solange der Verband keine Maßnahmen setzt, bleibt das auch in Zukunft fast unausweichlich.

Was man ÖFB-Sportdirektor Peter Schöttel nicht absprechen sollte, ist die grundsätzliche Bereitschaft, Dinge zu verändern. In seine Amtszeit fällt die Bestellung von Irene Fuhrmann, auch Ralf Rangnick samt seiner bald über den ganzen Verband gestülpten Spielidee geht auf seine Kappe.

Fuhrmanns Amtszeit endete im Dezember nach einer verpatzten Qualifikation für die EM 2025, für Schöttel also wieder eine Gelegenheit, um -in solchen Fällen inzwischen geflügelte Worte - "einen Impuls zu setzen".

Dieser Impuls saß am Donnerstag vor einigen Kameras sowie Journalistinnen und Journalisten in Wien - er heißt Alexander Schriebl, seit kurzem ist er Teamchef des Frauen-Nationalteams.

Einleitend legte der Sportdirektor seinen Entscheidungsprozess dar: Das enge Zeitfenster sei eine Herausforderung gewesen, Anfang Jänner habe er intensiv Gespräche geführt, mit Personen, denen er den Job grundsätzlich zutraue. Auch Personen im Ausland hätten ihr Interesse signalisiert, es letztendlich aber nicht in die letzte Runde geschafft. "Ich denke schon, dass man die Verpflichtung von Alex als Signal an die österreichische Liga werten kann, dass hier spannende Trainer am Werk sind", meint Schöttel. Damit wären wir bei einem Problem angekommen.

Schriebl bringt viel Fußball-Erfahrung mit, im Frauenbereich konnte er den FC Bergheim innerhalb kurzer Zeit von einem Abstiegskandidaten in der Bundesliga zu einem unangenehm zu bespielenden Mittelfeldteam formen. Mit ausschlaggebend für seine Bestellung war sein Spielstil: Offensives, aggressives Verteidigen, mutig nach vorne spielen - wie man es von einem Verein, der bald FC Red Bull Salzburg heißen wird, erwarten würde.

Es gibt ein Argument, das Schriebl in der Frauen-Bundesliga von allen anderen abhebt: Er verfügt über eine Pro-Lizenz.

Daniel Sauer

Davon abgesehen gibt es aber ein Argument, dass ihn von allen anderen Trainern und der aktuell einzigen Trainerin in der Bundesliga, an die Schöttel ja ein Signal senden möchte, abhebt: Alexander Schriebl verfügt über eine Pro-Lizenz. Ohne die, so will es die UEFA seit einigen Jahren, darf man kein A-Nationalteam trainieren.

Überhaupt ist der Kreis an nationalen Kandidaten und vor allem Kandidatinnen extrem beschränkt. Maria Wolf hätte die nötige Lizenz, die ehemalige Nationalteam-Assistentin, die auch für Austria und St. Pölten tätig war, arbeitet aktuell aber als Sportlehrerin. Liése Brancão absolviert derzeit den Kurs, wie es bei ihr weitergeht, ist noch offen. Irene Fuhrmann kommt logischerweise nicht mehr infrage.

Bei männlichen Kandidaten müsste man für eine derart hohe Position wohl zumindest Erfahrung im Frauenfußball verlangen, Optionen wie Sargon Duran und Dominik Thalhammer sind beruflich gerade anderweitig ausgelastet.

Österreich braucht mehr Trainerinnen

Unterm Strich bleiben also einfach nicht allzu viele Personen übrig, vor allem dann nicht, wenn internationale Optionen früh im Prozess aussortiert wurden. Dafür kann der neue Teamchef nichts, seine Bestellung ist durchaus verdient. Der 49-Jährige macht einen sympathischen und motivierten ersten Eindruck, ihm ist zuzutrauen, dass er die Nationalspielerinnen schnell auf seine Seite ziehen kann.

Wenn seine - hoffentlich erfolgreiche - Amtszeit irgendwann endet, sollte die Auswahl an potenziellen Nachfolgern und Nachfolgerinnen aber deutlich größer sein als derzeit. Dabei ist Schöttel gefragt.

"In den letzten Jahren ist sehr viel passiert. Über die letzten Jahre sind sehr viele Frauen zu den Trainerkursen gekommen. Wir beginnen in den unteren Kategorien, haben aktuell zweieinhalb Trainerinnen mit Pro-Lizenz, 23 mit A-Lizenz, das wird in den nächsten Jahren definitiv mehr werden."

Optimismus und Hoffnung sind gut, in diesem Fall aber nicht ausreichend. Bis die 23 Trainerinnen mit A-Lizenz, nehmen wir noch die sechs Bundesliga-Trainer mit A-Lizenz dazu, ihre Pro-Lizenz in Händen halten, wird es noch viele Jahre dauern. Die Plätze in den Kursen sind stark begrenzt und werden nach einem Punktesystem verteilt, das Frauenfußball benachteiligt. So gibt es beispielsweise 10 Punkte für Trainer:innen, die hauptverantwortlich ein Team in der Frauen-Bundesliga betreuen - ganze sechs Punkte weniger als ein Zweitligatrainer bei den Männern. So hat beispielsweise Ex-Nationalspielerin Katja Gürtler, Cheftrainerin bei Rapid in der dritten Leistungsstufe, auf lange Zeit schlechte Karten im Bewerbungsprozess.

Die Voraussetzung für den Bestellungsprozess des neuen Teamchefs - nicht die Bestellung selbst - sind leider ein Armutszeugnis für den österreichischen Fußball. Hier gilt es für Peter Schöttel, dringend anzusetzen.



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