ÖFB: Alles beim Alten
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ÖFB: Alles beim Alten

Das ÖFB-Präsidium erwacht aus seinem Winterschlaf – und damit auch wieder Intrigen, Streitereien und Machtkämpfe.

Die vergangenen Wochen waren aus Sicht des ÖFB doch eher ungewöhnlich: Es war nach außen hin ruhig, sehr ruhig. Nach dem Abgang von Klaus Mitterdorfer, gekoppelt mit der Kündigung der beiden Geschäftsführer Thomas Hollerer und Bernhard Neuhold, haben sich die Protagonisten des langjährigen Streits im größten Sportverband Österreichs in der Öffentlichkeit zurückgehalten, sich quasi in einen Winterschlaf begeben.

Wobei, nicht ganz: Interimspräsident Wolfgang Bartosch war nur wenige Stunden im Amt und absolvierte Anfang Dezember bereits eine erste Interviewserie. Das sorgte schon damals bei einigen Präsidiumsmitgliedern für Verwunderung. In einem Interview in der Kronen Zeitung, dem Haus- und Hofmedium des ÖFB, ging Bartosch nun am vergangenen Wochenende endgültig in die Offensive. Den Zeitpunkt des Interviews, wenige Tage vor der ersten Präsidiumssitzung im Jahr 2025, hat Bartosch vermutlich bewusst gewählt. Und überraschte damit auch einige seiner Präsidiumskollegen.

Überraschende Ansagen

So meinte der Steirer etwa, dass die im November gekündigten Thomas Hollerer und Bernhard Neuhold doch länger im Amt bleiben sollten als ursprünglich geplant. Zur Einordnung: Die Kündigungsfrist beträgt sechs Monate und endet am 31. Mai. Am 18. Mai soll die Hauptversammlung über die Bühne gehen. "Das ist sehr knapp. Der ÖFB muss in dieser Übergangsphase voll handlungsfähig bleiben. Für die Zustimmung bedarf es eines mehrheitlichen Beschlusses." Einen entsprechenden Antrag will er am 31. Jänner in der nächsten Präsidiumssitzung stellen.

Doch dem nicht genug. Bartosch lässt es sogar offen, ob die beiden darüber hinaus beim ÖFB bleiben oder nicht: "Das ist offen, sollte auch vom neuen Vorsitzenden im Aufsichtsrat mitentschieden werden. Klar ist: Auf Dauer geht es mit beiden nicht – wenn der eine den anderen ständig ablehnt, besteht Handlungsbedarf."

100.000 Euro für Unternehmensberater

Als wäre das alles nicht schon genug, sorgt eine aktuelle Recherche des Profil zu diesem Thema für Aufsehen. Demnach hat das Engagement eines Unternehmensberaters im Auftrag des ÖFB-Präsidiums, um den Konflikt zwischen Hollerer und Neuhold zu lösen, 100.000 Euro gekostet.

Es wäre vermutlich klug gewesen, wenn man bei der Beauftragung einen Kostenrahmen festgelegt hätte.

Wolfgang Bartosch

Die Einbeziehung eines Beraters soll jedenfalls laut profil-Informationen im ÖFB-Präsidium beschlossen worden sein – aber, so das Profil: "Ein Preisrahmen wurde dabei nicht festgelegt." Dies ist nach Angaben eines Präsidiumsmitglieds, das gegenüber 90minuten anonym bleiben möchte, auch nicht primär die Aufgabe des Präsidiums, sondern der beiden Geschäftsführer in Zusammenspiel mit dem damaligen Präsidenten Klaus Mitterdorfer.

Der neue Präsident Bartosch versucht sich nun von dieser Aktion zu distanzieren und erklärt im Profil: "Ich hätte keinen Unternehmensberater genommen." Nachsatz: "Die Frage, ob das alles effizient war, ist berechtigt." Gegenüber 90minuten ergänzt er: "Aber natürlich stehe ich zu meiner Verantwortung. Es wäre vermutlich klug gewesen, wenn man bei der Beauftragung einen Kostenrahmen festgelegt hätte", spielt er den Ball in Richtung Mitterdorfer und der aktuellen Geschäftsführung weiter.

