ÖFB: Reform oder Reförmchen?
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ÖFB: Reform oder Reförmchen?

Das Präsidium unter der Führung von Klaus Mitterdorfer konnte sich zu einer Reform des Verbands durchringen. Doch hat diese den Namen auch verdient und was ist sonst (nicht) passiert?

90minuten blickt auf die wichtigsten der am vergangenen Freitag beschlossenen (und auch nicht beschlossenen) Punkte, welche Schlussfolgerungen daraus gezogen werden können und welche Themen liegen geblieben sind.

 

Was kann die Reform?

Zunächst muss man betonen: Am Freitag hat sich das Präsidium per Abstimmung auf eine Reform "verständigt". Beschlossen kann diese erst im Mai 2025 werden, wenn die nächste ÖFB-Hauptversammlung in Bregenz stattfinden wird. Bis dahin geht es vor allem darum, die Eckpunkte dieser Reform mit Inhalten zu füllen und in juristisch haltbare Satzungen zu gießen.

All diese Punkte sind keine Revolution, sondern state of the art, wenn es um moderne Organisationen geht, und möglicherweise der kleinste gemeinsame Nenner, um diese Reform überhaupt durchzubringen.

Michael Fiala

Das Ziel von Klaus Mitterdorfer wurde aus seiner Sicht erreicht: Künftig soll der ÖFB schlankere Strukturen bekommen und durch einen 3er-Vorstand geführt werden. Das Präsidium zieht sich zu einem echten Aufsichtsrat zurück, die neue Geschäftsführung soll mehr Entscheidungskompetenzen erhalten. Themen, die früher im Präsidium besprochen wurden, wandern in das Hauptamt. Gleichzeitig soll die Anzahl der Komitees und Kommissionen deutlich reduziert werden. Der Plan von Mitterdorfer sieht vor, konkrete Themengebiete zu definieren, die dann künftig per Statuten in das Hoheitsgebiet der 3er-Führung wandern.

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ÖFB-Präsident Klaus Mitterdorfer

All diese Punkte sind keine Revolution, sondern state of the art, wenn es um moderne Organisationen geht, und möglicherweise der kleinste gemeinsame Nenner, um diese Reform überhaupt durchzubringen. Was traurig stimmt: Mehr wäre natürlich immer möglich, ist aber dem Alt-Herren-Gremium in der aktuellen Zusammensetzung vermutlich nicht zumutbar (und somit umsetzbar). Klar ist aber auch: Selbst der kleinste gemeinsame Nenner kann  nur dann zu Erfolg führen, wenn die neue Struktur auch entsprechend gelebt wird.

Kein Schnäppchen

Was auf der Hand liegt: Ein 3er-Vorstand kostet mehr als eine Doppel-Geschäftsführung. Das ist insofern bemerkenswert, da es um die ÖFB-Finanzen nach 90minuten-Informationen nicht gerade rosig bestellt ist. So soll in diversen Präsidiumssitzungen von Seiten der ÖFB-Wirtschaftsbetriebe der Hinweis gekommen sein, dass die Einnahmen aktuell an einem Plafond angekommen sind und keine nennenswerten Steigerungen zu erwarten sind.

Deshalb sind viele im Präsidium aktuell auch skeptisch, was eine Vertragsverlängerung von Teamchef Ralf Rangnick betrifft. Zuletzt hat Rangnick auch das Team rund um sich deutlich umgebaut, was von der Geschäftsführung abgenickt wurde. Wie sich das auf die Kosten auswirkt, war bis vergangene Woche jedenfalls dem Präsidium noch unklar. Zwar verdient Rangnick im Vergleich zu einem Engagement als Klubtrainer – Stichwort Angebot von Bayern München – deutlich weniger, insgesamt ist das gesamte Trainerpaket rund um den Deutschen jedoch nicht als Schnäppchen zu bezeichnen. Bisher hat sich die Investition mit der Qualifikation für die Euro gelohnt. "Rein strukturell, ohne Qualifikation für Großereignisse macht der ÖFB aktuell keine Gewinne", meint ein Präsidiumsmitglied gegenüber 90minuten.

Neuhold vs. Hollerer

Der jahrelange Konflikt zwischen den beiden Geschäftsführern Thomas Hollerer und Bernhard Neuhold hat in der Sitzung am Freitag zu dem geführt, was viele erwartet haben: ÖFB-Präsident Klaus Mitterdorfer wurde vom Präsidium dazu beauftragt, die Dienstverhältnisse mit beiden "zu lösen" wie in der Pressemitteilung kommuniziert wurde.

