War es die Ausrichtung, die nicht zum Kader passt? Waren es die Liverpooler, die Pepijn Lijnders unbedingt wollte, die er dem Team vor die Nase setzte und dieses dann verschnupft reagierte? Oder die letztlich nicht ausreichende Qualität für die Restverteidigung? Zu selbstverliebte Offensivkräfte? Eine schlechte Kaderplanung durch den Sportdirektor Bernhard Seonbuchner?
Der Schaden ist da.
Was auch immer der entscheidende Grund dafür ist, warum die roten Bullen zunächst in die Champions League einzogen, bis Ende August keine Spiele verloren haben und der Faden dann gerissen ist, ist eigentlich egal.
Die Zeit der Durchhalteparolen ist nach der Abfuhr in der BayArena am Dienstagabend endgültig vorbei. Die Führungsspieler mussten sich den Fans stellen, dem Sportchef fehlten öffentlich die Worte, er fand sie offenbar gemeinsam mit Geschäftsführer Stephan Reiter in der Kabine. Fragen stellen ist nun erlaubt. Das geht so weit, dass Lijnders die Transferpolitik und damit die Klubphilosophie infrage stellt.
Die wichtige Frage ist: Wie kommen die Salzburger wieder aus dieser Scheißgasse raus?
Variante 1: Hoffen, beten, weitertun
Vielleicht haben Lijnders und Seonbuchner ja einen Plan, den niemand kennt, der derzeit für Misserfolge sorgt, aber auf Dauer aufgehen wird. Dass es kracht, ist nicht ganz unverständlich, das tut es schon seit Jaissle-Tagen. Doch nicht nur menschlich, sondern auch fußballerisch.
Immer mehr Gegner finden wirksame Mittel gegen den Red Bull-Powerkick. Das gilt von Prag bis Linz. Aber die Offensivkräfte haben Ladehemmung, das Lazarett ist stets gut gefüllt – man kann schon argumentieren, dass vieles so ist, wie es ist, weil die Umstände schwierig sind. Vor allem, wenn sie an einem Tag Feyenoord Rotterdam schlagen und wenige Tage später nichts gegen Blau-Weiß zustande bringen.
In der Wirtschaft nennt man solche Umwälzungen, die da im Gange sind – das betrifft bei Red Bull nicht nur die Mozartstädter – Changeprozesse. Das geht nicht ohne Reibung und manchmal muss man einen Schritt zurück machen, um zwei nach vorne zu gehen. Dafür müssen die Verantwortlichen aber auch Argumente liefern; sprich: zwei Siege gegen Hartberg einfahren, Rapid schlagen und Klagenfurt ebenfalls.
Variante 2: Hoffen, beten, kräftig nachlegen
Eine weitere Möglichkeit ist es, das Konto zu plündern. Die Bullen erzielen regelmäßig ein sattes Plus am Transfermarkt, dann muss jetzt auch investiert werden. Das Team braucht Leader, Stürmer und im Idealfall auch noch Integrationsfiguren für die verbliebene Gefolgschaft. Darüber hinaus sollen diese den geforderten Fußball spielen können.
Eine unschaffbare Aufgabe? Mit Sicherheit nicht. Maximilian Wöber wird das nächste halbe Jahr wohl eher wenig durchgehend für Leeds kicken. Florian Grillitsch ist ein Spieldeuter, wäre im Winter wohl zu haben. Namedropping beiseite gelassen: Es gibt genug Spieler, die den Red Bull-Fußball schnell wieder beherrschen würden und zumindest für österreichische Verhältnisse eine klare Qualitätssteigerung darstellen.
Ganz vorne braucht es auch jemanden. Gut, Konaté hat 2023/24 schon seine 20 Ligatore gemacht. Aber er vernebelt auch viele Chancen; dass just er verletzt hinausmusste, ist sinnbildlich für die Situation. Einen treffsicheren, stets fitten Spieler zu finden, das ist wohl die Herkulesaufgabe, denn den wollen alle.
Variante 3: Resetknopf drücken
Für die beiden ersten Varianten braucht es viel Vertrauen in das eigene Können, Variante drei ist schlichtweg ein Neustart mit dem jahrelang gewohnten Spielsystem, gepaart mit einem Köpferollen. Da kann es Lijnders oder Seonbuchner treffen, vielleicht auch beide. In der Fußballlogik ist aber zumeist zuerst der Trainer dran.
Und weil man nicht jeden Spieler mit hinausschmeißen kann, würden hierbei dieselben Überlegungen gelten wie bei Variante zwei, es würde insgesamt eine noch größere Stange Geld kosten.
Am Ende verspricht auch diese Variante nicht unbedingt eine Rettung der Saison. Der Effekt wäre ebenfalls mittel- bis langfristig.
Wer wetten will, sollte nicht auf Lijnders setzen
Ob ein kurzfristiger Effekt in mit irgendeiner Variante eintreten kann, ist überhaupt fraglich. Für die elf anderen Ligavereine ist das eine gute Nachricht.
Folgt man der Logik des Fußballs, werden zwei Dinge passieren: Die Salzburger werden weiterhin Federn lassen und in Folge muss der aktuelle Übungsleiter seine Koffer packen.
Mittelfristig werden die Bullen aber schon wieder in die Spur finden, der Weg ist aktuell offen. Eines scheint aber klar: ein paar Positionen neu zu besetzen, wird nicht reichen.