"Dann ist Ralf Rangnick Geschichte"
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"Dann ist Ralf Rangnick Geschichte"

Der Kampf um die höchste Position im österreichischen Fußball spitzt sich wieder einmal zu und der Machtkampf könnte ein weiteres Mal eskalieren. Droht dadurch auch das Ende der Ära von Teamchef Ralf Rangnick?

Am Freitag-Nachmittag geht es wieder einmal beim ÖFB zur Sache. In einem Wiener Hotel steigt dann eine Präsidiumssitzung und im Anschluss eine Wahlausschusssitzung, in deren Rahmen erstmals Namen von Präsidentschaftskandidaten vorgelegt werden sollen.

Und: Es ist ein Tag, der auch das Zeug dazu hat, dass "der ÖFB in weiterer Folge implodiert", wie es ein ÖFB-Insider gegenüber 90minuten formuliert. Generell kann man festhalten: Offizielle Statements sind in diesen Tagen rar. Sämtliche, in den Medien genannten Kandidat:innen, üben sich entweder in Stehsätzen oder wollen gleich gar nichts sagen. Genannt wurden unter anderem: Kurt Svoboda (Uniqa), Roland Schmid (Immo United), Brigitte  Annerl (Unternehmerin und TSV Hartberg), Johannes Wutzlhofer (Rechtsanwalt und Interimspräsident des Burgenländischen Fußballverbandes) sowie Christian Jauk (Bankmanager und Präsident des SK Sturm Graz ).

Lieber früher als später

Das Ringen um den Spitzenjob im ÖFB geht aber so oder so in die entscheidende Phase. In den vergangenen Tagen gab es in Rahmen von Hearings Gespräche mit Personen, "die sich grundsätzlich bereit erklärt haben, das Amt zu übernehmen", sagt Martin Mutz, der aktuell als Präsident des Kärntner Fußballverbandes den Wahlausschuss leitet, im 90minuten-Interview.

In die Sitzung, morgen Freitag, will Mutz, "ergebnisoffen" gehen. Eine Entscheidung soll aber eher früher als später fallen, denn "die mediale Begleitung dieses Prozesses ist nicht optimal", meint der Kärntner und spricht damit die ständig kolportierte Gerüchteküche an. Gefunden werden soll jedenfalls ein Kandidat oder Kandidatin, der/die eine "breite Zustimmung erhält, sonst kann man auch nicht erfolgreich führen."

Eines ist Mutz dann dennoch wichtig: "Es gibt keinen Wahlkampf, das entspricht nicht der Stimmungslage, die ich wahrnehme. Wir sind dankbar, dass es mehrere Kandidat:innen gibt, die sich das zutrauen."

Kein Wahlkampf? Geht an der Realität vorbei

Nett gemeint von Mutz, aber dass es keinen Wahlkampf gebe, geht an der Realität dann doch deutlich vorbei. Die Aktivitäten im Hintergrund haben in den vergangenen Tagen wieder deutlich an Fahrt gewonnen. Ein klares Zeichen, dass verschiedene Lager aktuell wieder ihre Botschaften anbringen wollen.

Der Wahlkampf zieht dabei eine Spur durch den gesamten Verband, so wie auch schon in den vergangenen Jahren. Und wenig überraschend haben sich die Grenzen dabei in den vergangenen Monaten kaum verschoben: Auf der einen Seite das Lager von Generalsekretär Thomas Hollerer, auf der anderen jenes von Bernhard Neuhold.

Hollerer ist aufgrund seiner jahrelangen Arbeit bestens mit den meisten (stimmberechtigten) Landespräsidenten vernetzt. Neuhold hingegen hat den direkten Draht zu Teamchef Ralf Rangnick und den zahlungskräftigen (nicht stimmberechtigten) Sponsoren. Jene Sponsoren, die sich in den vergangenen Wochen mit zwei Briefen direkt in den Wahlkampf eingemischt haben.

Und genau entlang dieser Linien hat sich auch der Wahlkampf in den vergangenen Wochen abgespielt, die entweder eine interne Lösung (zum Beispiel Johannes Wutzlhofer oder Christian Jauk) oder eine externe Lösung (zum Beispiel Brigitte Annerl, Kurt Svoboda oder Roland Schmid) forcieren. Als externe Lösung wird dabei jemand definiert, der in den vergangenen Jahren nicht Teil des ÖFB-Präsidiums war. Wutzlhofer und Jauk sind bisher noch wenig in Erscheinung getreten, werden aber eindeutig dem internen Lager rund um Thomas Hollerer zugeordnet.

Eines sollten die Männer (und ja, es sind nur Männer, die stimmberechtigt sind), vielleicht bedenken: Glaubt man wirklich, dass die Streitereien aufhören, wenn sich der Verband wieder nur von innen heraus "erneuern" wird? Mit Personen, die zum Teil seit Jahren in diesen Gremien sitzen?

