Kommentar: Eine Schwächephase wird zu Rapids "Reality Check"
Foto © GEPA

Kommentar: Eine Schwächephase wird zu Rapids "Reality Check"

Eine gute Herbstsaison steht im Schatten jüngster Ergebnisse. Daran sind Schwächen schuld, die kaschiert wurden. Die Suche nach der Wahrheit in der Mitte.

Zeitgleich mit den Temperaturen fällt auch das Hütteldorfer Stimmungsbarometer wieder.

Dafür hat es beim SK Rapid wenig gebraucht: Das Aus im ÖFB-Cup gegen den SV Stripfing. Zwei Liga-Remis beim GAK und der WSG Tirol. Den ersten Punkteverlust in der UEFA Conference League gegen die Shamrock Rovers. Und nun die erste Heimniederlage gegen Blau-Weiß Linz.

Aber es waren eben verdiente Ergebnisse, mit Leistungen, die nicht mehr an jene der Wochen zuvor anknüpften. Auf einmal hängen die Mundwinkel nach unten.

Dass die Fortschritte im Verein manche das Jahr davor schnell vergessen ließen, wird zum Fluch: Die Ansprüche im äußeren Umfeld des Vereins sind schneller in die Höhe geschossen, als die Realität hochklettern konnte.

Dabei ist die aktuelle Phase nur eine logische Konsequenz.

Rapid hat auch offensichtliche Schwächen

Eine Folge jener Umstände, die Rapid stark machten: Der höheren Qualität in der ersten Elf, der konsequenten Spielidee und der Kontinuität, die sich auch im guten Verständnis am Platz zeigte.

Und umgekehrt jener Schwächen, die kaschiert, aber eben noch nicht ausgemerzt wurden: Des hin und wieder fehlenden Plan B, nachdem die Spielidee langsam bekannt wurde. Besonders, wenn Gegner mit konsequenter Defensivarbeit auftreten. Der mangelnden Chancenauswertung, über die schon in Zeiten besserer Ergebnisse diskutiert wurde.

Vor allem aber des Qualitätsabfalls hinter der A-Garnitur, der langsam zu einem nachhaltigen Ausbrennen der Kräfte führte. Bis es nicht mehr ging. Und sowohl die erste Elf an Elan verlor, als auch irgendwann eben doch notwendige Rotationen nicht zur Kompensation taugten.

Es braucht mehr als Jugend auf der Bank

Robert Klauß stellt sich natürlich vor alle seine Kaderspieler und streicht ihre Qualitäten heraus. Es ist auch sein Job, seinen Kickern – ganz besonders den Jüngeren – den Rücken freizuhalten.

(Text wird unterhalb fortgesetzt)

VIDEO: Ranking - die 20 teuersten Rapid-Transfers der letzten Jahre

Und die Qualitäten sind in vielen Fällen auch vorhanden, gehören nur noch geschliffen – Stichwort Altersschnitt.

Aber für die ganz großen Sprünge braucht es auch Alternativen im Kader, die nicht nur durch Potenzial glänzen. Und die eben fehlen, und sei es zuletzt nur verletzungsbedingt.

Die Abwesenheit eines Schlüsselspielers wie Isak Jansson und einer gestandenen Alternative auf mancher Position – wie es etwa Ryan Mmaee im Sturm sein sollte – ist für Rapid aktuell nicht ausreichend zu kompensieren. Der junge Weg in allen Ehren, der nächste Leopold Querfeld oder Nikolas Sattlberger fehlt gerade.

Und damit war das Eintreten einer Schwächephase früher oder später unausweichlich.

"Schirch" geht es gerade nicht

Wenn die altbekannten Mittel aus welchem Grund auch immer nicht mehr reichen, müssen andere Tugenden herhalten. Dann braucht es auch einmal "dreckige", erkämpfte Siege – das weiß auch Klauß.

"Wir sind gerade in der Phase, wo es nicht leicht von der Hand geht, wir für Erfolgserlebnisse arbeiten und investieren müssen. Das ist normal in dieser Phase der Saison. Aber dann müssen wir es schaffen, Spiele anders zu gewinnen", meinte der Rapid-Trainer nach der Blau-Weiß-Niederlage.

Aber die Tore zu erzwingen, gelingt nicht nur derzeit so gar nicht. 18 Treffer sind zusammen mit den Stahlstädtern der niedrigste Wert unter den Top-6 und weniger als die Hälfte jener von Sturm (37 Tore) – obwohl der amtierende Meister einen schnörkelloseren Ansatz wählt.

Weder so gut, noch so schlecht

Es fehle die Lockerheit, es folgt das abbauende Selbstvertrauen – und schon geht es in die andere Richtung.

"Wir investieren, aber wählen oft falsche Lösungen, handeln wenig intuitiv und arbeiten eher ab, statt loszulassen. Das ist, was im Moment ein bisschen fehlt. Das haben wir schon in den letzten Wochen gemerkt, dass wir einfach zu viel Tribut zollen den Wochen davor, aber das ist keine Entschuldigung", erkannte auch der Rapid-Trainer einen Kräfteschwund, und sei er nur mentaler Natur.

Intern wissen wir, was wir können und was wir nicht können. Die Leute können gern gewisse Träume haben und auf Dinge hoffen. Wir können es gut und realistisch einschätzen.

Robert Klauß

28 Pflichtspiele, davon ein Großteil mit der gleichen Elf, fordern einfach unweigerlich ihren Tribut.

Und so liegt die Wahrheit vermutlich – wie so oft – einfach in der Mitte: Rapid ist 2024/25 noch nicht so gut, wie es die ersten Monate der Saison erhoffen ließen.

Rapid ist allerdings in der Gesamtabrechnung auch nicht so schlecht, wie es die letzten Wochen befürchten lassen.

Es ist und wird schlicht eine Saison, die einen Fortschritt in der Entwicklung des Vereins markiert. Die nächste Ausbaustufe. Aber noch kein Endprodukt, das um den langersehnten Meistertitel mitspielen muss. Die ersten Bausteine dafür sind da, es fehlen noch genug.

Chance zur Trendwende

Im besten Fall wird das grün-weiße Herz bis zu den Weihnachtsfeiertagen wieder etwas erwärmt.

Es folgt nun eine Woche, in der gearbeitet werden kann, bevor ein ganz anderes Spiel bei Red Bull Salzburg wartet. Ein Gegner, der anders auftritt als die jüngsten Stolpersteine. Und bekanntlich genug mit sich selbst kämpft.

"Das ist gut, dass es jetzt eine andere Anforderung an uns ist. Eine andere Art von Fußball, eine andere Art von Gegner, der mitspielt", hoffte auch Klauß.

Dazu besteht die berechtigte Hoffnung, dass mit Isak Jansson ein ganz wichtiger Mann gerade in diesem Highlightspiel sein Comeback feiern kann.

Und in der Conference League warten auch noch zwei Aufgaben ganz anderer Natur. Mit einer immer noch starken Ausgangslage.

Vielleicht kommt Druck raus

Dann folgt die womöglich doch langsam herbeigesehnte Winterpause. Zeit genug, personell und auch mit taktischen Kniffen nachzurüsten, an den Schwächen zu arbeiten.

Vielleicht ist auch eine zurechtgestutzte Erwartungshaltung von außen gar keine so unangenehme Arbeitsgrundlage: "Intern wissen wir, was wir können und was wir nicht können. Die Leute können gern gewisse Träume haben und auf Dinge hoffen. Wir können es gut und realistisch einschätzen."

Kommentare