Der Spaß ist zurück in der Mozartstadt
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Der Spaß ist zurück in der Mozartstadt

Unter Pep Lijnders ist das Spektakel zurückgekehrt. Ob die Salzburger die Qualifikation zur Champions League schaffen, ist da nun fast unerheblich. Ein Kommentar:

Red Bull Salzburg geht mit einem doch komfortablen 2:0-Vorsprung gegen Dynamo Kyiv ins Champions League-Playoff-Rückspiel.

2021/22 musste man sich zuletzt durch die Quali mühen, Bröndby IF wurde zweimal mit 2:1 besiegt. Der "Probegalopp" gegen Twente Enschede konnte fußballerisch überzeugender gestaltet werden, als die Ergebnisse von 2:1 und 3:3 vermuten lassen. Nach vielen Monaten der Abhängigkeit von Geniestreichen harmonieren unter Pep Lijnders individuelle Klasse und eingeübte Offensivvorträge miteinander.

Auch neutrale Beobachter werden zugeben: So viel Spaß beim Zuschauen haben die Salzburger seit der vogelwilden Ära Jesse Marsch nicht mehr gemacht. Matthias Jaissle hatte den Bullen eher zweckmäßig orientierten Kick verordnet. Dem wegen Jaissles Abgang im letzten Sommer kurzfristig verpflichteten Gerhard Struber war sein Herzensverein letztlich eine Nummer zu groß. So fair muss man sein: Die Verletztenliste war zeitweilig über zehn Mann lang, der eine oder andere Spieler wähnte sich im Frühjahr bereits in einer Topliga, war nicht mit dem Kopf bei der Sache. 

Warum klappt es mit Lijnders aber gerade so gut, auch wenn wieder einmal eine lange Liste an Abgängen einer sehr kurzen an Neuzugängen gegenüber steht? Wieso kehrt dieser Besen besser?

Normale Kaderbewegung?

Auf der Abgangsseite stehen derzeit die fast schon traditionellen Millionentransfers wie Strahinja Pavlovic (Milan, 18 Mio. Euro), Luka Sucic (Real Sociedad, 10 Mio. Euro) oder auch Amankwah Forson (Norwich, 4,5 Mio. Euro). Vor allem die ersten beiden sind Kalkül der Salzburger und sie spülten wieder kräftig Geld in die Kasse. Sogar Rapid holte mit Mamadou Sangare (700.000 Euro) das erste Mal seit zehn Jahren einen roten Bullen. 

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Kamil Piatkowski war schon so gut wie nicht mehr da und überzeugt plötzlich

Auf den Transfer von Oumar Solet wartet man noch, der Franzose hat zuerst mangelhafte Leistungen gezeigt, sich nun etwas verzockt. Ansonsten "bereinigte" Bernhard Seonbuchner den Kader um Kicker, die weiterziehen mussten (Nico Mantl/Arouca, Sekou Koita/ZSKA Moskau) und verlieh den einen oder anderen, der noch eine Chance bekommen könnte, wie Dijon Kameri (Altach).

Auf der Zugangsseite tat sich bislang wenig. Leihrückkehrer Kamil Piatkowski spielte sich schon ins Rampenlicht, auch Ignace Van der Brempt ist etwas überraschend wieder nah an der ersten Mannschaft dran. Das kommt vielleicht unerwartet, aber es ist nicht das erste Mal, dass Spieler nach mehreren Leihen doch noch ein Thema werden. Mergim Berisha etwa wurde zum LASK, nach Magdeburg und zu Altach verliehen, bevor 2020/21 eine super Saison im Dress der Bullen spielte und via Fenerbahce nach Deutschland ging. 

"Interne" Neuzugänge

Das System mit Liefering und Leihen kann man von außen durchaus kritisieren, es zahlt sich gegenwärtig aus, weil die Leih-Heimkehrer zum jeweiligen Zeitpunkt ja nicht umsonst geholt wurden. Dazu kommt eben die eingangs erwähnte Verletztenliste. Auch im Saisonfinish 2024/25 fehlten etwa Samson Baidoo, Amar Dedic, Leandro Morgalla, Maurits Kjaergaard, Mads Bidstrup, Nicolas Capaldo und Fernando teilweise gleichzeitig.

Es machte also Sinn, nicht unzählige Neuverpflichtungen für die erste Mannschaft zu holen. Mit Takumu Kawamura (Hiroshima), Bobby Clark (Liverpool) und Janis Blaswich (Leipzig) kamen, Stand heute, nur drei externe Neue, wobei Blaswich bekanntlich nur geliehen ist. Der 24-jährige Japaner Kawamura verletzte sich prompt, Clark wird noch ein bisschen brauchen. 