"Können wir uns Rangnick leisten?"

Es ist zudem kein Geheimnis, dass es im Präsidium auch Personen gibt, die Rangnick nicht viele Tränen nachweinen würden, sollte dieser gehen. Immer wieder wird der Konflikt ins Spiel gebracht, dass Rangnick zu viel finanzielle Ressourcen beansprucht, und diese dadurch den Landesverbänden entzieht. Und: Von beiden Lagern ist zu hören, dass mit dem neuen Zentrum in Aspern auf den ÖFB ein finanzielles Hochrisiko zukommt. Noch dazu scheinen sich Teamchef Rangnick und die Teamspieler von den (begrenzten) Möglichkeiten dort wenig begeistert zeigen und weiterhin ihr Teamquartier gerne in der Innenstadt beziehen.

"Der gesamte Staff rund um Teamchef Ralf Rangnick bekommt viele finanzielle Mittel. Ohne sportliche Erfolge müssen wir uns überlegen: Können wir uns das auf Dauer leisten?", fragt ein Präsidiumsmitglied gegenüber 90minuten. Fakt ist, dass der verpasste Aufstieg in die Liga A der Nations League dem Verband deutlich weniger Prämien und Ticketing-Einnahmen bescheren wird. Nach den vergangenen Ergebnissen gegen Slowenien und Serbien fühlen sich diese Kritiker nun bestätigt und im Aufwind. Genaue Zahlen dazu gibt es nicht. Dass der Staff rund um Ralf Rangnick etwa mehr kostet als jener von Franco Foda wird von Bernhard Neuhold gegenüber 90minuten erneut dementiert.

Dass das ÖFB-Team im Gegensatz zu Ex-Teamchef Franco Foda wieder die Massen begeistert, wird dabei gerne unter den Teppich gekehrt. Rund 24 Stunden nach dem Start des Ticket-Verkaufs für das WM-Quali Spiel gegen Rumänien waren bereits 30.000 Tickets vergriffen. "Rangnick ist unbequem und will Themen vorantreiben. Das halten einige Landespräsidenten nicht aus, denn dann müssen sie sich aus der Komfortzone bewegen", so eine weitere Stimme, die nicht genannt werden möchte.

Sollte erneut ein interner Kandidat gewählt werden, bin ich davon überzeugt, dass Ralf Rangnick die Lust verliert. Dann ist Ralf Rangnick früher oder später Geschichte.

ÖFB-Insider

Verliert Rangnick die Lust?

Die Sitzung am Freitag hat jedenfalls eine enorme Sprengkraft. Wenn man so will, könnten die Reste, die von den bisherigen öffentlichen Streitereien im ÖFB in den vergangenen Jahren noch übrig geblieben sind, in die Luft gesprengt werden. Das meint zumindest ein Insider, der sich auch im inneren Kreis des ÖFB befindet, im Gespräch mit 90minuten.

Was meint er damit? "Sollte erneut ein interner Kandidat gewählt werden, bin ich davon überzeugt, dass Ralf Rangnick die Lust verliert. Dann ist Ralf Rangnick früher oder später Geschichte." Aktuell wird Rangnick allerdings erneut mit Borussia Dortmund in Verbindung gebracht. Viele Zeitfenster, um zu einem Spitzenverein zu wechseln, wird Rangnick wohl auch nicht mehr haben. Dennoch schwer vorstellbar, dass der Deutsche dann sogar die WM 2026, die er immer als großes Ziel angegeben hat, opfern würde.

"Rangnick ist schwierig"

Als wäre die Situation nicht schon angespannt genug, legt nun ÖFB-Präsident Wolfgang Bartosch nach und sagt im Profil: "Rangnick ist sehr schwierig." Sein Vize Johann Gartner attackiert Rangnick frontal: "Nüchtern betrachtet sind wir mit Rangnick nicht weiter als unter Foda. Seine Spielweise ist ausrechenbar. Mir fehlen die Tore und die Ergebnisse. Ich erwarte mir vom Teamchef neue Ideen." Und: "Die Stimmung hat sich gedreht."

Irgendwann - vermutlich relativ bald - werden wir uns nicht mehr die Frage stellen, ob Rangnick noch Lust hat, sondern ob sich ein zerstrittener Haufen wie der ÖFB einen Trainer Ralf Rangnick überhaupt verdient hat. Für Gartner offenbar kein Problem: "Und wenn der Ralf dann sagt, dass er unter diesen Bedingungen nicht weitermacht, dann wird sich die Erde auch weiterdrehen."

Alles in allem sind das keine guten Vorzeichen für die nächsten Wochen, dass die Zusammenarbeit mit Rangnick noch lange anhalten wird.

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