Erst im Vorfeld der Partien gegen die Polinnen wurden die Kritiker am gegenwärtigen Fußball des Frauen-Nationalteams unter Irene Fuhrmann lauter.
Was zuvor öffentlich etwas unter den Tisch fallen gelassen wurde, sprach zuletzt FAK-Sportchefin Lisa Makas im 90minuten-Interview laut aus: "Wenn du bei zwei Endrunden dabei warst, musst du schon den Anspruch haben, bei der nächsten auch dabei zu sein, ich denke, da sind wir uns alle einig."
Trainerteam am kürzesten Ast
Das Trainerteam sitzt heutzutage am kürzesten Ast, sprach sie auch unmissverständlich und im Frauen-Fußball bis dato eher selten vernommenes klar an. Und damit hat sie natürlich recht.
Also muss abgewogen werden. Auf der Habenseite stehen das EM-Viertelfinale 2022 sowie der zweite Platz in der Nations League 2022/23 und der Versuch der Weiterentwicklung des Teams in fußballerischer und personeller Hinsicht.
Die WM-Qualifikation für 2023 wurde hingegen verpasst, Österreich scheiterte an den Schottinnen. Und nun stehen 180 torlose Minuten gegen clevere, aber limitierte Polinnen da und damit das Aus in der Quali für die EM in der Schweiz kommenden Sommer.
Zu wenig!
Dazu kommt noch ein im Gange befindlicher Umbruch. Verdiente Kickerinnen wie Carina Wenninger oder Viktoria Schnaderbeck, die 2017 noch EM-Halbfinale spielten, haben aufgehört. Doch die nationale Spitze hat sich verbreitert, neue Stars wie Marie Höbinger oder Eileen Campbell sowie viele weitere ergänzen die verdienten 2017er-Spielerinnen wie beispielsweise Laura Feiersinger oder Manuela Zinsberger.
Fußballjournalisten haben sich auch nicht darüber getraut, Missstände klar ansprechen. Sei es aus Rücksichtnahme oder weil man(n) die Frauen-Teamchefin nicht zu hart anfassen wollte – aus Angst sich selbst die Finger zu verbrennen.
Natürlich kann man anführen, dass das Ausscheiden in den Playoffs zweimal Pech war. Doch so funktioniert das nirgends. Eigentlich hat das Team die Qualität, um hinter Deutschland, aber vor Island und Polen zu landen. Die Leistungen in der EM-Quali waren nicht gut genug, die verbesserte Breite auf dem Platz vor allem im letzten halben Jahr nicht ersichtlich.
Was zählt ein Symbol?
Insgesamt ist das Frauen-Nationalteam in den letzten Jahren auf einer Welle des Erfolges gesurft, das hat auch Misserfolge schnell vergessen gemacht. Und mit Sicherheit geht der Impact von 10.000 Fans wie gegen Frankreich in der Nations League weit über die Bedeutung eines Fußballspiels hinaus.
Der Frauensport an sich kämpft auch 2024 noch um Anerkennung für die herausragenden Leistungen der Athletinnen. Im Sport ist die Ungleichbehandlung von Männern und Frauen, die auch weiteste Teile der "normalen" Arbeitswelt betrifft, zudem besonders gut sichtbar.
Handzahme Journalist:innen
Vermutlich hat dieser Punkt in den letzten Monaten auch medial überwogen. Die – noch immer in weitesten Teilen männlichen – Fußballjournalisten haben sich auch nicht darüber getraut, Kommentare und Analysen zu verfassen, die die Missstände klar ansprechen.
Sei es aus einem komischen Gefühl der Rücksichtnahme heraus oder weil man(n) die Frauen-Teamchefin nicht zu hart anfassen wollte – aus Angst sich selbst die Finger zu verbrennen.
Man will den Vergleich ja irgendwie gar nicht anstellen, aber im Männerfußball wäre die Konsequenz, dass der Teamchef mit diesem Leistungsnachweis gehen muss.
Schöttel kann nicht mehr schweigen
Inwiefern der Verband intern einen ähnlichen Zugang wählte, weiß man natürlich nicht. Große Worte über die Unleistungen gab es von Sportdirektor Peter Schöttel nicht. Doch der schweigt ohnehin zu vielen Dingen, jetzt kann er aber nicht mehr.
Ein Ende der Zusammenarbeit nach vier Jahren ist jedenfalls gut zu argumentieren. Denn sie hat es leider nicht geschafft, aus dem Außenseiter Österreich eine Mittelklassemannschaft zu formen, die gegen Teams wie Polen eben zu überzeugen weiß und die Größeren mehr als ärgert, nämlich manchmal schlägt.
Fuhrmann ist eine gute Trainerin, nur nicht hier
Das heißt nicht, dass ihre Ideen woanders nicht fruchten können, macht aus Fuhrmann keine schlechte Trainerin. Nur eben vielleicht nicht die, die das Nationalteam weiter anführt.
Man will den Vergleich ja irgendwie gar nicht anstellen, aber im Männerfußball wäre die Konsequenz, dass der Teamchef mit diesem Leistungsnachweis gehen muss.
Das ist schlichtweg die Logik des (Männer-)Fußballs. Ob es auch schon an der Zeit ist, diese Logik auf Frauen-Fußball anzuwenden, ist auf den ersten Blick eine gute Frage. Hinsichtlich der schon im Februar startenden nächsten Nations League muss man sagen: Ja, ist es.