Schiedsrichter Eisner als Nebelgranate der Vienna
Die Vienna fühlt sich von den Schiedsrichtern benachteiligt und nützt eine gravierende Fehlentscheidung, um von den eigentlichen Problemen des Klubs abzulenken. Ein Kommentar von Michael Fiala .
Betrug ist kein Kavaliersdelikt. Weder im Sport noch sonst wo. Dennoch hat es Vienna-Präsident Herbert Dvoracek nach dem Spiel gegen Liefering in den Mund genommen. „Es ist zu viel passiert. Das ist Betrug. Das kann kein Zufall sein. Ich will der Sache auf den Grund gehen. Das hat es noch nie gegeben. Eisners Entschuldigung gleich nach dem Spiel ist eigenartig und bringt uns nichts. Beciri hat sich nach seinen Handspielen damals auch entschuldigt", sagte er dem Kurier am Sonntag. Am Montag ruderte die Vienna immerhin in Sachen Betrug zurück und meinte in einer Aussendung: „Betrugsabsichten wurden Herrn René Eisner niemals unterstellt." Auch die entsprechende Passage auf der Homepage (siehe Bild unten) wurde mittlerweile korrigiert.
(Screenshot Homepage First Vienna FC vom 14. 3. 2014)
Der Imageschaden für Eisner konnte damit jedoch nicht mehr repariert werden, der Betrugsvorwurf wird via Google auf immer und ewig nachzulesen sein. Die IG Referee hat SR Eisner über die Möglichkeiten, rechtlich gegen Präsident Dvoracek vorzugehen, in Kenntnis gesetzt und auch darauf hingewiesen, dass unter anderem mit der Formulierung eines solchen Manipulationsvorwurfes ein kreditschädigendes Verhalten seitens der Vienna vorliegen könnte.
Abgesehen davon wurde von den Döblingern am Montag über eine Presseinfo der Versuch gestartet, die Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft als Pflicht darzustellen. Ein Blick in die von der Vienna angesprochene ÖFB-Rechtspflegeordnung §115a genügt jedoch, um festzustellen, dass eine Meldung an den Verband gemeint ist. Von der Staatsanwaltschaft ist keine Rede.
Eine Fehlentscheidung wie viele andere auch
Klar, die Vienna ist verärgert, was nach dieser Fehlentscheidung auch mehr als verständlich ist. Die zwei Punkte könnten am Ende der Saison schmerzlich fehlen. Doch ist die Situation der Vienna so besonders? Die Konstellation „Abstiegskampf und unliebsame Schiedsrichterentscheidungen" gibt es seit dem es Fußball gibt. Es ist also nichts Besonderes im Sinne von besonderen Auffälligkeiten, die speziell gegen die Vienna gerichtet sind. Fehlentscheidungen, die ein nichtgegebenes Tor zur Folge haben, gibt es wie Sand am Meer. Ein Verein steigt nicht wegen eines nicht gegebenen Tores am Ende der Saison ab.
Österreichs Fußball in Verruf: Der Schaden ist bereits angerichtet
Der Schaden ist aber bereits jetzt angerichtet. Bundesliga-Vizepräsient Markus Kraetschmer hat es im Interview mit 90minuten.at erst gestern – unabhängig vom aktuellen Vienna-Fall - angesprochen: „Derzeit gibt es sogar Berichte über einen möglichen Fixplatz in der Champions League. Wann hat es das jemals gegeben? Dennoch gerät Österreichs Fußball durch derartige Themen wie Schwarzgeld oder Wettmanipulation in Verruf. Dem müssen wir alle gemeinsam entgegenwirken. Da gibt es kein Augenzwinkern, da dürfen wir Fair Play nicht nur zitieren, sondern müssen das auch alle leben."
Die Abhandlung des Themas von Seiten der Vienna ist leider ein weiteres Beispiel, warum – wie Kraetschmer sagt – Österreichs Fußball in Verruf gerät. Nicht von ungefähr spricht auch die IG Referee in einer Aussendung heute, Dienstag, davon, dass Schiedsrichter Eisner als Krimineller abgestempelt wird und weist in diesem Zusammenhang übrigens auch darauf hin, dass Schiedsrichter-Boss Robert Sedlacek nicht nur als oberster Vertreter der Schiedsrichter fungiert, sondern auch als Vertreter der Vienna, denn Sedlacek ist auch Präsident des Wiener Fußballverbands.
Ablenkung von Lizenzproblemen?
Übrig bleibt, dass Rene Eisner mit Betrug assoziiert wird und es Österreichs Fußball in den vergangenen Tagen wieder einmal geschafft hat, mit kriminellen Machenschaften in Verbindung gebracht zu werden. Und zwar nicht, weil jemand ein Geständnis abgelegt hat oder ein konkreter Tatverdacht vorliegt. Im Gegenteil.
Dabei – so könnte man meinen – hat die Vienna neben der sportlichen Qualifikation für die kommende Saison gerade ganz andere Sorgen. Der wirtschaftliche Blick ist derzeit auf die Erteilung oder Nichterteilung der Lizenz für 2014/15 gerichtet. Da könnte es nämlich für die Blau-Gelben dieses Jahr ganz eng werden. Vielleicht kommt da ein bisschen Ablenkung in Form einer Nebelgranate gerade recht.