Das Frauen-Nationalteam ist uns noch immer wurscht
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Das Frauen-Nationalteam ist uns noch immer wurscht

Seit knapp drei Wochen hat das ÖFB-Nationalteam offiziell keine Teamchefin mehr. Der mediale Umgang zeigt die Widersprüche im Umgang mit Frauen-Fußball auf – bei Fans und Medien.

Bevor du oder Sie weiterlesen: Wie viele Frauen absolvieren oder haben in Österreich die UEFA-Pro-Lizenz absolviert?

Obwohl Frauen-Fußball immer populärer wird, hinkt er in vielerlei Hinsicht immer noch weit hinter den Männern her. Zwar verlangt (noch) niemand gleiches Gehalt für die Arbeit, aber anhand des Gehaltsvergleichs lässt sich viel illustrieren. Ex-Teamspielerin Viktoria Schnaderbeck veröffentlichte neulich den Gehaltsvergleich mit David Alaba, als sie mit 19 und er mit 18 Jahren zu den Bayern kam. Sie erhielt 200 Euro, er 20.000. Das ist lange her, mag man meinen.

Noch 2023 gaben gegenüber der ARD-Sportschau 122 Spielerinnen der beiden höchsten deutschen Spielklassen Auskunft über ihr Gehalt: Knapp ein Viertel bekam gar kein Geld, ein Drittel 500 Euro brutto, nur 13 Prozent gaben an, mehr als 2.000 Euro zu verdienen.

Dabei geht es eher um die Equal Play, also um gleiche Bedingungen wie die Herren. Da hat sich einiges getan, mit dem UEFA-Tritt in den Vereinshintern – wer Europacup spielt, muss sich im Frauen-Fußball engagieren – stellen schon einige Bundesliga-Profivereine ihren Amateur-Kolleginnen die (Trainings-)Infrastruktur zur Verfügung.

Fragen kostet nichts

Das alles kostet freilich Geld. Was wiederum eher wenig Geld kostet, wäre eine gleiche mediale Behandlung. Und schon sind wir bei Irene Fuhrmann und ihren Abgang beim ÖFB sowie der Diskussion um die oder den neue/n Teamchef/in.

Setzt man Analyse von Print- und TV-Zeiten bei Männer und Frauen in ein Verhältnis, ist das Ergebnis ernüchternd: Ein "Frauen-TV"-Sender wird 2025 am 20. Februar nicht mehr senden.

Mag sein, dass Fußballfans zwischen Weihnachten und Neujahr andere Dinge zu tun haben. Die Medienberichte rund um Fuhrmanns Weggang haben wenig Wellen geschlagen. Die Bestätigung des Foda-Abgangs hatte im Standard-Forum 551 User-Kommentare. Bei Fuhrmann sind es aktuell 114. Es werden wohl auch in drei Jahren keine 250 werden.

Während nach jeder Ablöse bei den Herren je nach Dauer unzählige Spekulationsbeiträge verfasst werden, kann ÖFB-Sportdirektor betont ruhig eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger für Fuhrmann suchen. Ein Kenner der Sachlage sagt: „Wenn Rangnick geht, findet man jeden Tag 30 Journalisten, die über mögliche Namen diskutieren.“

Keine Frau im TV?

Zumindest haben die allermeisten Redaktionen die Wichtigkeit von Frauen-Fußball erkannt und mittlerweile kennt sich wohl zumindest eine Person in den wichtigsten Häusern des Landes mit dem Nationalteam sehr gut aus. Vorangegangen ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk, für den die Übertragung von Frauen-Länderspielen früh eine Herzensangelegenheit war.

Dennoch ist die mediale Darstellung noch lange nicht dort, wo sie sein sollte. Win2day untersucht die Sportberichterstattung laut eigenen Angaben regelmäßig und errechnet, dass 81 Prozent der Sport-Berichterstattung männlichen Sportlern vorbehalten ist. Setzt man Analyse von Print- und TV-Zeiten bei Männer und Frauen in ein Verhältnis, ist das Ergebnis ernüchternd: Ein "Frauen-TV"-Sender wird 2025 am 20. Februar nicht mehr senden.

Was fehlt: Listicles mit zehn Namen gepaart mit gut formulierten Begründungen, Stammtisch-Diskussionen und Enten von irgendwelchen Twitter-Transferexperten.

Noch ein aktuelles Beispiel, das dies unterstreicht: Das Unwissen rund um Frauensport bzw. Frauen-Fußball gipfelt zuletzt in der online oft formulierten Annahme, Red Bull würde mit Bergheim einen "weiteren Verein zerstören". Dass die Frauen-Fußballabteilung erst 2014 aus einer Zusammenführung mit dem USK Hof hervorging, stört die Narrative dabei genauso wenig wie der Umstand, dass das Engagement in genau dieser Form – Übernahme eines Bundesligisten nach zwei Jahren Kooperation – in der Szene mehr als nur begrüßt wird.

Aufruf zur Teilnahme

Und genauso läuft die Debatte rund um die Fuhrmann-Nachfolge derzeit dann auch ab, nämlich entweder gar nicht oder maximal auf der Oberfläche. Frauen-Fußball ist eben nach wie vor mehr Event als sportlicher Wettkampf. Wenn es um was oder gegen wen geht, sind die Massen da. Das ist zwar im Männerkick nicht unähnlich, aber da geht es auf höchster Ebene seltenst so weit auseinander und medial wird dennoch berichtet und diskutiert.

Nur wegen vier großen Events im Jahr werden die Möglichkeiten auf Equal Play größer, es braucht das berechtigte, ganzjährige Interesse. Und wenn das Nationalteam schlecht spielt, muss das auch angesprochen werden und nicht aus dem Gefühl heraus, dass man das – aus welchem Grund auch immer – nicht sagen dürfte.

Unter Umständen hört es sich komisch an, aber was fehlt: Listicles mit zehn Namen unter dem Titel "Das sind mögliche Teamchef-Kandidaten für die ÖFB-Frauen", gepaart mit gut formulierten Begründungen, gehören da genauso dazu wie Stammtisch-Diskussionen und Enten von irgendwelchen Twitter-Transferexperten.

Übrigens sind es drei Frauen: Maria Wolf, Irene Fuhrmann und Liése Brancão.


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