"Redaktions-Battle": Warum die Europa League 2 eine gute/schlechte Idee ist
Ab 2021/22 wird es einen dritten internationalen Cupbewerb geben - der Arbeitstitel lautet "Europa League 2". Ist das eigentlich eine gute oder eine schlechte Idee? 90minuten.at hat sich in einem "Redaktions-Battle" dazu Gedanken gemacht!
Pro: Wenigstens etwas
Von Georg Sander
Die Älteren erinnern sich noch an den 1999 eingedampften Cupsieger-Bewerb. Das war wirklich etwas! KO-Spiele und nichts mit Gruppenspielen. Im letzten Viertelfinale standen mit Valerenga Oslo, Maccabi Haifa, Varteks Varazdin und Panionios Athen kleine Vereine aus kleinen Fußballnationen – herrlich! Gut, sie haben gegen die Vertreter aus England, Russland, Spanien und Italien dann zwar verloren, aber bitte.
Derartige Klubs schaffen es ohnehin so gut wie nie in die Gruppenphase der Champions League. In der Europa League lustwandeln aber die Trnavas, Sarpsborgs und gar Düdelingens der europäischen Fußballwelt. Das ist nett, denn das x-und drölfzigste Champions League-Spiel zwischen Real und Bayern ist ohnehin fad.
Mit der neuen Europa League 2 wird es einen drittklassigen Wettbewerb mit - wie in der neuen Europa League 1 und der Königsklasse - 32 Startern geben. Das internationale Starterfeld vergrößert sich, vermutlich werden wir viele neue Klubs auf internationaler Ebene kennen lernen.
Nachdem die Champions-League-Millionen ohnehin nur einem kleinen Kreis, nennen wir ihn einfach naiv den "Super League-Kreis", zu Gute kommen, sind Europacupduelle für viele Klubs eher rar gesäht. Aus kleineren Nationen schaffen es gerade noch die finanzkräftigsten Klubs alle heiligen Zeiten in die Champions League und verdienen sich ihren sportlichen Vorsprung sonst in der Europa League – ja, wir reden von Salzburg und von den Rapids, Zürichs, Malmös und Co.
Dass sich in zehn Jahren Europa League keiner der kleineren Klubs für die Gruppenphase der Europa-League qualifizieren konnte, spricht da eine deutliche Sprache. Über die Europa League 2 besteht ab 2021 die Möglichkeit, dass auch einmal ein Altach europäisch spielt. Leiwand, oder?
Und wer bei der UEFA auf Solidarität gehofft hat, verfolgt die Sportnachrichten nur sehr selektiv. Wir nehmen, was wir kriegen können!
Contra: Und in fünf Jahren dann die Europa League 3?
Von Michael Fiala
Es ist immer das gleiche Spiel: Wenn sich ein hochrangiger Fußball-Funktionär – sei es in der FIFA oder UEFA – langfristig seine Macht absichern will, muss man die vielen kleinen Nationen an Bord holen. Das hat nun auch UEFA-Boss Aleksander Čeferin so gemacht: Mit der Einführung eines dritten Europacup-Bewerbs werden die kleineren Nationen auch mit internationalen Spielen beglückt und werden zufrieden sein, wie auch etwa die Reaktion von ÖFB-Präsident Leo Windtner zeigt.
Auf den ersten Blick mag das neue Format attraktiv klingen. Doch wie sieht es dann in der Realität aus: Abgesehen davon, dass die Flut an Spielen mit 141 weiteren Matches noch mehr zunehmen wird, werden die Spiele zum Teil am Donnerstag bereits am Nachmittag gespielt werden. Als Spieltermin ist unter anderem 16:30 im Gespräch. Ein weiteres Unding ist zudem, dass die dritten der Gruppenphase in der Europa League KO-Spiele gegen die zweiten der neuen Europa-League-2-Gruppenphase spielen werden. Das gleiche Prozedere wird übrigens künftig auch zwischen Champions- und der bisherigen Europa-League zu sehen sein. Das heißt: Die größeren Nationen sichern sich selbst hier ab, um als Verlierer doch noch im Frühjahr weiterzuspielen. Und: Wenn man sich die neue Setzliste der drei Bewerbe ansieht, muss man nüchtern feststellen: Für Österreich gibt es künftig für die Champions- und sogar für die Europa-League weniger Startplätze.
Man muss sich eigentlich nur in Erinnerung rufen, warum dieser dritte Bewerb ins Leben gerufen wurde: Es ist die Gier nach Geld. Weil sich die großen Nationen und Klubs immer mehr zu einer in sich geschlossenen Veranstaltung treffen, werden noch mehr Bewerbe, noch mehr Spiele produziert, damit die Kleinen auch einen Mini-Anteil des Geldtopfes bekommen. Dabei wäre Solidarität so einfach: Man müsste einfach nur die unfassbar unfaire Verteilung der Uefa-Gelder solidarischer gestalten. Da dies aber nicht möglich ist, bekommen wir die Europa-League 2. Und möglicherweise dann in fünf Jahren die Europa League 3, weil dieses ungleiche Spiel von oben und nach unten hört ja eigentlich nie auf. Insofern sage ich: Mit dieser Form der finanziellen Befriedigung tun wir dem Fußball nichts Gutes. Im Gegenteil: Er wird zum austauschbaren Kommerzprodukt.