Und Bartosch bestätigt eine weitere Recherche von 90minuten, wonach nur die beiden Geschäftsführer Thomas Hollerer und Bernhard Neuhold sowie die Buchhaltung von der Abrechnung des Unternehmensberaters gewusst haben können: "Der Kreis jener, die über die Rechnung bescheid gewusst haben, ist sehr, sehr klein. Nicht einmal ich war darüber informiert. Im Präsidium war diese Rechnung bisher auch kein Thema. Ich habe das erste Mal im Vorfeld des Profil-Artikels darüber erfahren." Auch für ein anderes Präsidiumsmitglied ist gegenüber 90minuten klar, dass eine Weitergabe dieser internen Dokumente ohne Präsidiumsbeschluss nicht zulässig sei.

Doch nur zwei Geschäftsführer

Aber auch auf anderer Ebene sorgt Bartosch für eine Überraschung. Angesprochen auf die eingeleitete Strukturreform und den Plan, den ÖFB künftig mit einer 3er-Geschäftsführung zu führen, meint er: "Das muss man sich noch anschauen, ich glaube, dass es nicht drei Personen sein müssen, sondern zwei genügen. Es sollte vermieden werden, dass der ÖFB unnötig aufgebläht wird. Ich sehe auch keinen Mehrwert bei dieser Dreier-Konstellation."

Nicht falsch verstehen: Es darf und soll keine Denkverbote geben, speziell wenn es um so ein wichtiges Thema wie eine Reform des stark verkrusteten ÖFB geht. Die Vorgehensweise von Bartosch erinnert aber jedoch schon sehr stark an seinen Vorgänger Klaus Mitterdorfer, der bekanntlich gescheitert ist.

Ja, ich habe nicht mit allen darüber gesprochen, mich aber in diesem Interview intuitiv dazu entschlossen, in die Offensive zu gehen.

Wolfgang Bartosch

Denn wie 90minuten-Recherchen ergeben haben, war der öffentlichkeitswirksame Vorstoß von Bartosch nicht mit allen Präsidiumsmitgliedern akkordiert. Die zeigten sich unter vorgehaltener Hand regelrecht überrascht und verärgert. Bartosch sagt zu 90minuten: "Ja, ich habe nicht mit allen darüber gesprochen, mich aber in diesem Interview intuitiv dazu entschlossen, in die Offensive zu gehen."

Bleibt Bartosch doch?

Und noch etwas fällt auf: Bartosch, der bei seiner Wahl zum Interimspräsidenten stets betont hat, nur für diese Zeit zur Verfügung zu stehen, dürfte gefallen an dem Job gefunden haben. In dem besagten Interview meint er: "Meine Mission war ursprünglich damit beendet. Geht die Reform durch, gibt es keinen Präsidenten mehr, ist die Rolle eine etwas andere. Da würde ich es nicht von vornherein ausschließen, dass ich intern zur Verfügung stehe. Ich sehe mich aktuell jedoch nicht als Kandidat."

Die Intrigen gehen weiter

Wie dringend der ÖFB eine/n neue/n, handlungsfähige/n ÖFB-Präsident:in bzw. Präsidium braucht, zeigt die Tatsache, dass es der größte Sportverband Österreichs offenbar nicht schafft, innerhalb einer 6-monatigen Kündigungsfrist für eine geordnete Nachfolge in der Geschäftsführung zu sorgen. Dass die Handlungsfähigkeit nun in Gefahr sein soll, ist allein die Verantwortung des Präsidiums.

Eines ist jedenfalls in den vergangenen Stunden wieder klar geworden: Mit dem Ende des Winterschlafs ist auch das ÖFB-Präsidium wieder erwacht – und hat aus den Fehlern der Vergangenheit nichts dazugelernt. Die Intrigen gehen munter weiter, die Streitereien nehmen wieder Fahrt auf. Und mittendrin ein ÖFB-Präsident, der sich mit seinem Verhalten auf Glatteis begibt. Alles beim Alten also.

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