Red Bull & die strategische Stallorder
Es ist nicht davon auszugehen, dass es innerhalb der Red-Bull-Klubs auf sportlicher Ebene eine Stallorder gibt. Das Problem ist, dass sich mit dem möglichen Aufstieg von Liefering und/oder Pasching eine mögliche strategische Stallorder ergibt, die mehr al
Der FC Pasching gewinnt das Cup-Halbfinale gegen Red Bull Salzburg. Sofort tauchen Verschwörungstheorien auf, dass Salzburg absichtlich verloren hat. Allein, dass es die theoretische Möglichkeit gibt, so zu denken, tut dem österreichischen Fußball nicht gut.
Es ist aber nicht davon auszugehen, dass es hier eine Stallorder gegeben hat und es ist daher nicht der Kern des Problems. Das Problem ist aus strategischer Sicht zu sehen: Es ist davon auszugehen, dass sich Red Bull Salzburg, FC Liefering und der FC Pasching bei Abstimmungen innerhalb der Liga nicht gegenseitig überstimmen werden. Oder anders formuliert: Red Bull wird mit direktem (Liefering) oder indirektem (Pasching) Einfluss – sofern der sportliche Höhenflug von Pasching und Liefering anhält - drei Vereine mit Stimmrecht in der Bundesliga sitzen haben. Das ist ein großes Problem.
Mit dem möglichen Aufstieg des FC Liefering in die HfMEL hat die österreichische Bundesliga offiziell kein Problem. Sie sieht die Integrität des Bewerbs erst dann gefährdet, wenn der FC Liefering in der gleichen Liga wie Red Bull Salzburg kicken sollte. Die Liga vergisst dabei – absichtlich oder unabsichtlich - jedoch den strategischen Effekt, den der Aufstieg des FC Liefering und/oder Pasching auslösen wird.
Dreist, aber nicht der Fehler von Red Bull
Vorweg sei gesagt: Es ist nicht der Fehler von Red Bull Salzburg, dass der FC Liefering für diese Diskussionen sorgt. Der Getränkehersteller nützt einfach die sich bietenden Möglichkeiten und sich dadurch ergebenden Grauzonen bis zum letzten Beistrich aus. Das ist zwar manchmal ganz schön dreist, wenn man zum Beispiel einen Blick auf die Homepage wirft, wo der FC Liefering ganz offiziell als RB-Team geführt wird. Aber es ist legitim. Legitim, weil die Bestimmungen der Liga so sind wie sie eben sind.
Somit hält Red Bull der Liga eigentlich nur einen Spiegel vor das Gesicht und zeigt die Schwächen der derzeitigen Bestimmungen auf. Dass viele Fans anderer Mannschaften und speziell von Austria Salzburg die Bullen dafür verantwortlich machen ist aus emotionaler Sicht verständlich. Es löst jedoch nicht das Problem.
Das Problem mit dem möglichen Aufstieg von Liefering und/oder Pasching in die HfMEL ist ein anderes: Bekanntlich treffen sich die Klubvertreter aller Klubs regelmäßig, um Vorschläge des Bundesliga-Vorstands abzusegnen bzw. Strategien zu erarbeiten – kurz gesagt: es werden Entscheidungen getroffen. Sei es TV-Vertrag, Transparenz, Österreicher-Topf, etc – um nur einige Themen zu nennen. Entscheidungen, die im Kollektiv aller 20 Profivereine beschlossen werden müssen. Manche sogar mit Zweidrittel-Mehrheit.
Die Vereine der tipp3-Bundesliga haben dabei jeweils fünf Stimmen, jene der HfMEL drei. Das ergibt bei 20 Profivereinen insgesamt 80 Stimmen. Die Liga ist stolz darauf, die meisten Entscheidungen in der Vergangenheit einstimmig getroffen zu haben. Dass im Vorfeld jedoch harte Verhandlungen geführt werden ist selbstredend.
Mit dem Aufstieg des FC Liefering und/oder des FC Pasching wird dieses Gefüge ordentlich durcheinandergewürfelt. Die „Red-Bull-Vereine" haben dann zusammen 11 von 80 Stimmen – oder umgerechnet 13,75%.
Auch ein Gutachten des ÖFB, dass der FC Pasching nicht unter direkter Kontrolle von Red Bull Salzburg steht, wird nichts daran ändern, dass man die Hand, die einen füttert, nicht beißt. Soll heißen: Pasching, Liefering und Red Bull Salzburg werden sich nicht gegenseitig Stimmen „wegnehmen".
Liga-Solidarität steht vor der Zerreißprobe
Wie wichtig die Solidarität innerhalb der HfMEL ist, zeigt zum Beispiel das Thema des TV-Vertrags. Der TV-Vertrag muss mit 2/3-Mehrheit beschlossen werden. Alle Vereine der HfMEL haben zusammen 30 von 80 Stimmen und können daher, wenn sie einheitlich auftreten und geschlossen stimmen, ein Veto einlegen.
Da der zweithöchsten Spielklasse seit einigen Jahren jedoch der Ligasponsor fehlt, haben sich die HfMEL-Vereine etwa beim TV-Vertrag vor vier vier Jahren einen Solidaritätsbeitrag aus der tipp3-Bundesliga ausverhandelt. Dies war nur möglich, weil alle HfMEL-Vereine dieser Meinung waren. Wie wichtig für diese Vereine jeder einzelne Cent im jährlichen Budget ist, muss an dieser Stelle nicht mehr betont werden.
Wie unwichtig jedoch für Red Bull dieses Geld ist, zeigen die vergangenen Jahre. Der Teil des TV-Geldes, der durch den Österreicher-Topf ausgezahlt wird, ist Salzburg egal. Sie verzichten einfach darauf. Es ist auch davon auszugehen, dass es für Liefering nicht von esentieller Bedeutung ist, dieses Geld zu bekommen. Und damit wäre auch schon an diesem konkreten Beispiel die Solidarität der HfMEL-Vereine mehr als in Frage gestellt.
Unglaublich schiefe Optik
Und selbst wenn Red Bull nach außen hin alles unternehmen wird, diese Machtposition nicht auszunützen, bleibt die unglaublich schiefe Optik, dass in Österreichs Profiligen künftig nicht jeder Klub gleich viel Wert ist – zumindest was die Stimmrechte in der österreichischen Bundesliga angeht.
Die Liga wäre gut beraten, diese Schieflage rasch zu beheben. Und jetzt schließt sich der Kreis: Beschließen müssen dies die Vereine selbst. Und wenn sich die Liga noch lange Zeit lässt, wird man diese Mehrheit möglicherweise unter den 17 übergebliebenen „Nicht-Red-Bull-Vereinen" suchen müssen ...
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