Lieber ÖFB: Wundert euch nicht über ein halbleeres Stadion!

Der ÖFB wundert sich ein wenig über den schleppenden Ticketverkauf und hofft darauf, das Stadion doch noch halbwegs voll zu bekommen. Wir wundern uns jedoch, dass sich der ÖFB wundert.

Wer sich schon mal im halbwegs vollen Happel-Stadion für ein Styropor-Hotdog 20 Minuten angestellt hat, macht es kein zweites Mal mehr.

An einem schönen Samstag kann man um 70 Euro einen ganzen Tag im Zoo verbringen. Oder man macht mit der Familie etwas anderes. Ein Bowlingabend in Wien kostet 29 Euro pro Stunde, zwei Stunden 58 Euro. Eine Doppelstunde Tennis spielen mit der Familie am Abend belastet das Budget mit 60 Euro.

+ + 90minuten.at Exklusiv + + Ein Kommentar von Michael Fiala und Georg Sander

 

Das Spiel ist vorentscheidend: Mit einem Sieg gegen Israel kann Österreich einen großen Schritt in Richtung Euro 2020 machen. Somit hätte Österreich vier Jahre nach der Erfolgsserie unter Marcel Koller erneut die Chance auf das Turnier. Doch den österreichischen Fuballfan scheint das nicht brennend zu interessieren: Nur 22.000 Tickets sind im Vorverkauf über die Ladentische gegangen. Dazu kann man eigentlich nur eines sagen: Peinlich!

Doch wundert es? Nein! Schon der Kombiticket-Vorverkauf für die letzten beiden Heimspiele (Israel und Nordmazedonien) verlieft schleppend. Dann sollen es eben die Kurzentschlossenen richten: In der Presseaussendung damals hieß es: "Die Preise liegen zwischen 10 € und 64 €." Wer heute, zwei Tage vor dem wichtigen Spiel genau dorthin surft, merkt: Die billigste Karte kostet satte 32 Euro. 

Kommunikation?

Erst dort wird klar, warum der ÖFB kommuniziert, dass die billigsten Tickets 10 Euro kosten. Denn dabei handelt es sich um die Preise für Kinder unter 14. Eine Karte im Sektor C2 kostet somit 10 Euro für die Kleinsten, dann 26 für Jugendliche bis 19 Jahre, Studenten bis 26 Jahre, Pensionisten, Präsenzdiener, Personen mit Behinderung und 32 für Vollpreiszahler. Kein Wunder also, dass sich Familien mit Kindern nicht nur wegen des Spieltermins überlegen, ins Stadion zu gehen. Zwei Erwachsene, zwei Kinder unter 14 und ein 16-Jähriger würden somit 110 Euro kosten. Für einen Abend, aber noch ohne Verpflegung im Stadion. Und wer sich schon mal im halbwegs vollen Happel-Stadion für ein Styropor-Hotdog 20 Minuten angestellt hat, macht es kein zweites Mal mehr.

 

Vergleich macht sicher

Deutschlands Testspielkracher gegen Argentinien in Dortmund kostet für Kinder unter 14 übrigens ebenfalls 10 Euro, in der billigsten Kategorie kosten die Karten allerdings 25 Euro, bzw. 18 ermäßigt. Selbige Familie würde also statt 110 Euro nur 88 zahlen. Das Ländermatch zwischen der Schweiz und Irland kostet übrigens für Vollzahler mindestens ca. 28,50 Euro. Alles billiger als in Wien. Und besser in Schuss sind die Stadien sowieso. (Linktipp: 12termann.at hat die Preise der Nationalmannschaften verglichen)

 

Unter der Woche & übersättigtes Fußballpublikum?

Bei der Pressekonferenz lamentierte ÖFB-Präsident Leo Windtner zudem, dass der Termin unter der Woche schlecht wäre und für Familien ungeeignet. Zudem sei ein Übersättiungseffekt eingetreten, weil man als Fußballkonsument nahezu jede Liga der Welt ins Wohnzimmer geliefert bekommt. Nur wie erklärt es sich dann, dass letztes Jahr ab der Europa League-Gruppenphase in Salzburg nie weniger als 20.000 Fans zu den Spielen kamen? Oder dass gegen die AS Roma weit über 10.000 Fans nach Graz fahren, um sie zu sehen? Spieltermine unter der Woche sind eben normal für Fußballfans - sofern halt die Qualität stimmt. Offensichtlich stimmt das Gesamtpaket ÖFB aber derzeit nicht.

Konkurrenz!

Und wenn es schon die Familien sein sollen, die fehlen, dann sollte man sich auch vor Augen führen, was man im alten Stadion mit mieser Verpflegung für die fünfköpfige Familie um 110 Euro bekommt.An einem schönen Samstag kann man um 70 Euro einen ganzen Tag im Zoo verbringen. Oder man macht mit der Familie etwas anderes. Ein Bowlingabend in Wien kostet 29 Euro pro Stunde, zwei Stunden 58 Euro. Eine Doppelstunde Tennis spielen mit der Familie am Abend belastet das Budget mit 60 Euro.

Wir brauchen uns aber auch nicht in den Sack lügen und glauben, dass das Stadion mit günstigeren Preisen voll wäre. Aber die teuren Tickets beschäftigen Österreichs Nationalteam-Fans jetzt eben schon seit Jahren. Wer also schon mal die leidige Erfahrung im Happel-Stadion in Kombination mit schlechter Gastronomie gemacht hat, kann gut und gerne darauf verzichten. Und: Mit den neuen Stadien von Rapid und Austria ist das Happel-Stadion in Punkto Fußball kein Premium-Produkt mehr. Also bitte, lieber ÖFB: Wundern, dass die Fans ausbleiben, das braucht ihr euch wirklich nicht.