Bulle wechsel dich

Mit Jesse Marsch wird ein Ex-Leipziger mit massig internationalem Red Bull-Stallgeruch neuer Trainer in Salzburg. Ja, eh, sagen die einen. Passt doch, die anderen.

Ein Kommentar von Georg Sander

 

23 Spieler inklusive Sommer-Transfer Hannes Wolf wechselten zwischen Red Bull Salzburg und RasenBallsport Leipzig bislang hin und her. Mit Jesse Marsch wird nun der Leipzig-Co-Trainer von Ralf Rangnick ab Sommer an die Salzach wechseln. Marsch ist im RB-Imperium kein Unbekannter, trainierte er doch vor dem Sommer-Wechsel nach Ostdeutschland dreieinhalb Jahre die Filliale in New York. Dieser Wechsel ist die nächste Story mit einigem an Geschmäckle, auch wenn die UEFA dereinst meinte, die Klubs hätten eh nichts miteinander gemeinsam. Ein differenzierter Blick ist lohnenswert.

Wollt ihr uns häkeln? Das sind doch keine zwei verschiedenen Vereine, auch wenn man sich im Herbst in der Gruppenphase der Europa League durchaus hitzig duellierte.

Das ist doch ein Witz, ...

Negativ formuliert kann man fragen: Wollt ihr uns häkeln? Das sind doch keine zwei verschiedenen Vereine, auch wenn man sich im Herbst in der Gruppenphase der Europa League durchaus hitzig duellierte und der heimische Serienmeister zwei Mal siegreich blieb. Die Frage bei den Salzburger Talenten ist ohnehin nur noch, wann der Wechsel nach Leipzig verkündet wird. Es würde doch ernsthaft niemanden wundern, wenn die Herren Schlager, Szoboszlai oder Pongracic nicht irgendwann auch in Leipzig landen würden. Wie eben bald Wolf, zuvor Haidara, Laimer oder Keita.

Wenn jetzt noch Jesse Marsch, für den in Leipzig nach dem Nagelsmann-Transfer kein Platz mehr war, in Salzburg coachen wird, dann stellt man sich wirklich und ernsthaft die Frage, wie die UEFA so blind sein konnte und dachte, die Klubs hätten – juristisch – nichts miteinander zu tun. Oder kann man sich das so vorstellen, dass bei der Verpflichtung von Talenten aus aller Herren Länder halt ein bisserl unausgesprochen mit den Augen gezwinkert wird, gehustet und dann sagt man „Keita“, zwinker, zwinker?

... allerdings naheliegend ...

Umgekehrt könnte man durchaus argumentieren, dass der relativ besondere RB-Spielstil gar nicht so leicht zu erlernen ist. Weil die Triggerpunkte für das Pressing eben ähnlich sind, das hohe Stehen, das schnelle Umschalten. Nachdem man das bei Red Bull zumindest in Salzburg schon seit 2012, also im Fußball eine Ewigkeit, macht, ist es eben hilfreich, als Spieler dorthin zu gehen, wo es schnell klappen kann. Immerhin ist es immer die Frage, wie schnell sich ein Neuzugang akklimatisiert, gerade wenn er aus einer kleinen Ausbildungsliga in die große, weite Fußballwelt wechselt.

Überdies gibt es wohl nur eine Hand voll Vereine, die sich auf ähnlich aggressives Pressing- und Umschaltspiel verstehen. Außerhalb von Österreich sind das eben Leipzig, Eibar, ferner Atalanta Bergamo und Liverpool. Etwas tiefer pressen Hoffenheim, ManCity oder auch Juve. Da stellt sich dann schon die Frage, wo ein heimischer Kicker hingehen soll, wenn man von der Jugend an Spielstil a) lernt und dann die ersten Schritte im Ausland macht. Wohl nicht bei City oder Juve. Selbiges betrifft den Trainermarkt. Salzburg suchte nach dem Garcia-Abgang ja auch im eigenen Nachwuchs und entschied sich zwischen Letsch und Rose.

... eigentlich eh wurscht?

Am Ende des Tages kann man diese ganze Wechsel-Farce zwischen Salzburg, Leipzig und Co. freilich skurril oder gar scheiße finden. Und es ist auch argumentierbar, dass der eine oder andere nicht-österreichische Jungspieler wohl kaum nach Salzburg käme, gebe es da kein Leipzig oder die Vitae von Mané und Keita. Allerdings, und das sollte man nicht vergessen, gab es derart außergewöhnliche Kicker immer wieder einmal in Österreich, zum Teil halt am anderen Ende der Karriereleiter. Man denkt ja schon noch ein bisserl an das Edelpratzerl eines Dejan Savicevic, die Pässe eines Milenko Acimovic oder die Umsicht des Sechsers Andres Fleurquin.

Insofern ist es eigentlich fast wurscht, ob da einer kommt, der eigentlich gar nicht hier sein sollte. Die wichtige Perspektive ist ja jene der Bedeutung für die Liga. Und da können die anderen heimischen Klubs einerseits von guten Gegner profitieren, andererseits werden auch die Wöbers, Zuljs und Co. nicht billiger, wenn „marktübliche“ Preise für die Europacup-Bullen gezahlt werden. Zudem können die Teamchefs der Nationalteams auf RB-Spieler vertrauen.

Aber wurscht ist die ganze Sache nicht. Man wird sehen, wie lange sich Fans in Salzburg und Leipzig die Geschichte noch gefallen lassen - und vor allem, was die UEFA dazu sagt, wenn sie sich noch weiter ansieht, wie Rangnick lenkt ...