Der ÖFB schießt sich selbst ins Knie

Der ÖFB schießt sich selbst ins Knie

Der Brief der Sponsoren hat den ÖFB ins Mark getroffen. Der sieht seine Souveränität gefährdet. Eine inhaltliche Diskussion darüber findet aber nicht statt. Stattdessen schießt man sich selbst ins Knie.

Hätte es das Sprichwort "Jedes Schrifterl ein Gifterl" bisher nicht gegeben, man hätte es für den ÖFB erfinden müssen.

Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht interne Dokumente aus dem Verband an die Öffentlichkeit weitergespielt werden. Die Medien freut es, für das Image des Verbandes ist es der Supergau. Der ÖFB ist seit Jahren ein offenes Buch.

Gartner-Mail an Präsidium

Wie das Profil nun aktuell berichtet, hat ÖFB-Vizepräsident Johann Gartner auf die offenen Briefe der wichtigsten Verbandssponsoren reagiert. Bekanntlich haben insgesamt sieben Partner des größten Sportverbands Österreichs damit gedroht, ihre Verträge nicht mehr zu verlängern. "Warum wird mit Sponsoren-/Medienunterstützung ÖFB-Personalpolitik – über die Medien – betrieben?", zitiert das Profil den Niederösterreicher in einer eMail, die Gartner an seine Präsidiumskollegen geschickt hat.

Zunächst: Die Frage, die Gartner stellt, ist eigentlich leicht zu beantworten: Weil der ÖFB im Machtkampf versunken ist.

Gartner stellt in dem eMail weiters fest: "Dritte sollen NICHT über Externe (Teamspieler, Teamchef, Sponsoren …) von außen versuchen, die Abläufe/ Entscheidungen zu beeinflussen UND damit das Image des ÖFB in den Dreck ziehen!"

"Werde keinen Sponsor fragen"

Im Profil meint nun ÖFB-Interimspräsident Wolfgang Bartosch: "Die Sponsoren denken, dass nur ein Externer Frieden bringen kann. Aber der Externe muss auch eine entsprechende Mehrheit im Präsidium haben", betont er. Bartosch selbst werde jedenfalls "keinen Sponsor fragen, wen ich wählen soll. Ich bin stimmberechtigt und wähle, was ich für richtig halte."

Der Steirer trifft dabei einen wunden Punkt. Der Brief der Sponsoren hat den Verband bis ins Mark getroffen, und dessen Souveränität infrage gestellt. Dass sich Sponsoren in die Strategie oder gar die Personalpolitik derart einmischen, ist anmaßend. Andererseits: sie haben das jämmerliche Schauspiel auch lange ertragen (müssen).

Gartners Übermut

Dass die eMail Gartners den Weg an die Öffentlichkeit gefunden hat, ist nicht weiter tragisch. Der Inhalt ist nachvollziehbar und eigentlich richtig. Tragisch ist eher, wie er in weiterer Folge damit umgeht.

Einige Sponsoren, die gerne einsteigen würden, haben schon angerufen. Das Nationalteam ist attraktiv und medienwirksam. Wir könnten mögliche Ausfälle über Nacht auffangen. Da mache ich mir keine Sorgen.

Johann Gartner

Denn im Interview mit dem Profil legt Gartner nun nach, und meint angesprochen auf den möglichen Ausstieg von Sponsoren: "Einige Sponsoren, die gerne einsteigen würden, haben schon angerufen. Das Nationalteam ist attraktiv und medienwirksam. Wir könnten mögliche Ausfälle über Nacht auffangen. Da mache ich mir keine Sorgen."

Gartner ist 73 Jahre alt, quasi ein Funktionär der ältesten Schule. Dazu muss man wissen: Gartner verstellt sich nie, hält mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg. Das unterscheidet ihn von so manchen Präsidiumskollegen, die ihr (manchmal geheimes), eigenes Süppchen kochen.

Aussagen wie diese, dass Sponsoren quasi einfach ersetzt werden können, sind extrem problematisch, und zeugen von einem Übermut, der bekanntlich selten gut tut. Aktuellen Geldgebern zu vermitteln, dass sie ersetzbar seien, ist ein Schuss ins eigene ÖFB-Knie.

Und angesichts der aktuellen Wirtschaftsdaten kann man auch sagen: Gartners Aussagen sind schlichtweg einfach falsch. Und "über Nacht" kann man schon gar keine Sponsoren ersetzen.

Michael Fiala

Und angesichts der aktuellen Wirtschaftsdaten kann man auch sagen: Gartners Aussagen sind schlichtweg einfach falsch. Und "über Nacht" kann man schon gar keine Sponsoren ersetzen. Derartige Sätze sind ein Schlag ins Gesicht jedes Unternehmens, das sich im Sport engagiert.

Sponsoren-Kritik ist inhaltlich richtig

Doch, worum geht es eigentlich? Am 18. Mai will der ÖFB eine/n neue/n Präsident:in (oder Aufsichtsratsvorsitzende:n) wählen. Die Entwicklungen der vergangenen Wochen zeigen nun eigentlich mittlerweile vor allem eines auf:

Die dringliche Forderung der Sponsoren, dass der/die künftige Präsident:in aus dem externen Kreis kommen soll, mag dem ÖFB nicht schmecken. Eine dringend notwendige Auseinandersetzung mit den Inhalten dieser Kritik scheint bisher nicht stattgefunden zu haben. Da kann der Verband sich im Zuge der Reform auch die beste, professionellste Struktur auferlegen.

Wenn es jedoch nicht gelingt, einen personellen Neustart zu initiieren, ist all diese Mühe vergebens und der Machtkampf wird immer und immer weiter gehen. Die Forderung der Sponsoren mag anmaßend sein, inhaltlich ist sie aber richtig, wenn man die trotzigen Reaktionen aus dem Präsidium sieht.

VIDEO: Ranking der ÖFB-Trikots

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