ÖFB: Neue Struktur, die üblichen Verdächtigen
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ÖFB: Neue Struktur, die üblichen Verdächtigen

ÖFB-Präsident Klaus Mitterdorfer kämpft um eine neue, schlankere Struktur im Verband. Das allein wird allerdings zu wenig sein. Es braucht auch frischen Wind an der Spitze.

Der kommende Freitag könnte für den ÖFB und den gesamten österreichischen Fußball zu einem entscheidenden Tag mit weitreichenden Folgen werden. Wie bereits seit längerer Zeit bekannt, kämpft ÖFB-Präsident Klaus Mitterdorfer um eine Strukturreform.

In wenigen Worten erklärt: Die Anzahl der Kommissionen soll drastisch reduziert werden, und künftig eine Dreier-Geschäftsführung mit einem CEO an der Spitze die Geschicke des Verbands leiten. Der Präsident und die restlichen Präsidiumsmitglieder sollen sich dann endlich auf das zurückziehen, was sie jetzt eigentlich auch schon sein sollten: Ein Aufsichtsrat, der sich nicht ins tägliche Geschehen einmischt.

Viel zu oft hat sich das Präsidium in den vergangenen Jahrzehnten nicht nur bei wesentlichen Strategiefragen zu Wort gemeldet, sondern auch in die Tagesarbeit eingegriffen. Dem nicht genug, sind Machtkämpfe an der Tagesordnung.

Michael Fiala

Ständige Machtkämpfe

Die vergangenen, aber auch die kommenden Tage bis zu dieser Sitzung waren und sind geprägt durch viele Telefonate und Überzeugungsarbeit. Eine Reform, wie sie Mitterdorfer plant, wäre zwar keine Revolution, jedoch eine der größten Änderungen eines mittlerweile sehr trägen Verbands und ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

Viel zu oft hat sich das Präsidium in den vergangenen Jahrzehnten nicht nur bei wesentlichen Strategiefragen zu Wort gemeldet, sondern auch in die Tagesarbeit eingegriffen. Dem nicht genug, sind Machtkämpfe an der Tagesordnung. Verantwortungsträger, die sich medienöffentlich als Kämpfer für die gute Sache positionieren, haben aber kein Problem damit, ständig für Unruhe zu sorgen, in dem etwa interne Briefe geleakt werden. Verantwortung an vorderster Front übernehmen diese Personen dann jedoch nicht. Es scheint manchmal sogar, als haben manche Personen sogar große Freude daran, den ÖFB in der Öffentlichkeit vor sich herzutreiben.

Das Fell wird bereits verteilt

Eine Grundsatzeinigung zur Reform hat Mitterdorfer bereits bei der vergangenen Präsidiumssitzung erwirkt. Am Freitag soll dazu auch das juristische Gerüst stehen, und optimalerweise dann zur positiven Abstimmung gelangen. Dazu ist eine Zweidrittel-Mehrheit notwendig.



Sollte diese Übung gelingen, ist dies allerdings nur der erste Schritt. In weiterer Folge geht es dann darum, wer die neu definierten Positionen in der 3er-Geschäftsführung besetzen wird. Eine professionelle Ausschreibung, begleitet von Fachexperten wäre dazu dringend notwendig.

Der Bär ist aber noch nicht erlegt. Das hindert die Öffentlichkeit jedoch nicht daran, bereits das Fell zu verteilen und erste Namen ins Spiel zu bringen: Von Bundesliga-Vorstand Christian Ebenbauer war zu lesen, und ganz frisch wurde vom Kurier heute der Name Markus Kraetschmer ins Spiel gebracht. Zudem sitzt im Präsidium mit Georg Pangl jemand, der sogar in seinem Buch angekündigt hat, dass er Interesse an so einem Job hätte. Die drei genannten halten sich in letzter Zeit vornehm zurück, niemand will sich exponieren, niemand aus der Deckung treten.

Fischen im eigenen Teich

Die öffentliche Diskussion zeigt aber vor allem auch eines: Wieder wird nur aus dem Kreis der schon bekannten Personen gefischt. Eine im Kurier genannte Variante: Christian Ebenbauer soll neuer CEO werden, der Thomas Hollerer zu sich als zweiten Geschäftsführer holt und Peter Schöttel als neuen Sportvorstand vorsieht. Also allesamt Personen, die bereits in den vergangenen Jahren in dem einen oder anderen Amt im weitesten Kreis des ÖFB-Präsidiums aktiv waren.

Nicht falsch verstehen: Es ist kein Fehler, wenn man bereits seit vielen Jahren oder gar einigen Jahrzehnten im österreichischen Fußball seine Erfahrungen gesammelt hat. Eine 3er-Geschäftsführung, die sich aber zu 100 Prozent aus dem bisherigen Personenkreis zusammensetzt, wäre ein herber Rückschlag für die Erneuerung des Verbands.

Wenn es der ÖFB mit der Erneuerung wirklich ernst meint, dann braucht es jetzt genau diesen frischen Wind an der Spitze des Verbands. (...) Es braucht jemand, der nicht aus dem Kreis der üblichen Verdächtigen kommt. Es braucht Mut zur Erneuerung.

Michael Fiala

Vorbild DFL

An dieser Stelle sei etwa an Christian Seifert erinnert. Der Deutsche wurde 2005 zum Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga (DFL) ernannt und hat die Liga in neue Höhen geführt. Seine Vorerfahrung damals: Von 1998 bis 2000 war Seifert als Direktor Marketing in Zentraleuropa für MTV Networks aktiv. Von 2000 bis 2005 war er im Vorstand der KarstadtQuelle New Media AG; ab dem Jahr 2004 hatte er den Vorsitz dieses Vorstands inne. Seifert wurde Geschäftsführer, ohne vorher im Fußball gearbeitet zu haben. Es wurde auf die Management-Erfahrung gesetzt, und nicht darauf, ob er im Fußball bereits seit Jahren seine Süppchen gekocht hat.

Wenn es der ÖFB mit der Erneuerung wirklich ernst meint, dann braucht es jetzt genau diesen frischen Wind an der Spitze des Verbands. Es braucht jemand, der nicht schon bei allen Stakeholdern "angeschrieben" ist und seine Spuren hinterlassen hat. Es braucht jemand, der nicht deswegen CEO wird, weil er aus taktischer Sicht die Mehrheit der alteingesessenen Landespräsidenten hinter sich versammeln kann. Es braucht eine/n Manager:in, der/die den Verband endlich ins 21. Jahrhundert führen kann. Es braucht jemand, der nicht aus dem Kreis der üblichen Verdächtigen kommt. Es braucht Mut zur Erneuerung.

Träumen wird man wohl noch dürfen …

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