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Thomas Hollerer und Bernhard Neuhold

In ebendieser Aussendung war dann jedoch noch ein Halbsatz angehängt: "… und in weiterer Folge mit beiden Gespräche über eine mögliche weitere Beschäftigung im ÖFB innerhalb der neuen Struktur zu führen." Dies ist 90minuten-Recherchen zufolge jedoch nicht korrekt, denn dazu gibt es keinen Beschluss. Warum diese Formulierung dann den Weg in die Presseaussendung gefunden hat, ist fraglich und wurde auch in den Reihen einiger Präsidiumsmitglieder mit Verwunderung registriert.

Gerüchte dazu gibt es einige: So ist Thomas Hollerer immer wieder als neuer wirtschaftlicher Geschäftsführer unter dem neuen CEO genannt worden. Zuletzt wurde Bernhard Neuhold als neuer Teammanager unter Rangnick ins Spiel gebracht. Es wäre aber nahezu absurd, diese beiden Personen freizustellen, um gleich im Anschluss wieder Gespräche über eine zukünftige Rolle im Unternehmen zu führen. Das führt auch direkt zum nächsten Punkt …

Wer auch immer dem neuen 3er-Vorstand angehört, sollte sich in einem professionellen Ausschreibungsverfahren durchgesetzt haben, bei dem auch Headhunter mit einem klar definierten Profil nach Kandidat:innen suchen.

Michael Fiala

Keine Ausschreibung geplant

Mit großer Verwunderung in der Branche ist die Ankündigung von Klaus Mitterdorfer wahrgenommen worden, im Rahmen der Besetzung des künftigen CEOs keine Ausschreibung durchzuführen. Es ist kein Geheimnis, dass Christian Ebenbauer, aktueller Vorstand der österreichischen Fußballbundesliga, als DER Wunschkandidat von Mitterdorfer gilt. Das ist prinzipiell legitim, doch wer auch immer dem neuen 3er-Vorstand angehört, sollte sich in einem professionellen Ausschreibungsverfahren durchgesetzt haben, bei dem auch Headhunter mit einem klar definierten Profil nach Kandidat:innen suchen.

Nicht zuletzt auch deswegen, weil nur in so einem Verfahren sichergestellt ist, dass die besten und interessantesten Köpfe für diese Position nach oben gespült werden. Die interne Argumentation, das man nicht dazu verpflichtet sei, kann wohl bei einem Unternehmen, das dutzende Millionen umsetzt und auch von der öffentlichen Hand profitiert, nur scherzhaft gemeint sein.

Zeit für eine Frau

Im Zusammenhang mit der Strukturreform ist der ÖFB dringend gefordert, endlich über Frauen in Spitzenpositionen intensiv nachzudenken. Auch deshalb ist ein professionellen Ausschreibungsverfahren dringend notwendig und geboten, um Chancengleichheit herzustellen. Was in der Bundesliga bei einigen Klubs auch bereits Einzug gefunden hat, ist etwas, was man beim ÖFB nicht mehr einfach weglächeln darf. Bei allem Respekt, aber das Alt-Herren-Gremium kann aus meiner Sicht kein objektives Auswahlverfahren in dieser Hinsicht leiten.

Reform der dritten Leistungsstufe vertagt

Bei all den vielen Diskussionen um die Reform ist eine andere Reform in der (medialen) Öffentlichkeit fast vergessen worden. Wie 90minuten bereits vor einigen Wochen berichtet hat, ist der Vertrag zwischen ÖFB und Bundesliga hinsichtlich des Direktaufstiegs aus der Regionalliga gekündigt worden. Eine Kommission unter der Leitung von Mitterdorfer hat daher in den vergangenen Wochen des Öfteren getagt – leider jedoch bisher ohne Ergebnis.

Eile ist geboten, die aktuelle Vereinbarung läuft nur noch bis Ende der Saison 2025. Da die Bundesliga aber demnächst die medialen Rechte ab der Saison 2026/27 ausschreiben muss, braucht es rasch Klarheit. Sollte es zu keiner Einigung kommen, so wird die Liga 90minuten-Informationen zufolge mit zwei Absteigern aus der 2. Liga ausschreiben.

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