Kommentar: Die Bundesliga muss ÖFB-Spieler stärker fördern
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Kommentar: Die Bundesliga muss ÖFB-Spieler stärker fördern

Ein Aus für den Österreicher-Topf wäre keine gute Nachricht für den heimischen Fußball. Was es eigentlich braucht, ist noch lukrativere Förderung.

Etwa die Hälfte aller Spielminuten, die die Bundesliga über eine Saison zu verteilen hat, geht an Legionäre. Das kann man durchaus gut finden: Österreichs höchste Spielklasse hat eine finanzielle wie sportliche Strahlkraft, die über die vergangenen Jahre ab und an gefehlt hat. Wenn Ralf Rangnick diese Entwicklung - wie zuletzt im Herbst - lamentiert, tut er das aber aus guten Gründen.

Seit 2018 haben Legionäre rund 18 Prozent der Spielanteile dazugewonnen, auf die Rekordsaison 2003/04, in der österreichische Spieler nur 53 Prozent der Bundesligaminuten absolviert haben, fehlt nicht mehr viel.


Damals wurde der Österreicher-Topf eingeführt und hat Wirkung gezeigt. Heute diskutieren viele - auch einflussreiche Funktionäre - darüber, ihn wieder abzuschaffen. Ohne Alternative, die sie sich wohl nicht wünschen, wäre das ein großer Fehler für den österreichischen Fußball.

Grund 1: Die Großklubs

Nur die Austria ist (noch) dabei, alle anderen heimischen Großklubs - Red Bull Salzburg, Sturm Graz, LASK und SK Rapid - sind bereits aus dem Österreicher-Topf ausgestiegen.

Auf die Kaderpolitik hat sich das drastisch ausgewirkt: Die ÖFB-Spieler beim Meister kann man fast an einer Hand abzählen, bei den "Bullen" reichen inzwischen zwei Finger. Auch bei Rapid geht es in dieser Saison rasant bergab, schenkt man den Transfergerüchten glauben, bahnt sich kein baldiger Kurswechsel an.

Österreicher-Spielanteile in der Bundesliga:

Verein

2024/25

2023/24

2022/23

Austria Wien

61,94 %

66,21 %

60,91 %

SK Rapid

56,24 %

79,53 %

79,82 %

Red Bull Salzburg

12,53 %

17,32 %

22,40 %

Sturm Graz

15,03 %

28,98 %

45,38 %

LASK

30,49 %

38,55 %

55,17 %


Gegenüber 90minuten gab Katzer schon im Sommer zu verstehen: "Wir kennen den Markt gut. Fakt ist: Es ist für uns kein Kriterium, ob ein Spieler Österreicher ist. Für uns zählt, ob man mit ihm die Qualität hebt und Ziele erreichen kann."

Offensichtlich ist das derzeit durch die Bank mit Legionären einfacher, warum auch immer.

Grund 2: Das Exportproblem

Die rot-weiß-roten Ansprüche an die eigene Relevanz in der großen Fußballwelt sind ordentlich gestiegen. Zurecht, immerhin hat der Teamchef viel Talent zur Auswahl, zig Spieler stehen in europäischen Top-Ligen - Premier League, Ligue 1, Serie A, Deutsche Bundesliga und LaLiga - unter Vertrag.

Dorthin hat die Bundesliga über die letzten Jahre sehr erfolgreich exportiert: 64 Spieler haben den direkten Sprung geschafft, 24 davon sind für das österreichische Nationalteam Einsatz-berechtigt.

Mit wenigen Ausnahmen kommen sie von denselben Klubs. So sieht die Statistik der letzten sechs Jahre aus:

Verein

Verkäufe in Top-Ligen

Red Bull Salzburg

36

SK Rapid

7

Austria Wien

5

WAC

5

Sturm Graz

5

LASK

4

Altach

1

Hartberg

1


Eigentlich gäbe es daran ja wenig auszusetzen, als Plattform ist die Bundesliga so beliebt wie noch nie. Nutzen können sie aber nur Spieler, die auch zu Einsätzen kommen - bei den Großklubs sind das vor allem Legionäre.

2024/25 haben LASK, Rapid, Austria, Sturm und Salzburg bisher insgesamt 53 Österreicher in der Bundesliga eingesetzt, vor zwei Jahren waren es (am Saisonende) 82. Dem gegenüber stehen 79 ausländische Spieler, 2022/23 waren es 70.

Mit Blick auf die Weiterentwicklung des Nationalteams kein ideales Verhältnis.

Grund 3: Machtgefälle

Vereine, die in einer Europacup-Gruppenphase spielen und den ein oder anderen Spieler verkaufen können, brauchen das Geld aus dem Österreicher-Topf nicht. Verzichten sie auf die Teilnahme, bekommen die anderen Klubs mehr, auch dieser Mechanismus ist ja eigentlich nicht verkehrt - effektiv wird die Förderung von ÖFB-Spielern damit ausgelagert.

Negativ ist, dass es die Kräfteverhältnisse mehr und mehr einfriert. Sieben Vereine halten sich an die Ö-Topf-Regeln, der Rest muss dies nicht und hat bei der Kadergestaltung freie Hand. Selbst wenn man gerne würde, wird man als Klub wie die WSG Tirol nicht einmal über einen Ausstieg nachdenken können, weil man das Geld braucht. Nennenswert konkurrenzfähiger macht einen der gewonnene Betrag aber auch nicht.

Mehr Geld, bessere Regeln

Die effektivste Regel wäre eine feste Legionärs-Obergrenze pro Verein. Man könnte sie mehr oder weniger großzügig ansetzen, damit wäre aber immerhin für Stabilität gesorgt. Weil das für EU-Staatsbürger aber rechtlich auszuschließen ist, müsste man sich auf Legionäre aus Nicht-EU-Staaten beschränken.

Damit ist ein unrealistischer Ansatz angesprochen, den man eigentlich direkt wieder verwerfen kann. Zufrieden sein müsste man eigentlich schon, wenn der Österreicher-Topf bleibt, damit erreicht man derzeit immerhin die Hälfte der Liga. Vielleicht ist eine Anpassung der Regeln denkbar: Ein noch stärkerer Fokus auf junge Spieler zum Beispiel. U21-Minuten zählen derzeit vierfach, bei Einführung im Jahr 2004 nur doppelt. An dieser Schraube könnte man drehen.

Was wäre noch besser? Zusätzliches Geld. Alle Bundesliga-Vereine zahlen in den Topf ein, die Summe hängt am TV-Vertrag, der 2026 ausläuft. Nennenswert höher als vor 20 Jahren ist sie nicht, obwohl die Liga größer wurde und die Vereine im Schnitt reicher sind, als damals. Dass es trotzdem Aussteiger geben würde, die großteils auf österreichische Spieler verzichten, ist klar. Mit einer größeren Fördersumme wäre er aber zumindest auch für einige der Großen wieder attraktiver.


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