Doppeltes Spiel der Linzer?
Der LASK startete medienwirksam als erster Ligaklub ins Corona-Kleingruppentraining, betonte dabei Skepsis. Die Optik ist nicht die allerbeste.
Aber wo sind eigentlich die moralischen und ethischen Bedenken, 40 Personen einzuladen, wenn zwei Vereinsmitarbeiter am Freitag einen positiven, am Sonntag einen negativen Test abgeben – könnte da nicht ein Test am Montag wieder ein positives Ergebnis liefern? Die Zeit, als man Corona-Verdachtsfälle medienwirksam gestreut hat, ist längst vorbei.
+ + 90minuten.at Exklusiv + + Ein Kommentar von Georg Sander
Trainer Valerien Ismael, Kapitän Gernot Trauner, Präsident Siegmund Gruber und Vizepräsident Jürgen Werner traten mit Mund-Nasen-Schutz vor rund 40 Pressevertreter. Ismael saß wie gewohnt der Schalk im Nacken: „Ich habe keinen Übergewichtigen gesehen.“ Gernot Trauner, schon seit je her der Typ reflektierter Kicker, meinte, es wäre „wie wenn man auf Urlaub geht und sich gleichzeitig vorbereitet, falls es weitergeht, ohne zu wissen wann.“
Schon an dieser Stelle muss man sich fragen, warum überhaupt eine physische Pressekonferenz abgehalten wurde. Die Bundesliga schaffte die wohl schwerste Informationsveranstaltung seit Jahren via Web, Sturm Graz eine massive Rochade in der sportlichen Führung. Rapid informierte per Aussendung, Red Bull Salzburg betonte, dass aufgrund des Erlasses „leider keine Möglichkeit“ der Berichterstattung vor Ort gegeben sei.
„Leicht positiv?“
Dann sprach Jürgen Werner.
„Ich zähle nach wie vor zu den Skeptikern, dass wir in 14 Tagen eine Mannschaft hinbekommen, die wettbewerbsfähig ist“, erklärte er. „Der vorgegebene Plan ist gewagt, doch wir sind darauf vorbereitet. Doch ich sage nochmals, ich habe moralische und ethische Bedenken.“
Die Bilder wirken auf Beobachter leicht surreal, bedenkt man, dass es in Zeiten räumlicher Distanzierung wichtig ist, sich nicht zu nahe nebeneinander aufzuhalten. Dass Präsident Gruber dann noch darauf verwies, dass Stürmer Joao Klauss und Co-Trainer Andreas Wieland „leicht positive Tests“ am Freitag hatten, aber „Stand gestern“, also Sonntag, wie alle „nicht infektiös“ seien, sorgt für Stirnrunzeln. Die Tests sind bekanntlich noch nicht komplett ausgereift, aber welchen Sinn es macht, das extra zu betonen, muss dahingestellt werden. Diese Offenheit ist sehr erfrischend, möchte man meinen. Aber wo sind eigentlich die moralischen und ethischen Bedenken, 40 Personen einzuladen, wenn zwei Vereinsmitarbeiter am Freitag einen positiven, am Sonntag einen negativen Test abgeben – könnte da nicht ein Test am Montag wieder ein positives Ergebnis liefern? Die Zeit, als man Corona-Verdachtsfälle medienwirksam gestreut hat, ist längst vorbei.
Schiefe Optik
Diese Bedenken sind legitim, doch muss man sich fragen, ob es auch ethische und moralische Bedenken gibt, wenn die meisten Fußballprofis in Kurzarbeit sind, ein Bestandteil des Gehalts also von der Allgemeinheit getragen wird! Wenn auf eigene Rechnung, wie im Falle der Testungen, gearbeitet werden kann, sollte das auch getan werden. Dem Profifußball bleibt ja auch nichts anderes übrig (>> Momentum am Montag: Die einen müssen, die anderen dürfen nicht). Und dann kommen da noch ein paar andere Dinge ins Spiel. Denn der LASK wäre als Tabellenführer ein großer Nutznießer eines Abbruchs, das kann man drehen und wenden, wie man will. Schließlich ließe sich auf Basis des Rechtsgutachtens, das der ÖFB veranlasst hat (>> Sportanwältin zur rechtlichen Lage), argumentieren, dass der LASK, wenn schon nicht als explizieter Meister, aber als Erster den lukrativsten Europacup-Quali-Spot bekommen würde.
Denn wenn die Europacup-Saison 2020/21 startet (was äußerst unsicher ist), wären eben die Athletiker gleich im Playoff zur Champions League. Ein Spiel für Millionen, die Europa League-Gruppenphase als Trost noch dazu fix. Und der Zweite? Der müsste in der zweiten Qualirunde gegen Tabellenzweite aus den Niederlanden, der Türkei, Tschechien, Griechenland oder Kroatien ran. Und zudem: Bei einem Ausscheiden ist die EC-Saison nach zwei Spielen auch gleich wieder vorbei. Abbruch und Platz eins würden also fix 15 Mio. Euro in die Kassen spülen. Klingt lukrativ.
Doppeltes Spiel?
Der SK Rapid wiederum, der schon vor Wochen einen Abgang in Millionen-Höhe kommunizierte, wäre als aktuell Drittplatzierter (bei einem wahrscheinlichen Salzburger Cupsieg) ebenfalls ein großer Nutznießer. Man hat den WAC im Nacken, sieben Punkte Rückstand auf den Tabellenführer. Fixe Europa League-Gruppenphase-Millionen stünden auch den Hütteldorfern, die rund 170 Mitarbeiter haben, gut zu Gesicht. Doch die Rapidler fügen sich derzeit ohne gröbere Inszenierung ihrem Schicksal – und zugegebenermaßen haben sie in den letzten Jahren, Stichwort TV-Gelder, auch nicht immer die Solidarität der Liga in den Vordergrund gestellt. Dass Salzburg wiederum unbedingt fertig spielen will, ist da auch schon wieder logisch.
All diese Punkte zusammen genommen ergeben, ob gewollt oder nicht, ein schiefes Bild. Die Frage, warum der LASK derzeit agiert, wie er agiert, müssen sich die Athletiker nun einmal gefallen lassen.