Es war, wie vermutet, die Ruhe vor dem Sturm, der den ÖFB jetzt in ruhigere Gewässer führen soll: Ex-Vizekanzler Josef Pröll wird also der neue Aufsichtsratsvorsitzende des größten Sportverbands Österreichs. Das hat der Wahlausschuss nach einer mehr als dreistündigen Sitzung einstimmig beschlossen. Alle Infos >>>
Um diese Wahl einzuordnen, hilft vielleicht ein Blick zurück: Am 19. Februar kommt ein Brief von Sponsor Raiffeisen an die Öffentlichkeit. In diesem wird mit einem Ausstieg gedroht. Zudem machte Raiffeisen deutlich, sich kein Mitglied des aktuellen Präsidiums als künftigen Verbandsboss zu wünschen. Daraufhin gab es scharfe Kritik, unter anderem von ÖFB-Vizepräsident Johann Gartner, der noch eine zentrale Rolle bei dieser Wahl spielen sollte.
Gartner schlägt Pröll vor
Wenige Wochen nach diesem Brief ist mit Josef Pröll ein "Raiffeisen-Mann" an der Spitze des Verbands. Doch wie ist es dazu gekommen?
Ausgerechnet Gartner selbst, der die Einmischung der Sponsoren im "Profil" mit den Worten "Das Nationalteam ist attraktiv und medienwirksam. Wir könnten mögliche Ausfälle über Nacht auffangen. Da mache ich mir keine Sorgen." quittierte, sorgte dafür, dass Pröll eine Chance bekam. Denn der Niederösterreicher, der erst vergangenes Wochenende erneut zum Präsident des niederösterreichischen Verbands gewählt wurde, setzte seinen Landsmann vor Wochen auf die Liste der möglichen Kandidaten.
Jauk hatte zunächst eine Mehrheit
Der Wahlausschuss kontaktierte Pröll laut eigenen Angaben dann vor rund zwei Wochen das erste Mal. Entgegen den bisherigen Gepflogenheiten sickerte der Name nicht durch. Erst gestern, Mittwoch, gegen Mittag machten erste Gerüchte die Runde, dass es einen Überraschungskandidaten mit höchster politischer Erfahrung geben soll.
Und auch die Präsidiumsmitglieder selbst waren bis wenige Stunden vor der Sitzung nicht informiert. Und so nahmen die Dinge ihren Lauf: Zu Beginn schien der bisherige Favorit Christian Jauk, Präsident des SK Sturm Graz, weiterhin auf eine Mehrheit bauen zu können. Mit dem steirischen Landeschef Wolfgang Bartosch, Bundesliga-Vertreter Philip Thonhauser sowie Johannes Wutzlhofer (Burgenland) und Horst Lumper (Vorarlberg) sowie Gartner und dem Wiener Robert Sedlacek gab es eine 6:4-Mehrheit.
Gartner als Königsmacher
Zentrale Figur erneut hier: Johann Gartner. Erst als der Niederösterreicher die Seiten wechselte, kippte auch Robert Sedlacek, der prinzipiell immer das gleiche wie sein niederösterreichische Kollege wählt. Damit war die Mehrheit dahin.
Doch die Wahl war zu diesem Zeitpunkt noch nicht durch, wie 90minuten-Recherchen ergeben haben. Pröll, der nicht persönlich anwesend sein konnte, ließ mitteilen, bei Gegenstimmen, nicht zur Verfügung zu stehen. Mit dem Ergebnis, dass sich die verbliebene Jauk-Fraktion entschied, sich der Stimme zu enthalten.
Der Weg für Pröll war somit frei.
Es ist aber auch wohl kein Zufall, dass Raiffeisen in dem oben erwähnten Brief mit Kurt Svoboda und Roland Schmid zwei Namen genannt hat, die sich dann nach medialer Diskussion zurückgezogen haben bzw. aufgrund mangelnder Erfolgschancen zurückziehen mussten.
Ob Gartner vor Wochen mit der Nominierung von Pröll diese Entwicklung geahnt hat? Vermutlich nicht. Denn eigentlich war sein Plan mit der Inthronisierung von Christian Jauk ein gänzlich anderer …