In unserem Themen-Schwerpunkt "Karriere danach" haben wir uns in den vergangenen Tagen damit beschäftigt, wie es mit Fußballern weitergeht, wenn der Ball für sie nicht mehr rollt.
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Zum Abschluss konfrontiert die Redaktion 90minuten-Gründer Michael Fiala und Chefredakteur Harald Prantl mit vier provokanten Thesen zur beruflichen Zukunft von Fußballern.
These: Ein großer Name alleine trägt dich heutzutage nicht mehr weit im Trainer-Geschäft.
Harald Prantl: Kurzer Faktencheck: Von den 18 Männern, die in dieser Saison Bundesliga-Klubs trainiert haben, war genau ein Drittel (Standfest, Schopp, Feldhofer, Pacult, Säumel, Kühbauer) früher mal ÖFB-Teamspieler. Auch Teamchef Ralf Rangnick und U21-Coach Peter Perchtold haben keine großen Spieler-Karrieren hingelegt. Also ja, die Zeiten, in denen es Ex-Profis vorbehalten war, die wichtigsten Trainerjobs zu bekommen, sind vorbei. Einen Startvorteil haben sie ob ihrer Beziehungen (siehe These 3) allemal, doch das war’s auch schon wieder. Und das ist gut so.
Michael Fiala: Ein "großer Name" ist sicherlich noch immer ein Türöffner in Österreich, auch wenn es mittlerweile, auch aufgrund der gestiegenen finanziellen Möglichkeiten, immer mehr Alternativen gibt. Österreich ist da sicherlich keine Ausnahme, und wenn man die vergangenen Jahre verfolgt hat, so tauchen immer wieder Klublegenden im eigenen Verein auf, wenn auch nicht immer als Trainer, sondern auch in anderen Funktionen. Wichtig, und das hat auch Harald schon erwähnt: Die Zeiten, als ein Legendenstatus automatisch die Eintrittskarte war, um irgendwann auch den "eigenen" Klub einmal zu trainieren, sind vorbei.
These: Sonst nichts drauf? Für viele ehemalige Fußballer ist der Verbleib im Sport die einzige Möglichkeit, um finanziell nicht komplett auf die schiefe Bahn zu geraten.
Michael Fiala: Diese These ist mir zu wild. Das klingt ja so, als ob jeder Zweite, der nach seiner Karriere nicht im Sport bleibt, auf die schiefe Bahn gerät. Natürlich ist der Umstieg nach einer aktiven Profikarriere schwer, weil man einerseits das finanzielle Niveau möglicherweise nicht halten kann, und weil man manchmal nicht weiß, was man mit der neu gewonnenen Zeit anfangen soll. Insofern müssen ehemalige Profis dann aufpassen, dass sie nicht die falschen Weichen stellen. Aber: Es ist ein subjektives Gefühl meinerseits, aber ich denke schon, dass viele Profis in den vergangenen Jahren erkannt haben, auch schon während der aktiven Karriere an die Zeit danach zu denken.
Harald Prantl: Das erweiterte Sport-Business ist inzwischen so groß, dass da in Sachen Jobs eigentlich für jeden Interessierten etwas dabei ist – Physio, Trainer, Manager, Key-Accounter, Marketer,... Dass die These suggeriert, dass man für diese Berufe "nichts drauf" haben müsse, stört mich. Es ist doch natürlich und logisch, wenn Ex-Fußballer nach ihren Spieler-Karrieren versuchen, in jener Branche Fuß zu fassen, in der sie bereits Kontakte geknüpft haben, deren Mechanismen sie am besten kennen. Der Knackpunkt ist vielmehr, die von Michi bereits beschriebene Tatsache, dass das Gehalts-Niveau oftmals niedriger ist, als jenes zu aktiven Zeiten. Sich dieser Realität zu stellen, ist eine Herausforderung, mit der Menschen mit klassischen beruflichen Werdegängen in der Regel nicht konfrontiert sind.
These: Fußballer sollten während ihrer aktiven Zeit so viele Kontakte knüpfen wie möglich, denn Freunderlwirtschaft öffnet auch heute immer noch viele Türen.
Harald Prantl: Als gelernter Österreicher muss man diese These wohl oder übel so abnicken. Stallgeruch und Vitamin B sind immer noch ein wichtiger Faktor. Sei es die Lobby bei den Fans oder den Entscheidungsträgern, seien es geknüpfte Bande zu Sponsoren, seien es Beziehungen zu Medienhäusern, die Experten-Jobs zu vergeben haben – all das hilft. Schlaue Kicker reißen die Brücken nicht ab, über die sie gegangen sind. Man sieht sich im Leben ja immer zwei Mal, vor allem in einem kleinen Markt wie dem österreichischen Fußball. Muss man nicht gut finden, ist aber so.
Michael Fiala: Da fällt mir immer wieder der Spruch des ehemaligen ÖSV-Präsidenten Peter Schröcksnadel ein: "Austria is too small, to …". Gut, hier geht es nicht um Doping, aber in Österreich kennt wirklich jeder jeden. Insofern ist ein gutes Netzwerk wichtig, um seine Karriere nach der Karriere voranzutreiben. Das muss aber auch nicht immer mit Freunderlwirtschaft gleichgestellt werden. Gute Kontakte sind wichtig, um auch mit entsprechender Qualifikation neue Jobs zu bekommen. Brenzlig wird es nur, wenn man einen Job nur wegen der guten Kontakte bekommt, und eigentlich nicht die entsprechende Ausbildung hat.
These: Warum Plan B? Wer es wirklich ernst meint mit dem Beruf als Profi-Fußballer, der soll seinen Fokus ausschließlich auf den Fußball richten. Für alles andere hat man später auch noch Zeit.
Michael Fiala: Profi-Fußballer haben bekanntlich relativ viel Freizeit. Das soll jetzt nicht despektierlich klingen und die Leistungen schmälern, aber es ist nun mal so. Insofern kann man diese Freizeit produktiv nützen, ohne dass man den Fokus auf den Profisport verliert. Das heißt ja auch nicht, dass jeder aktive Fußballer gleich ein Studium nebenbei betreibt. Wenn ein bisschen Geld überbleibt, kann man auch dieses sinnvoll investieren. Oder habt ihr geglaubt, dass David Alaba bei Real Madrid gelandet ist, weil er bisher "nur" Fußball gespielt hat?
Harald Prantl: Um Himmels Willen, bitte nicht! Viel zu oft höre ich von Kickern am Sprung in den Profi-Fußball, die es selbst (oder ihre Eltern und Berater) für eine schlaue Idee halten, die Schule abzubrechen. Es muss jedem jungen Fußballer bewusst sein, dass es wesentlich wahrscheinlicher ist, dass er am Ende seiner Karriere ohne nennenswerten finanziellen Polster dasteht – oder seine Karriere verletzungsbedingt vorzeitig endet – als dass er sich keine großen Gedanken übers Geldverdienen mehr machen muss, nachdem er seine Schuhe an den Nagel gehängt hat. Also bitte, bitte, bitte schließt eure Schulbildung ab. Und im Idealfall macht ihr euch danach auch noch rechtzeitig Gedanken, wie es weitergehen könnte.