Es war also schon einiges an Personal da, mit dem Lijnders in den Sommer gehen konnte. Und dieses Personal ist mit den Grundsätzen des RB-Fußball prinzipiell per Du. Somit musste Lijnders "nur" noch das Puzzle bestmöglich zusammenfügen.


Aus Prinzip Spektakel

Lijnders wurde ja auch genau wegen der Qualität bei der Entwicklung von Spielern geholt. Es hilft ja auch nichts: Die österreichische Bundesliga ist für die allermeisten Kicker der Anfang einer Karriere, nicht das Ende. Und gerade Forson ist ein gutes Beispiel: Selbst Zweitligisten aus Top5-Ligen können mittlerweile Summen auf den Tisch legen, dass einem fast schwindlig wird. Außerdem muss man es umgekehrt denken: Welcher Spieler kommt mit 28 nach Österreich, ist eine Verstärkung für Salzburg und noch dazu nicht finanziell komplett außerhalb des Rahmens, den ein Kader verträgt?

Die Zeiten, als man den Kader zusammenhielt, endlich in die Champions League wollte und es am Ende ins Halbfinale der Europa League schaffte, sind lange her. Die Fußballwelt dreht sich immer schneller, selbst ein Champions League-Achtelfinale wie 2021/22 wirkt heutzutage unrealistisch. Das liegt weniger an Salzburg, als an der UEFA sowie Sponsoren und TV-Anstalten, die das Geld zu noch reicheren Klubs fließen lassen. Und nur weil jemand viel Geld kostet, muss er à la longue keine Verstärkung sein - siehe Fernando.

Man könnte sagen, dass Salzburg nun mit Lijnders aus dieser Not eine Tugend macht; allerdings macht man weniger aus Not, als aus den Umständen das Beste. Die Abwehrspieler sind blutjung, Piatkowski (24) und Terzic (25) sind die ältesten. Insofern rumpelt es in der Abwehr noch einigermaßen, so ehrlich darf man sein. Vorne lässt der Trainer auch aufgrund der Verletzungen der Mittelstürmer Karim Konaté und Fernando Talente wie Oscar Gloukh, Moussa Yeo, Dorgeles Nene oder Adam Daghim durch die gegnerischen Abwehrreihen wirbeln.

Aus allen Rohren

Zwar würde man sich defensive Stabilität durchaus wünschen, aber die kann man generell etwas leichter herstellen, als ein Offensivfeuerwerk abzufackeln. Lijnders hat aktuell eine Spielart gefunden, die Spektakel verheißt. Zu überfallsartigen Kontern kommt eine ansprechende Bewegung zwischen den gegnerischen Defensivlinien hinzu, die es zulässt, dass die Salzburger mit ihrer individuellen Klasse auch tief stehende Abwehrblöcke ein ums andere Mal knacken können.

Das war in den letzten Jahren eher selten der Fall. Allzu oft versandeten Angriffe, weil die Gegner eher auf Abwehr umstellten und uninspirierter Offensivkick eher mäßig geeignet ist, um sich durch zehn Gegner durchzukombinieren. Wenn das dann mit fahrigem, teilweise arrogantem Defensivverhalten einzelner Akteure einhergeht, wird man eben einmal nicht Meister.

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Moussa Yeo, quasi Sinnbild der bisherigen Saison: Er kam, sah, traf und assistierte

Gegen Twente hab man im Hinspiel 14 Schüsse, im Rückspiel nur mehr neun, man führte aber auch nach 25 Minuten mit 2:0. Gegen Kyiv flogen 16 Bälle in die Richtung des Tors von Georgiy Bushchan. Allerdings auch 13 in die andere Richtung. Ein Indiz für Offensivfußball, halt in beide Richtungen.

Für den Fan sind derartige Spiele, noch dazu mit besserem Ende für das eigene Team, jedenfalls spannender als defensive Partien. Beim 0:0 gegen Real Sociedad vergangene Saison verbuchten die Spanier bei 70 Prozent Ballbesitz 21 Abschlüsse.

So macht das Spaß

Wenn nun nicht alles schiefgeht, ertönt die Champions League-Hymne 2024/25 mindestens viermal in der Red Bull Arena. Die Früchte in der Ligaphase hängen mit Sicherheit höher, hinten wird es öfters rappeln als gegenwärtig. Wer aber gegen den Dritten der Niederlande oder den ukrainischen Vizemeister gewinnt, kann zumindest den Gegnern aus Topf zwei bis vier mehr als unangenehm werden.

Dann wird sich sowieso weisen, ob die jungen Salzburger besser als acht Teams sind und die Chance auf ein Weiterkommen haben. Das wird von der Auslosung abhängen. Und selbst wenn Kyiv das Spiel noch dreht und Salzburg in der Europa League antreten muss:

Der Kick ist auf alle Fälle spektakulärer als das, was in den letzten ein, zwei, drei Jahren gezeigt wurde.

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