Die neue Ligaphase ist (noch) fad
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Die neue Ligaphase ist (noch) fad

Die Ligaphase in den drei europäischen Bewerben geht in die Halbzeitpause. Es zeigt sich: (Noch) ist das alles eine fade G'schicht. Aus unterschiedlichen Gründen.

Fangen wir mit dem positiven an: Die neue Ligaphase bietet schon einige lustige Ergebnisse. Laut Opta braucht es 15 Punkte, um mit einer 73-prozentigen Wahrscheinlichkeit unter die ersten Acht zu kommen. Topklubs wie Paris St. Germain (4 Punkte), Real Madrid oder Bayern München (je 6) liegen aktuell nicht sehr weit vorne. Opta hilft auch hier: PSG wird am Ende am wahrscheinlichsten auf Rang 23 oder 24 landen, Real auf Rang 16 oder 17 und die Bayern auf Rang acht oder neun.

Die Europa League findet aktuell eher statt. Ohne österreichische Vertreter fällt es schwer, sich für die zweithöchste Spielklasse zu interessieren. Wenn man nicht zufällig Fan irgendeines internationalen Klubs ist, plätschert der Bewerb so nebenher mit. Die Conference League wiederum ermöglicht Vereinen, die sonst den Europacup nur aus der 2. Qualifikationsrunde kannten, mitzuspielen. Und Österreichs Vertretern nebenher auch noch gute Chancen auf's Weiterkommen.

Es stimmt schon: Die Vierergruppen waren mäßig spannend, das Sechzehntelfinale hat nicht unbedingt mehr kleine Klubs ins Halbfinale gebracht. Und acht verschiedene Gegner (bzw. derer sechs) haben schon auch ihren Charme.

Gute Vorsätze

Dabei muss man die UEFA schon auch einmal in Schutz nehmen, denn die Vorsätze waren gut. Die großen Vereine versuchten vor einiger Zeit mit der Superliga den Aufstand, das musste aus Sicht des Verbands verhindert werden. Jetzt versucht man den Spagat zwischen den großen Namen und dem Rest.

Inwiefern Vikingur Reykjavik gegen Noah Jerewan als Europacupspiel im November wirklich im Sinne der Erfinder dieser Sache war, muss dahingestellt werden.

Georg Sohler

Das neue Format ermöglicht mehr Vereinen und somit nationalen Märkten die Teilhabe am großen Kick und Geld. Das sind kleinere Länder wie Armenien oder Aserbaidschan, aber auch große wie Polen oder die Türkei. Das sind riesige Länder mit vielen Fans, aber mäßig erfolgreichem Klubfußball. Galatasaray ist derzeit Dritter der Europa League, Legia Warschau und Jagiellonia Bialystok lauern hinter Chelsea (und vor Rapid) auf den Conference League Gruppensieg.

Doch der aufgestockte Europacup hat auch Konsequenzen, wenn auch eher weiter unten. Schon in der Europa League zieht sich das Feld ordentlich auseinander; auch wenn die kleineren Teams dort noch immer FCSB, Elfsborg, Slavia Prag, Midtjylland oder Qarabağ Ağdam heißen. Aber inwiefern Vikingur Reykjavik gegen Noah Jerewan als Europacupspiel im November wirklich im Sinne der Erfinder dieser Sache war, muss dahingestellt werden.

Gegenargumente

Und damit sind wir schon bei den Problemen. Ja, Red Bull Salzburg hat sich selbst wieder gefunden und in Rotterdam nach drei grottenschlechten Leistungen gewonnen. Für Sturm ist die Königsklasse eine Nummer zu groß. Der LASK ist eigentlich nur enttäuschend unterwegs, Rapid hat mit den Gegnern am Papier weitgehend leichte Spiele. Das sorgt bei neutralen Beobachtern und Fußballfans nicht gerade für Jubelstürme.

Vielleicht sind 108 Klubs in drei Gruppenphasen schlichtweg zu viel. Im Endeffekt spielt ja ohnehin schon gefühlt jeder halbwegs spannende Verein in der Ligaphase.

Georg Sohler

Dann weiß man dann und wann auch nicht, welches Spiel wann und wo läuft und ob es auswärts oder daheim ist. Mit den zwei Extraspieltagen in CL und EL wird der Fußball immer mehr. Kollege Patrick Gstettner meinte im Reaction-Video nach dem Salzburg-Sieg, dass er sich mittlerweile auf die Länderspielpause freut, weil es langsam zu viel Fußball wird.

Apropos: Noch schauen die Tabellen ja spaßig aus. Die Jännerspieltage werden sicherlich spannend, aber die Teams aus den großen Ländern, die kaum oder keine Winterpause haben, können am Transfermarkt zuschlagen und die Salzburgs, Prags und Co. aus dem Bewerb kicken.

Neu gleich besser?

Eine unbedingte Stärkung der kleineren Verbände ist trotz der gegenwärtigen Tabellen eben nicht zu erwarten, am Ende werden im Achtelfinale vermutlich doch wieder Klubs aus den großen Fußballändern stehen.

Vielleicht sind 108 Klubs in drei Gruppenphasen schlichtweg zu viel. Im Endeffekt spielt ja ohnehin schon gefühlt jeder halbwegs spannende Verein in der Ligaphase. So viele namhafte Klubs sind in den Qualis auch nicht hängen geblieben. Mit durchaus hehren Vorsätzen wurden die Bewerbe halt leider so weit aufgeblasen, dass Teile der Europa League und ein Großteil der Conference League das Flair des UI-Cups anno 2002 versprühen.

Zusammengefasst: Noch zündet diese Gruppenphase nicht wirklich, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen.


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