Andi Schicker: Zeit zu gehen
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Andi Schicker: Zeit zu gehen

Seit eineinhalb Jahren träumt Andi Schicker von der deutschen Bundesliga. Nach einem erneuten Hin und Her muss das Thema jetzt ein Ende haben.

Es gibt nicht mehr viel, das Andreas Schicker noch in Graz hält. Wenn man dem Sturm-Sportchef rund um das Champions League Spiel gegen Club Brügge zugehört hat, klang alles nach Abschied in Richtung TSG Hoffenheim: Es habe ja schon im Mai großes Interesse gegeben, nach einer intensiven Transferphase sei der Kontakt wieder da, man werde sehen, was passiert. Beim deutschen Bundesligisten ist die Position des Sport-Geschäftsführers seit Sommer nur interimistisch besetzt.

Nach neuen Informationen hat Schicker seinen Wechselwunsch inzwischen auch intern kommuniziert:


Bei Sturm Graz darf man von dieser Entwicklung eigentlich nicht überrascht sein. Schicker liebäugelt seit eineinhalb Jahren mit einem Karrieresprung. Konkretes Interesse gab es neben Hoffenheim auch von Werder Bremen. Vor allem auf emotionaler Ebene hat der 38-Jährige immer wieder vorgebaut. "Ich will das Beste aus meiner Karriere als Manager herausholen, und ich denke auch, man würde es mir nicht übel nehmen, wenn ich Sturm irgendwann verlasse", so eine Aussage gegenüber 'Sport1' im August 2023. Wenige Monate nach dem Doublegewinn ist man immer noch geneigt, ihm zuzustimmen. 

Unglückliches Bild

Aber irgendwann hätte auch der wohl aktuell beste Manager im österreichischen Fußball seinen Kredit verspielt. Ja, wahrscheinlich wären die Fans auch bei einem weiteren Beinahe-Wechsel ruhig geblieben. Es zehrt aber natürlich trotzdem.

Seine offene Kommunikation zeichnet Andreas Schicker aus, seltener als andere verliert er sich in PR-Sprech. Ob der Zeitpunkt seiner jüngsten Andeutungen günstig gewählt war, sei aber dahingestellt - für Sturm Graz war es das erste Champions-League-Heimspiel seit über 20 Jahren. Auch die Tatsache, dass Verhandlungen mit Hoffenheim vor dem Sommer-Transferfenster begonnen haben und kurz danach wieder aufgenommen wurden, machen das Bild nicht glücklicher. Selbst dazwischen war man ja bezüglich der Personalien Alexander Prass und Erencan Yardımcı in Kontakt.

Bei Spielern hätte man wohl schon früher auf ein klares Bekenntnis oder einen Abschied gedrängt. Auch bei Schicker hätte es Argumente gegeben.

Daniel Sauer

Der Verein hat seinem Funktionär viel zu verdanken und war in dieser Angelegenheit seit jeher Passagier. Bei Spielern hätte man wohl schon früher auf ein klares Bekenntnis oder einen Abschied gedrängt. Auch bei Schicker hätte es Argumente gegeben: Die nächsten Transferphasen wollen vorbereitet werden, im Hintergrund müssen Weichen gestellt werden. Wenn eine zentrale Figur wie Schicker das Projekt verlässt, umso mehr. Es gibt hier nicht nur die Verpflichtung, sich gegenüber einem verdienten Mitarbeiter korrekt zu verhalten - irgendwer muss das große Ganze im Blick behalten.

Vielleicht hätte eine Ablöse aber auch etwas Gutes: Nach lukrativen Transfers wie jene von Højlund und Emegha war nicht jeder Neuzugang ein Volltreffer. Das kann man Schicker nicht vorwerfen, andererseits muss eine neue Perspektive auf Kader und Markt auch nichts Schlechtes sein.

Schwieriger Herbst

Dass diese Saison den ein oder anderen sportlich bitteren Moment mit sich bringen wird, haben die Partien gegen Brügge, Brest und den WAC bereits gezeigt - am Sonntag wartet Red Bull Salzburg. Ein Sportchef, der mit einem Fuß immer wieder bei der Tür hinaustritt, bringt Unruhe, die der Verein in einem herausfordernden Herbst wirklich nicht braucht. Insofern ist es gut, wenn das Thema in wenigen Tagen erledigt ist - auch wenn die Ausgangssituation für einen Nachfolger denkbar ungünstig ist.

Schicker hat für seine Arbeit der letzten Jahre viel Respekt verdient, mit einem Wechsel nach Deutschland kann er sich einen Traum erfüllen. Übel nehmen würde ihm das wohl niemand. Eine Fortsetzung des seit Monaten laufenden Hin und Her mit Hoffenheim schon eher. 



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