These: Zu viele Nebengeräusche! Der Fokus des ÖFB liegt derzeit nicht auf dem Sportlichen. Die Partie gegen Kasachstan schreit nach einer Blamage.
Harald Prantl: Das wäre natürlich eine extrem bequeme Ausrede. Aber es wird sie nicht brauchen. Das ÖFB-Team wird in Kasachstan nämlich gewinnen. Es scheint den Verantwortlichen gelungen zu sein, die Causa Bernhard Neuhold – und das ist die einzige für die Mannschaft relevante bei all den vielen Themen, die der Verband gerade hat – weitestgehend vom Team ferngehalten zu haben. Die im Spielerrat befindlichen Marcel Sabitzer, Marko Arnautovic und Konrad Laimer sind erfahrene Profis genug, um sich am Montag mit dem ÖFB-Präsident zu besprechen, ohne das ihre Leistung am Donnerstag darunter leidet.
Michael Fiala: Es ist natürlich alles andere als optimal, wenn eine Pressekonferenz vor dem Match ein Thema auf eine Bühne hebt, das mit dem Sport an sich wenig zu tun hat. Einen besonders großen Einfluss auf die sportliche Performance gegen Kasachstan sehe ich aber trotzdem nicht. Es wäre aber insgesamt schon gut und wichtig, wenn der ÖFB in der Führungsebene endlich in die Gänge kommt, und die offenen Themen klärt. Denn auf Dauer würde dieser Konflikt wohl oder übel zur Belastung werden.
These: Österreich sollte alles daran legen, die Nations-League-Gruppe zu gewinnen und aufzusteigen – denn eine solche Nations League wie heuer braucht kein österreichischer Fußball-Fan mehr!
Michael Fiala: Ein Aufstieg ist aus mehreren Gründen ganz wichtig. Um zunächst bei den eingangs erwähnten Fans zu bleiben: Natürlich wollen die Fans lieber Spiele gegen Frankreich, England & Co sehen. Ein Aufstieg würde daher die Nachfrage nach Tickets deutlich in die Höhe treiben, womit auch der ÖFB aus wirtschaftlicher Sicht profitieren könnte. Und dann gibt es noch die wichtige, sportliche Perspektive: Österreich braucht möglichst viele Spiele auf höchstem Niveau, also gegen Top-Nationen, um sich für eine mögliche WM-Qualifikation bestmöglich vorbereiten zu können.
Harald Prantl: Ganz so dramatisch, wie diese zugespitzte These es vermittelt, war es auch wieder nicht. Mit Oslo und Ljubljana gab es für die Fans zwei nette Reiseziele. Ja, Kasachstan hätten sich bestimmt alle gerne erspart. Angenommen, der ÖFB steigt auf und trifft in der nächsten Nations League auf drei richtig große Kaliber. Dann spielt das Team aus jenen Gründen, die Kollege Fiala bereits erwähnt hat, freilich drei Mal in Wien. Wie sehr sich die Fans aus den Bundesländern darüber freuen, sei mal dahingestellt.
These: Spielrhythmus ist wichtig und es steht zu viel auf dem Spiel: Maximilian Wöber hat aufgrund seiner aktuellen Lage nichts im ÖFB-Team verloren.
Harald Prantl: Wusste das Alexander Schlager auch, als er im extrem wichtigen Heimspiel gegen Kasachstan als Salzburger Nummer 2 im ÖFB-Tor gestanden ist? Und diskutieren wir dann auch über Marko Arnautovic, der in den vergangenen acht Serie-A-Runden genau eine Minute gespielt hat? Ralf Rangnick weiß, was er an Maximilian Wöber hat: Einen auf mehreren Positionen einsetzbaren Verteidiger mit einem starken linken Fuß, der das System Rangnick und all seine Mitspieler im Nationalteam bestens kennt. Das sollten Argumente genug sein, um Wöber diesmal zur Not einzusetzen. Denn klar ist, dass er in den Startelf-Überlegungen des Teamchefs wohl keine Rolle spielt.
Michael Fiala: Wann, wenn nicht jetzt im Rahmen eines Nations-League-Lehrgangs kann man einen Spieler wie Maximilian Wöber zurück in den Kader holen, und dabei ein relativ geringes Risiko eingehen. Ich sehe das wie mein Kollege Harald Prantl: Wöber weiß, was zu tun ist, wird sicher nicht von Anfang an kommen, aber möglicherweise die eine oder andere Einsatzminute absolvieren dürfen. Eine sogenannte Win-Win-Situation, um Wöber den Weg zurück – auch bei seinem Klub Leeds United – zu ebnen.
These: Keine Rotation mehr im ÖFB-Tor! Rangnick muss sich endlich auf eine Nummer eins festlegen.
Michael Fiala: Ich bin der Meinung, dass Ralf Rangnick hier noch ein bisschen Zeit hat und diese auch brauchen wird. Dass Österreich in den vergangenen Jahren auf der Torhüterposition keine eindeutige Nummer eins hatte, ist evident. Eine klare Nummer eins zeichnet sich aktuell zudem auch nicht ab. Alexander Schlager ist erst seit wenigen Wochen wieder regelmäßig im Einsatz. Patrick Pentz war bei der Euro im Einsatz und hat dabei solide gespielt, mehr aber auch nicht. Niklas Hedl fehlt aktuell noch die nötige internationale Erfahrung, die er unter Rangnick noch bekommen könnte. Der Rapid-Goalie sticht aber jetzt auch nicht so hervor, dass man ihn unbedingt forcieren müsste. Eine Festlegung zum jetzigen Zeitpunkt käme daher viel zu früh.
Harald Prantl: Ich sehe die Vergangenheit ein wenig anders. Österreich hatte eine klare Nummer eins – ab Juni 2023 führte ein Jahr lang im ÖFB-Tor kein Weg an Alexander Schlager vorbei. Hätte sich der Salzburger nicht vor der EM verletzt, hätte sich daran nichts geändert. Patrick Pentz hat den Salzburg-Goalie zuletzt gut vertreten und somit freilich auch Ansprüche. Beide geben sich glaubhaft als Teamplayer, es ist also keine Gefahr im Verzug, wenn sich Rangnick nicht so schnell festlegt.