Dellen in der Dose
Serienmeister Red Bull Salzburg konnte in der Bundesliga am 7. Dezember zuletzt voll punkten. Nur Zweitligist Amstetten konnte zwischenzeitlich im Cup bezwungen werden, es gibt gegenwärtig viele Probleme.
Als Warnung aus der Vergangenheit kann angesehen werden, dass Peter Zeidler 2015 (unter anderem) exakt an diesem eindimensionalen Offensivspiel scheiterte.
+ + 90minuten.at Exklusiv + + Ein Kommentar von Georg Sander
„Wir haben jeden Tag gut trainiert, gute Mentalität in der Mannschaft, aber das Selbstvertrauen ist derzeit niedrig“, attestierte Salzburg-Trainer Jesse Marsch nach der 2:3-Niederlage in Altach. „Aber vielleicht fehlt vor dem Tor die letzte Konsequenz und beim Tore Verteidigen genau das selbe“, meint Abwehrroutinier Andre Ramalho. Klar ersichltich war das beim 1:0, als die halbe Defensive der Bullen Sidney Sam höflichen Begleitschutz bot, statt den trickreichen Offensivspieler an einem Abschluss zu hindern. Die Probleme haben sich aber seit der Klatsche in Frankfurt kaum verändert, es war kein Ausrutscher gegen die Eintracht. Der winterliche Qualitätsverlust scheint zu hoch, die Probleme in der Defensive sind in dieser Saison evident, Selbstvertrauen und Mentalität zu bemühen scheint falsch. Aber wo ansetzen?
Offensive Adaption
Gegen Altach war wieder ersichtlich, dass der Salzburger Weg derzeit durch die Mitte geht. Ein derartiges Spiel verlangt eine hohe Präzision und viel Risikobereitschaft. Denn wer vertikal durch die Mitte nach vorne will, muss zwei, drei Angreifer an bzw. hinter die letzte Verteidigungsreihe bringen. Geht der Ball verloren, fehlen diese Spieler im Gegenpressing und der Gegner findet einfache Wege zum Tor. Die Abwehrprobleme beginnen also schon an vordester Front. Dass hinten dann im Herbst eher verlässliche Spieler wie der junge Jerome Onguene oder Routinier Ulmer Fehler machen, hilft natürlich nichts .Zudem gibt es nach den Abgängen von Erling Haaland und Smail Prevljak auch keinen bulligen Brecher, der bei mehr Breite im Offensivspiel in der Zentrale auch einmal zwei Abwehrspieler alleine bindet und Räume öffnet. Nun die letzte Abwehrlinie für offensichtlich falsche oder zumindest nicht (mehr) funktionierende Ideen im Offensivspiel verantwortlich zu machen, greift aber eben zu kurz.
Ideenvielfalt
Der direkte Weg vor das Tor gelingt eben nicht immer, Brecher gibt es keinen. Wusler und Scharfschützen, wie etwa Erling Haaland, Jonatan Soriano oder Munas Dabbur, gibt es ebenfalls nicht. Sie konnten aus dem Nichts Tore erzielen, individuelle Klasse lässt grüßen. Dadurch muss die Chancenqualität für das Einnetzen enorm hoch sein. Auch in der Reihe dahinter fehlen Kicker, die von außerhalb des Strafraums Gefahr ausstrahlen. Edelpratscherl mit Weitschussgefahr wie Zlatko Junuzovic (verletzt) oder Dominik Szoboszlai (außer Form) können derzeit keine ansatzlosen Granaten abfeuern. Takumi Minamino konnte das. Dann fehlt noch die Lufthoheit bei Standards, bleiben nur noch Ramalho-Gewaltschüsse, die aber auch nicht den Weg ins Tor finden. Das gesamte Trainerteam ist gefordert, sich Alternativen zum auf die Zentrale ausgelegten Powerfußball zu überlegen, der gerade nicht funktioniert. Als Warnung aus der Vergangenheit kann angesehen werden, dass Peter Zeidler 2015 (unter anderem) exakt an diesem eindimensionalen Offensivspiel scheiterte.
Können Marsch, Aufhauser und Schiemer Krise?
Die Königsklasseneuphorie hat in dieser Saison viel überdeckt, genau so Erling Haaland. Eine Stammelf zu finden, um Sicherheit zu haben, ist schwierig. Die Millioneneinkäufe Maximilian Wöber und Rasmus Kristensen sind verletzt, Routinier Junuzovic ebenfalls. In der heilen Red Bull-Welt rumort es zudem bereits. Keeper Cican Stankovic kritisierte die Transferpolitik, Ramalho sprach sich für weniger Rotation aus. Nun liegt es an Marsch und Co., klug vorzugehen. Der Cheftrainer ist um positive Stimmung bemüht, fraglich ist, ob das reicht, vor allem im Zusammenhang mit seinen Cos. Es wird schon einen Grund haben, warum Rene Aufhauser nicht mit Rose, Zickler und Maric nach Deutschland ging und Fränky Schiemer fehlt vielleicht (noch) zu viel, um Marsch bestmöglich zu unterstützen.
Wird so nicht funktionieren!
Vielleicht hat man sich erhofft, trotz wichtiger Abgänge genau so weiter spielen zu können wie mit Offensivdreh- und Angelpunkt Minamino und Tormaschine Haaland. Dass der LASK zudem eine Fabelsaison wie 2012/13 die Wiener Austria spielt, macht den Druck nicht geringer. Derzeit scheint sogar Platz zwei in Gefahr. Ein mögliches Ausscheiden im Cup, ein kniffliges Duell gegen Sturm und der Auftakt gegen Rapid – die Salzburger könnten innerhalb weniger Wochen just in der ersten Königsklassensaison vor einem kurz- oder gar mittelfristigen Scherbenhaufen stehen.
Der erste Schritt muss sein: Ab nun anders spielen als bislang im Jahr 2020. Sonst wird aus einer eingedellten Dose schnell eine zerquetschte. Allerdings: Nachdem sich sowohl Meister, als auch Vizemeister durch Champions League-Playoff quälen müssen, wäre Platz 3, der vermutlich der direkte Weg in "unseren Bewerb" ist, ohnehin leichter.